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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wäre es der Mann, der jetzt die Partei führte, glauben sollte, man könnte Milliarden Rubel aus dem Militärbudget streichen, wäre er vielleicht gezwungen, seine Loyalität gegenüber diesen Männern zu überdenken.
    Je mehr er über die abschließenden Seiten des Berichts nachsann, um so stärker wurde der Gedanke, daß Kaminsky, so intelligent er auch war, eine mögliche fünfte Option übersehen haben könnte. Wenn die Sowjetunion eine überreichlich sprudelnde Rohölquelle unter ihre politische Kontrolle bringen, ein Gebiet, das sich derzeit außerhalb ihrer eigenen Grenzen befand … wenn sie und nur sie allein dieses Rohöl zu einem Preis importieren könnte, den sie sich leisten, das heißt, den sie diktieren konnte … und zwar, ehe ihre eigenen Vorräte zur Neige gingen …
    Er legte den Bericht auf den Konferenztisch und ging durch den Raum zu der Weltkarte, die die Hälfte der Wand, den Fenstern gegenüber, einnahm. Er betrachtete sie angelegentlich, während die Uhr auf die Mittagsstunde zutickte. Immer wieder fiel sein Blick auf ein bestimmtes Gebiet. Schließlich trat er an den Schreibtisch, legte den Hörer wieder auf und rief seinen Adjutanten an.
    »Bitten Sie Generalmajor Semskow, zu mir zu kommen – jetzt gleich«, sagte er.
    Er setzte sich auf den hochlehnigen Stuhl hinter seinem Schreibtisch, nahm die Fernbedienung in die Hand und schaltete den Fernsehapparat links von ihm an. Das Bild von Kanal Eins erschien und wurde klar – die angekündigte Live-Übertragung vom Prominentenflughafen Wnukowo, außerhalb von Moskau.
    United States Air Force One, die Maschine des Präsidenten, stand da, aufgetankt und bereit, zur Startbahn zu rollen. Es war die neue Boeing 747, die in diesem Jahr die alte und ausgediente 707 abgelöst hatte und ohne Zwischenlandung von Moskau zurück nach Washington fliegen konnte, was die alten Boeing 707 nie geschafft hatten. Männer vom 89th Military Airlift Wing, die das Geschwader des Präsidenten auf der Air-Force-Basis Andrews bewachten und warteten, umstanden die Maschine für den Fall, daß ein allzu enthusiastischer Russe nahe genug heranzukommen versuchte, um etwas daran zu befestigen oder einen verstohlenen Blick ins Innere zu werfen. Doch die Russen benahmen sich wie perfekte Gentlemen, was sie schon während der ganzen dreitägigen Visite getan hatten.
    Ein paar Meter vom Ende einer der Tragflächen entfernt befand sich ein Podium mit einem Lesepult in der Mitte. Dahinter stand der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Sergejewitsch Gorbatschow, und brachte gerade seine Abschiedsansprache zu Ende. Neben ihm saß, ohne Hut, das stahlgraue Haar von der bitterkalten Brise zerzaust, sein Gast, John F . Cormack, Präsident der Vereinigten Staaten. Rechts und links wurden die beiden Männer von den zwölf übrigen Mitgliedern des Politbüros flankiert.
    Vor dem Podium hatte eine Ehrengarde der Miliz, der Zivilpolizei aus dem Innenministerium, dem MVD , Aufstellung genommen, dazu eine weitere, vom Grenztruppendirektorat des KGB gestellt. Um dem Ganzen auch etwas Volksnahes zu geben, bildeten zweihundert Ingenieure, Techniker und Angehörige des Flughafenpersonals an der vierten Seite des leeren Platzes eine Zuschauermenge. Am wichtigsten für den Redner waren jedoch die Batterien der Fernsehkameras, die Fotoreporter und die Journalisten zwischen den beiden Ehrengarden. Denn dies war ein bedeutungsschwangeres Ereignis.
    Kurz nach seiner Amtsübernahme im letzten Januar hatte John F . Cormack, Überraschungssieger bei den Wahlen im November, zu verstehen gegeben, daß er den Generalsekretär gerne kennenlernen würde und bereit wäre, nach Moskau zu fliegen. Michail Gorbatschow hatte alsbald sein Einverständnis erklärt und nun, während der vergangenen drei Tage, zu seiner Befriedigung festgestellt, daß dieser hochgewachsene, streng dreinblickende, doch im Grund sehr menschliche ehemalige Professor anscheinend ein Mann war, mit dem er, um Mrs.   Thatcher zu zitieren, »Geschäfte machen« konnte.
    So war Gorbatschow, gegen den Rat seiner Sicherheits- und ideologischen Berater, ein Risiko eingegangen. Er hatte dem persönlichen Wunsch des Präsidenten entsprochen, man möge ihm gestatten, sich live übers Fernsehen an die Bürger der Sowjetunion zu wenden, ohne daß zuvor der Text seiner Rede zur Billigung vorgelegt wurde. In der Sowjetunion gibt es praktisch keine Live-Sendungen; fast alles wird erst redigiert und überprüft, bevor

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