Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verborgene Stern

Der verborgene Stern

Titel: Der verborgene Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
sich hin und her, während sie den geöffneten Mund auf ihre Knie presste und darauf wartete, dass das Zittern nachließ.
    Es war totenstill im Zimmer. Hier gab es keinen Donner, keine Blitze. Niemanden, der sie jagte. Und sie war nicht allein! In einer Ecke des Zimmers, unter dem schwachen Schein der Stehlampe, war Cade in seinem Sessel eingeschlafen. Ein offenes Buch lag auf seinem Schoß.
    Es beruhigte sie so ungemein, ihn zu sehen. Papiere lagen zu seinen Füßen verstreut, eine Tasse stand auf dem kleinen Tisch neben ihm. Er hatte die Beine ausgestreckt und übereinandergeschlagen.
    Selbst schlafend wirkte er stark und verlässlich. Er hatte sie nicht allein gelassen. Sie musste den Wunsch unterdrücken, zu ihm zu laufen, sich in seine Arme zu schmiegen und dort, ganz eng an seinem pochenden Herzschlag, wieder einzuschlafen. Es spielte keine Rolle, dass sie ihn noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden kannte. Zumal sie sich selbst kaum länger kannte.
    Sie schob sich das Haar zurück und sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei Uhr morgens. Leise gähnend streckte sie sich wieder aus, stützte den Kopf auf und betrachtete ihn. Die Erinnerung an den Abend war glasklar. Keine Aussetzer, keine Sprünge. Sie wusste, dass sie sich ihm an den Hals geworfen hatte, und das machte sie ebenso verlegen, wie es sie erstaunte.
    Es war richtig von ihm gewesen, sie aufzuhalten, bevor die Sache aus dem Ruder lief. Und doch wünschte sie, er hätte einfach mit ihr geschlafen. Mit ihr geschlafen, bevor sie Zeit hatte, über Richtig und Falsch und über die Konsequenzen nachzudenken. Ein Teil der Leere in ihr wäre ausgefüllt worden.
    Seufzend drehte sie sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Aber es war richtig gewesen aufzuhören. Sie musste in Ruhe nachdenken.
    Sie schloss die Augen – nicht, um zu schlafen, sondern um die Erinnerung willkommen zu heißen. Wer waren die Frauen gewesen, von denen sie geträumt hatte? Und wo waren sie jetzt?
    Doch obwohl sie versuchte, dagegen anzukämpfen, schlief sie wieder ein.
    Cade erwachte am nächsten Morgen steif wie ein Brett. Seine Knochen gaben ein knackendes Geräusch von sich, als er sich streckte. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht, und als sein Blick klarer wurde, sah er hinüber zur Couch.
    Sie war leer.
    Ohne die auf dem Boden verstreuten Bücher und Papiere hätte er wahrscheinlich geglaubt, das alles nur geträumt zu haben. Zumindest kam es ihm wie ein Traum vor: die wunderschöne verzweifelte Frau ohne Vergangenheit, die einfach so in sein Leben gestolpert war und ihn in jeder Hinsicht umgehauen hatte. Bei Tageslicht fragte er sich nun, ob er sich dieses Gefühl vielleicht nur eingebildet hatte. Liebe auf den ersten Blick war schließlich im besten Fall nichts als eine romantische Idee.
    Und hier handelte es sich wohl kaum um den besten Fall.
    Außerdem würde es ihr nicht helfen, wenn er sich irgendwelchen absurden Träumereien hingab. Er brauchte einen klaren Verstand, und daran zu denken, wie sie die Beine um ihn geschlungen und ihn gebeten hatte, mit ihr zu schlafen, war in dieser Hinsicht nicht gerade förderlich.
    Ein Kaffee würde helfen.
    Er stand auf, massierte sich den steifen Nacken und ging in die Küche.
    Und hier war sie: schön wie ein Bild und frisch und rein wie der junge Morgen. Das goldene Haar hatte sie zurückgekämmt und mit einem einfachen Gummiband zusammengefasst. Sie trug die blau-weiß gestreifte Hose, die er ihr gekauft hatte, und ein weißes Poloshirt. Mit einem dampfenden Kaffeebecher in der Hand starrte sie aus dem Fenster in seinen Garten hinaus, wo eine Hängematte zwischen zwei Ahornbäumen hing und die Rosen blühten.
    „Guten Morgen, Frühaufsteherin.“
    Beim Klang seiner Stimme zuckte sie zusammen, brachte aber ein zaghaftes Lächeln zustande, als sie sich zu ihm umdrehte. „Ich habe Kaffee gekocht. Hoffentlich macht dir das nichts aus.“
    „Süße, damit rettest du mir das Leben.“ Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie ihm einschenkte und ihm den Becher entgegenstreckte.
    „Offenbar weiß ich, wie man Kaffee kocht. Manche Dinge gehen einfach ganz von selbst. Es ist ganz erstaunlich. Ich musste nicht einmal darüber nachdenken. Er ist nur ein bisschen stark geworden. Anscheinend trinke ich meinen Kaffee gerne stark.“
    Er hatte die erste Tasse bereits hinuntergestürzt. „Perfekt.“
    „Gut. Ich wusste nicht, ob ich dich wecken soll. Ich hab ja keine Ahnung, um wie viel Uhr du ins Büro musst oder wie

Weitere Kostenlose Bücher