Der Vampirprinz: Royal House of Shadows (German Edition)
Verdammt!
„Jetzt“, hörte er die Königin sagen, und es riss Nicolai zurück in die Gegenwart. Zu Jane und ihrer Verbindung. Irgendwie war genug seiner Magie entkommen, damit er sie jederzeit beobachten konnte, selbst wenn sie voneinander getrennt waren.
Leder zischte durch die Luft. Der erste Schlag traf. Jane kniff die Augen fest zusammen und presste ihre Lippen aufeinander. Sie verzog das Gesicht, aber sie gab keinen Laut von sich.
Sie hatten es getan. Sie hatten sie ausgepeitscht.
Einfach so zerbrach etwas in Nicolai. Nicht der Glaskäfig, sondern etwas viel Gefährlicheres, das in ihm brüllte wie ein wildes Tier, das man bis an seine Grenzen getrieben hatte.
Nicolais Körper hatte vom ersten Augenblick an auf Jane reagiert. Er hatte Lust erfahren, Schuld und Besitzanspruch, in verschiedenen Maßen. Jetzt übernahm der Besitzanspruch sein Handeln.
Mein, dachte er wieder.
Dieses Mal entsprang das Wort tief aus seinem Inneren, so unaufhaltsam wie eine Lawine. Er verstand nicht, warum der Gedanke von so viel Wildheit begleitet war, und er weigerte sich im Augenblick, darüber nachzudenken. Später. Er wollte später darüber nachdenken. Jetzt gerade wusste er nur, mehr als je zuvor, dass sie sein war – seine Retterin, seine Frau –, und nichts sonst war mehr wichtig.
Die Wachen hatten sie angefasst, ihr wehgetan. Dafür mussten sie sterben. Qualvoll. Wenn er mit ihnen fertig war, würden sie ihm wahrscheinlich danken, dass er sie endlich umbrachte.
Er brauchte sich dafür nur zu befreien. Und das würde er. Nichts konnte ihn aufhalten. Jetzt nicht, nicht mehr.
„Bald“ war endlich gekommen.
Ein magischer Vampir zu sein, wie Jane es genannt hatte, war ihm dabei keine Hilfe, musste er jetzt zugeben. Doch seine Entschlusskraft nahm nur noch zu, vermischte sich mit seinem Hass und dem Brennen seines neuen Besitzanspruchs. Er würde Jane durch reine Sturheit erreichen; er würde sie retten. Egal was er dafür tun musste. Sein Blick wanderte zu seinen Handschellen, und er kniff die Augen zusammen. Ohne Daumen würden seine Hände einfach hindurchpassen.
Er musste nicht einmal darüber nachdenken. Macht’s gut, Daumen.
Gegen den Schmerz, von dem er wusste, dass er kommen würde, biss er sich auf die Zunge, dann rammte er seine Hände mit ausgestreckten Daumen gegen das Kopfteil des Bettes. Knirsch. Die Knochen brachen schon mit dem ersten Schlag. Er atmete tief ein, aber wie Jane gab er keinen Laut von sich. Schlag um Schlag um Schlag. Jeder neue Aufprall verursachte mehr Schaden, zerriss Sehnen, zerfetzte Muskeln, zersplitterte Knochen.
Als er fertig war, schwitzte er, er blutete, und seine Hände hingen schlaff herunter. Aber sein Oberkörper war frei. Mit einem Knurren setzte er sich aufrecht hin. Er hörte das Pfeifen von Leder, das durch die Luft peitschte, und einen leisen Atemzug. Noch ein Hieb auf Janes zarte Haut.
Haut, die er liebkosen wollte.
Seine Hände waren zu zertrümmert, um nach dem Schlüssel zu greifen. Tatsächlich warf er das kleine Stück Metall bei seinen Versuchen sogar auf den Boden. Er würde ihn später brauchen, um die Halsfessel zu lösen, dann wollte er ihn mit dem Mund aufheben – nachdem er sich befreit hatte.
Mit zusammengekniffenen Augen spähte er zu seinen Füßen hinab. In einem anderen Winkel würden diese Füße sofort durch die Metallringe gleiten. Und um diesen anderen Winkel zu erreichen, musste er nur jeden Knochen brechen, der von seinem Knöchel zu seinen Zehen führte.
Nicolai fing an, gegen den Boden zu treten.
Jane schloss die Augen, um die Tränen zu verbergen, die sich darin sammelten und drohten, überzulaufen. Es war nicht so, als hätte sie noch nie Schmerzen ertragen. Du liebe Zeit, immerhin hatte sie sich die Wirbelsäule gebrochen, und ihre Beine waren monatelang unbrauchbar gewesen. Und dann die Operationen. Immer wieder war sie operiert worden, um ihre Knochen wieder an den richtigen Platz zu setzen. Und danach natürlich noch Rehabilitation.
Dieses Auspeitschen war also nicht mehr als ein kurzes Aufblitzen auf ihrem Schmerz-Radar. Was sie kaum ertrug, war die Demütigung, über den Tisch gebeugt zu sein, mit aufgerissenem Kleid, ihre Narben offen sichtbar für jeden, der ihr Schaden zufügen wollte, und ihr Körper gefesselt mit Seilen, die sie nicht sehen konnte. Magie? Und wofür? Weil sie nicht mit einer fetten hässlichen Frau hatte sprechen wollen, als diese sie zu sich gerufen hatte?
Arme Odette. War ihr Leben immer so
Weitere Kostenlose Bücher