Der verbotene Kuss (German Edition)
auf ihre Meinung und ihre Arbeit zu legen. Er beschnitt ihre neuen Aufgaben nicht. Im Gegenteil.
Momentan hielt er sich gerade für zwei Tage in Paris bei einer Konferenz mit einem Kunden auf und hatte ihr für diese Zeit die Aufsicht über das Unternehmen erteilt. Sie durfte natürlich keine wichtigen Entscheidungen treffen, aber immerhin – eine große Verantwortung lag für zwei Tage in ihrer Hand.
Er war relativ kühl gewesen, als er sie in sein Büro gebeten hatte, um ihr seine Reisepläne mitzuteilen. Und Lara war sich erst gar nicht sicher, ob er seine Bitte tatsächlich ernst meinte, aber da zur Zeit in ihrer Beziehung absolut kein Raum für irgendwelche Scherze war, hatte sie auf seine Frage, ob sie ihn vertreten wolle, einfach nur sprachlos genickt. Also klärte sie nun sämtliche organisatorischen Fragen, informierte Kunden über den Fortschritt ihrer Projekte und beriet sogar die Designer bei auftretenden Unklarheiten. Manchmal hatte sie so viel Stress, dass sie nicht einmal zum Mittagessen kam.
Das wiederum betrübte Sebastian sehr. Der war in letzter Zeit sowieso verändert, wie Lara fand. Es schien, als hätte er sich von ihr abgewendet und fand auch bei seiner Arbeit nicht mehr so viel Freude. Wenn sie sich trafen, war er längst nicht mehr so gesprächig und lustig aufgelegt wie früher, und er führte heimliche Telefonate, über deren Inhalt er Lara nichts erzählte. Als sie ihn danach fragte, winkte er nur ab und vertröstete sie damit, dass sie es schon noch erfahren werde. Aber Lara hatte viel zu wenig Zeit, um auf seine Andeutungen näher einzugehen und ließ ihn in Ruhe.
***
Die Rollbahn zog sich wie eine schnurgerade Schneise durch die Stadt und schien immer breiter zu werden, je tiefer das Flugzeug sank. Marc sah zum Fenster hinaus und beobachtete, wie die Häuser und Autos immer größer wurden. Bald waren die Menschen keine Punkte mehr, sondern kleine Spielzeugfiguren, bis sie zu ihrer wirklichen Größe wuchsen.
Sanft setzte das Flugzeug auf dem Boden auf. Die Stimme im Lautsprecher wies die Fahrgäste in mehreren Sprachen an, sitzen zu bleiben, bis die Maschine vollständig zum Stillstand gekommen sei. Marc wartete geduldig, er hatte keine Eile.
Momentan war er viel zu müde und erschöpft, um die Energie aufzubringen, als erster durch die Tür und in das Terminal zu gehen. Der Job als Geschäftsführer der Marketingagentur forderte alles von ihm. Tagsüber arbeitete er so viel, so dass er kaum zum Luftholen kam, und nachts lag er wach im Bett und überlegte, wie er die Zukunft der Firma gestalten konnte. Zum Glück fand er dadurch wenigstens nicht die Muße, über die beiden Frauen nachzudenken, die so plötzlich in seinem Leben aufgetaucht waren. Lara und Marlene. Wann immer ein Gedanke an sie in seinem Kopf auftauchte, verdrängte er ihn sofort und widmete sich wieder der Arbeit. Und von der gab es mehr als genug. Der Kunde in Paris hatte sich als äußerst schwierig erwiesen und forderte von ihm vollen Einsatz, sonst wäre die Agentur den Auftrag los.
Doch jetzt, nach der Landung, würde sich Marc wieder der Realität stellen müssen, denn im Büro erwartete ihn Lara mit dem Bericht über die vergangenen Tage.
Als er an Lara dachte, seufzte Marc leise, damit ihn der Nachbar nicht hören konnte, der jedoch sowieso nicht darauf geachtet hätte, weil er mit seinem Handgepäck beschäftigt war.
Lara verachtete ihn, dessen war sich Marc jetzt sicher.
Sie traute ihm Betrug und Hinterlist zu, als wäre er ein gemeiner Verbrecher. Als würde er sie hintergehen können und sie und ihre behinderte Mutter belügen und betrügen.
Noch einmal seufzte er. Dieses Mal etwas lauter, doch wieder hörte es glücklicherweise niemand, denn das Flugzeug hielt gerade am Flugsteig und die Türen öffneten sich. ›Der Soziopath ist wieder da‹, dachte er zynisch. ›Nehmt eure Frauen und behinderten Mütter rein.‹ Er holte seine Tasche aus dem Gepäckfach und mischte sich unter die Fahrgäste, um in das Flughafengebäude zu gehen und danach in die Firma zu fahren.
Doch erst einmal kam Marc nur bis zur Empfangshalle des Flughafens, denn dort wartete sein Vater ungeduldig auf ihn.
»Was machst du denn hier?« Marc konnte sein Erstaunen nicht verbergen.
»Ich wollte nur wissen, wie es gelaufen ist«, antwortete der alte Meyerhoff. Er sah seinem Sohn fest in die Augen und ließ ihn nicht an sich vorbei.
»Gut«, erwiderte Marc mit einer müden Handbewegung. Doch dann riss er sich zusammen, um dem alten
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