Der Venuspakt
und fluchte: «Was für ein scheuß-
licher Zauber! Empfängt man so seine Gäste?» Doch dann betrachtete er ver-
blüfft den leblos daliegenden Vampir. «Was ist denn mit dem passiert?»
«Er ist vergiftet worden. Doch wir kennen dieses Gift nicht und werden
deshalb gemeinsam versuchen, ihn zu heilen. Und Nicholas, ... niemand darf
davon erfahren!»
Nik hob abwehrend die Hände, während er einen Schritt zurücktrat. «Was
glaubst du? Dass ich lebensmüde bin? Meine Lippen sind versiegelt!»
Er hatte vor wenigen Dingen Respekt. Die royalistische Struktur, die die ver-
borgene Gesellschaft der Vampire prägte, war ihm, der in einer Demokratie
des 20. Jahrhunderts aufgewachsen war, zuwider. Doch er erkannte Macht,
wenn er ihr begegnete, und Kieran war einer der furchterregendsten Vampire,
die er jemals getroffen hatte. Insgeheim fragte er sich, warum der sorglose und
lebenslustige Donates ausgerechnet mit diesem finsteren Typen, der zum La-
chen vermutlich in seine Gruft ging, eine Freundschaft pflegte.
Donates nickte zufrieden und stimmte in den uralten rituellen Gesang
Angelinas ein, bis die beiden vampirischen Heilkundigen vor Niks Augen zu
einem einzigen Wesen aus purer Energie verschmolzen. Sichtbare Magie um-
hüllte den leblosen Körper Kierans und floss dann sanft in ihn hinein, bis er
von innen heraus in einem warmen Licht zu strahlen schien.
Sofort entdeckten sie die winzigen, virenähnlichen Mikroorganismen. Die
grün glitzernden Angreifer waren nicht zu übersehen und vermehrten sich
rasend schnell. Angelina studierte ihre Struktur gewissenhaft. Nachdem sie
diese entschlüsselt hatte, begann sie, vereint mit Donates, behutsam das töd-
liche Gift mit einem magischen Netz zu fangen und schließlich zu neutrali-
sieren.
Nik bewunderte die Arbeit seiner Freunde. Er hatte selbst auch ein beacht-
liches Talent in der Behandlung von Verletzungen, wie es typisch für seine
Familie war, die etwas Besonderes unter den Vampiren darstellte. Aber Angel,
Angelina, trug ihren Kosenamen zu Recht, denn sie war trotz ihres verhältnis-
mäßig kurzen Daseins als Vampir bereits sehr erfolgreich als magische Heil-
kundige. Ihr konnte er nicht annähernd das Wasser reichen.
Donates hatte sie anfangs häufig liebevoll als seine ›Hexe‹ bezeichnet, nicht
ahnend, dass er damit gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Bald
nach ihrer Transformation erschien eine Fee und erklärte, Angelina wäre ihre
Nichte und hätte die magische Talente ihrer Verwandten geerbt.
Als Nik davon erfahren hatte, war er anfangs skeptisch gewesen. Aber wenn
es Vampire gab und er selbst zu einem geworden war, warum sollten dann
nicht auch Feen existieren? Inzwischen wusste er, dass die magische Welt
noch ganz andere Kreaturen beherbergte. Es hatte sich herausgestellt, dass
auch Angelinas Seelengefährte Donates mit heilenden Kräften ausgestattet
war, und insgeheim vermutete Nik, dass es unter dessen französischen Vor-
fahren ebenfalls die eine oder andere Fee gegeben haben könnte.
Nik, eigentlich Nicholas von Winterfeld, hatte den beiden viel zu verdan-
ken. Unmittelbar nach seiner Transformation – vor gut zwanzig Jahren durch
einen Unfall verursacht – war er in einen gefährlichen Kampf um die Freiheit
der Kinder der Dunkelheit verwickelt worden. Fast hätte Nik damals nicht
überlebt und auch Sylvain, Familienoberhaupt des Winterfeld-Clans, ver-
dankte seinen beiden vampirischen Kindern Angel und Donates die rasche
Genesung.
Nur allmählich begann Nik zu begreifen, wie außergewöhnlich seine Stel-
lung und die seiner Blutsgeschwister in der Welt der Vampire war. Zur Familie
der Winterfelds zu gehören, garantierte nicht nur hohes Ansehen, sondern
verlieh auch außergewöhnliche Kräfte.
Dazu gehörte das Reisen durch die Zwischenwelt. Ganz genau, gestand sich
Nik ein, hatte er das Konzept dieser eigenartigen Dimension immer noch
nicht erfasst. Donates hatte ihm die Zwischenwelt folgendermaßen beschrie-
ben: «Stell dir eine Kombination aus Nirwana, Paradies und Walhalla mit ein-
geschränkter Rückfahrkarte und kostspieligem Transit-Ticket vor.»
Tatsächlich nutzten die meisten magischen Wesen die Zwischenwelt in ers-
ter Linie als Möglichkeit, rasche Ortswechsel vorzunehmen. Besonders Kraft
raubend war es, Gegenstände oder gar andere Personen durch die Zwischen-
welt zu transportieren. Derartige Reisen waren ausnahmslos den mächtigeren
Geschöpfen vorbehalten.
Weil es
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