Der Vampyr
Lager zu bringen, waren klein. Dafür war die Möglichkeit, ihrer Eskorte zu entkommen, nicht einmal so schlecht; auf jeden Fall besser, als das Unmögliche zu versuchen und den Drachen in seinem eigenen Bau zu besiegen. Aber er würde es nicht tun. Er mußte zurück, selbst wenn es seinen sicheren Tod bedeutete. Wenn er es nicht tat und die einzigen Menschen verriet, die ihm noch etwas bedeuteten, dann war er nicht besser als die beiden Vampyre, die er getötet hatte. Sie ritten bis weit in den Nachmittag hinein, ohne mehr als eine einzige, kurze Rast einzulegen, während der sie die Pferde tränkten und sich selbst von den Vorräten stärkten, die Mehmed ihnen mitgegeben hatte. Andrej hatte sich Sorgen gemacht, was geschehen würde, wenn sie auf Soldaten trafen, doch sie blieben unbehelligt.
Tepeschs Heer schien sich ebenso rasch aufgelöst zu haben, wie er es zusammengepresst hatte. Erst, als sie sich Burg Waichs schon fast bis auf Sichtweite genähert hatten, brach Abu Dun das ungute Schweigen, das im Laufe des Nachmittags zwischen ihnen geherrscht hatte. Andrej vermutete, das er seinen Entschluss, ihn zu begleiten, schon längst bereute.
»Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du in die Burg hineingelangen willst?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Andrej. Er hob die Schultern.
»Ich werde mir etwas ausdenken müssen.«
»Ein kluger Plan«, sagte Abu Dun spöttisch.
»Sicherlich wird er Tepesch vollkommen überraschen.«
»Das will ich doch hoffen«, antwortete Andrej.
»Was erwartest du? Ich habe dich nicht aufgefordert, mich zu begleiten.«
»Eigentlich schon«, behauptete Abu Dun.
»Mir ist selten ein solcher Narr wie du untergekommen. Ich möchte zu gerne sehen, wie die Geschichte ausgeht.«
»Das wirst du«, sagte Andrej.
»Aber wenn du Pech hast, von der Höhe einer Zeltstange aus.« Abu Dun zog eine Grimasse.
»Um das zu verhindern, frage ich, was du vorhast«, sagte er.
»Du musst doch einen Plan haben.«
»Nein«, antwortete Andrej - in einem Ton, von dem er hoffte, das er ihm diesmal glaubte.
»Ich muss in die Burg kommen, das ist alles, was ich weiß.«
»Du könntest ans Tor klopfen«, schlug Abu Dun vor. Andrej schenkte ihm einen erzürnten Blick, aber Abu Dun hob rasch die Hand und fuhr fort:
»Das ist vielleicht kein so schlechter Plan. Wir könnten uns für Männer des Fürsten ausgeben und dich als Gefangenen in die Burg zurückbringen.« Andrej dachte einen Moment ernsthaft über diesen Vorschlag nach, schüttelte aber dann den Kopf.
»Das würde nicht funktionieren«, sagte er.
»Du könntest dir Flügel wachsen lassen«, sagte Abu Dun düster,
»und über die Mauer fliegen. Was ist mit dem Geheimgang?«
»Nachdem Tepesch ihn uns selbst gezeigt hat und du ihn mit zwanzig Gefangenen als Fluchtweg benutzt hast?« Andrej schüttelte heftig den Kopf.
»Ich werde über die Idee mit dem Fliegen nachdenken.« Abu Dun schwieg, und auch Andrej zog es vor, das Gespräch nicht fortzusetzen. Mit jeder Idee, die sie erwogen und wieder verwarfen, wurde ihm die Ausweglosigkeit ihrer Situation klarer. Sie ritten weiter, bis sie der Burg sehr nahe waren, dann wurde Andrej langsamer und hielt schließlich an. Die bewaldete Ebene, auf der Waichs lag, schien menschenleer, aber zwischen den Bäumen konnte sich eine ganze Armee verbergen. Und selbst wenn dem nicht so war, würden die Wachen auf den Burgmauern sie sehen, sobald sie auch nur einen Fuß über die letzte Hügelkette gesetzt hatten.
»Wir rasten hier«, bestimmte Andrej, »und warten.« Abu Dun hatte Mühe, sein Pferd ruhig zu halten. Das Tier tänzelte vor Erschöpfung. Flockiger weißer Schaum troff von seinen Nüstern.
»Warten? Worauf?«
»Das es dunkel wird«, antwortete Andrej.
»Wusstest du nicht, das wir uns nur bei Dunkelheit in Fledermäuse verwandeln können?« Abu Duns Pferd tänzelte unruhiger. Er hatte große Mühe, es auf der Stelle zu halten, machte aber trotzdem keine Anstalten abzusteigen.
»Ihr bleibt hier«, bestimmte Andrej.
»Ihr? Und du?«
»Ich warte, bis die Dämmerung hereinbricht«, antwortete Andrej.
»Sobald es dunkel ist, steige ich über die Mauer und versuche, Frederic und Maria zu finden. Ihr wartet auf mich.«.
»Das werden unsere Freunde nicht gerne hören.« Abu Dun deutete auf die türkischen Krieger. Auch sie hatten angehalten, hielten aber noch immer einen gewissen Abstand ein.
»Und ich auch nicht. In der Burg sind zu viele Soldaten.«
»Ich habe nicht vor, mein
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