Der verborgene Stern
Richtung.
„Ja, gerne.“
„Mit oder ohne Koffein?“, erkundigte sich der Kellner.
„Zweimal mit.“ Cade beugte sich zu Bailey vor. „So langsam kommt wieder etwas Farbe in dein Gesicht.“
„Ich fühle mich schon viel besser. Da kam so eine Frau in die Damentoilette …“
„Hat sie dir Ärger gemacht?“
„Nein!“ Gerührt von seinem offensichtlichen Bedürfnis, sie zu beschützen, legte sie ihre Hand auf seine. „Mir war nicht so gut, und in diesem Moment kam sie herein. Oder besser gesagt: Sie marschierte herein.“ Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln. „Eine Sekunde lang dachte ich, ich würde sie kennen.“
„Du hast sie wiedererkannt?“
„Nein, nicht direkt, obwohl ich dachte … nein, es geht wohl eher um ihren Typ. Groß, arrogant, auffallend. Eine große Rothaarige in knallengen Jeans.“ Sie schloss kurz die Augen, atmete tief ein und öffnete sie wieder. „M.J.“
„Das war die Abkürzung auf dem Zettel in deiner Tasche, erinnerst du dich?“
„Es ist irgendwo da drinnen.“ Bailey massierte sich die Schläfen. „Hier in meinem Kopf. Es ist wichtig, aber ich kann mich einfach nicht darauf konzentrieren. Da gibt es diese Frau, und sie ist ein Teil meines Lebens. Und, Cade, irgendwas stimmt nicht mit ihr.“
„Du meinst, sie steckt in Schwierigkeiten?“
„Ich weiß es nicht. Wenn ich an sie denke, wird mir ganz warm ums Herz. Vollkommenes Vertrauen. Und trotzdem spüre ich, dass etwas nicht stimmt. Und dass es meine Schuld ist. Es muss meine Schuld sein.“
Er schüttelte den Kopf. „Sag mir, was du siehst, wenn du an sie denkst. Versuch dich zu entspannen und sag es mir.“
„Kurzes dunkelrotes Haar, scharfe Gesichtszüge. Grüne Augen. Oder vielleicht verwechsle ich das jetzt mit dir? Nein, ich denke, sie hat grüne Augen, dunkler als deine. Ich könnte ihr Gesicht fast malen. Wenn ich malen könnte.“
„Vielleicht kannst du das.“ Er zog Block und Stift aus seiner Tasche. „Versuch’s mal.“
Sie biss sich auf die Lippen und versuchte, dieses dreieckige, scharfe Gesicht zu zeichnen. Als der Kaffee kam, legte sie den Stift beiseite und seufzte. „Wir können wohl feststellen, dass ich keine Künstlerin bin.“
„Dann suchen wir uns eine.“ Schmunzelnd betrachtete er das armselige kleine Kunstwerk. „Das hätte selbst ich noch besser hinbekommen. Denkst du, du könntest ihr Gesicht beschreiben?“
„Vielleicht. Ich sehe ihr Bild allerdings nicht ganz klar. Es ist, als ob man versucht, das Objektiv einer Kamera scharf zu stellen, aber es funktioniert nicht.“
„Phantombildzeichner bei der Polizei können die Einzelheiten ziemlich gut zusammensetzen.“
Kaffee schwappte über den Rand ihrer Tasse. „Polizei? Müssen wir zur Polizei gehen?“
„Nicht offiziell, keine Sorge. Vertrau mir.“
„Das tue ich.“ Das Wort Polizei schrillte noch immer alarmierend in ihren Ohren. „Das werde ich.“
„Wir haben etwas, womit wir arbeiten können. Wir wissen, dass M.J. eine Frau ist, eine große Rothaarige. Mary Jane, Martha June, Melissa Jo. Mit ihr warst du in der Wüste.“
„Sie war in meinem Traum.“ Sonne und Himmel und Steine. Zufriedenheit. Angst. „Wir waren zu dritt in dem Traum, aber das Bild wird einfach nicht klar.“
„Nun, mal sehen, ob wir eine Zeichnung zustande bringen. Damit könnten wir was anfangen.“
Sie starrte in ihren Kaffee. „Bei dir klingt das alles so einfach.“
„Es sind nur einzelne Schritte, Bailey. Wir nehmen einen nach dem anderen und sehen, wohin der Weg uns führt.“
Sie nickte, ohne aufzusehen. „Warum hast du eine Frau geheiratet, die du nicht liebst?“
Er zuckte leicht zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und stieß den Atem aus. „Nun, das nenne ich mal einen Themenwechsel.“
„Entschuldige. Ich weiß nicht, warum ich gefragt habe. Es geht mich nichts an.“
„Ich weiß nicht. Unter den gegebenen Umständen scheint mir die Frage berechtigt.“ Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. „Ich könnte behaupten, dass ich einfach keine Lust mehr hatte, mich dem Druck meiner Familie auszusetzen. Aber das wäre gelogen. Niemand hat mir die Pistole auf die Brust gesetzt, und ich war alt genug.“
Dieses Geständnis war ihm unangenehm. Aber um Bailey gegenüber ehrlich zu sein, musste er der Wahrheit ins Gesicht blicken. „Wir haben uns hinreichend gemocht.“
„Tut mir leid, Cade.“ Sie spürte, wie unbehaglich ihm zumute war. „Du musst nicht darüber reden.“
„Im
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