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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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es bis dahin nicht mehr schaffen. Die Liburne wird uns in Kürze eingeholt haben. Und bei der Geschwindigkeit, die sie vorlegt, bedeutet das nichts Gutes. Falls Ihr es nicht wisst: Dieses Schiff besitzt unter der Wasserlinie einen Rammsporn. Wenn sie damit ein Loch in den Bauch meiner Calliope bohren, wird die untergehen wie eine bleierne Ente.«
    »Dann solltet Ihr Euch sputen.«
    Der Kapitän warf die Arme in die Luft und fluchte. Wütend stampfte er zum Vordeck hinüber, um neue Befehle zu brüllen.
    Poseidonios winkte mich zu sich. Gestützt auf meine Schulter, gesellten wir uns zu Hyrkan und spähten gemeinsam über die Achterreling zu dem Kriegsschiff hinüber.
    »Was hältst du davon, Hyrkan?«, sagte der Philosoph nach kurzem Schweigen. Aller Gleichmut war aus seinem Gesicht verschwunden.
    Der Gefragte legte den Kopf schräg und hob den Zeigefinger. »Hört Ihr das?«
    »Meine Ohren sind in letzter Zeit nicht mehr …«
    »Da pfeift jemand«, murmelte ich.
    »Das ist Hades, der uns in sein Totenreich ruft«, grummelte Agamemnon mit düsterer Miene.
    Niemand beachtete ihn.
    »Ich würde eher sagen, es ist das Kommando, die Schlagzahl zu erhöhen«, erklärte Hyrkan. »Sollte mich nicht wundern, wenn dieser Zenturio dort am Bug Obal ist.«
    »Dann müsste er im Hafen einen Spion gehabt haben.«
    Der Seemann nickte. »Wisst Ihr noch, was ich Euch geraten habe? Es reicht nicht aus, sich nur im Dunkeln aus Rhodos davonzustehlen, sagte ich. Einsame Buchten eignen sich am besten, um unauffällig zu verschwinden. Aber Ihr wolltet ja nicht auf mich hören.«
    Poseidonios lächelte säuerlich. »Mein Fehler. Du bist der Pirat und ich der Philosoph. Ich hätte deinem Urteil vertrauen sollen.« Er deutete vage zu dem Schiff im Kielwasser der Calliope . »Gibt es irgendeine Möglichkeit, der Galeere zu entkommen?«
    »Nicht bei dem derzeitigen Wind, Herr.«
    Poseidonios beschirmte seine Augen mit der Hand und blickte nach oben. »Nur Sonne und blauer Himmel. Ich glaube nicht, dass Aiolos sich unser erbarmen wird.«
    »Was wir brauchen, Herr, ist nicht die Gnade der Windgötter, sondern ein Wunder. Andernfalls werden die Römer uns entern. Ihr solltet schon einmal darüber nachdenken, mit welcher Geschichte Ihr diesmal unseren Hals rettet.«
    »Ein Wunder …?«, murmelte ich.
    »Calliope!«, hallte plötzlich eine dröhnende Stimme übers Wasser. Sie wurde von einem Ruftrichter gebündelt. »Ihr habt einen Verräter an Bord. Dreht sofort bei, damit wir ihn festnehmen können. Andernfalls werden wir Euch entern.«
    »Und dann werfen sie uns in der Arena den Löwen vor«, jammerte Agamemnon.
    Hyrkan hieb mit der Faust auf die Reling. »Der Kerl ist wie ein Krebs – wen er einmal in der Zange hat, den lässt er nicht mehr los.«
    Inzwischen hatte die Galeere nahe genug zur Calliope aufgeschlossen, um die Identität des Rufers zweifelsfrei zu klären. Es war wie befürchtet der kilikische Zenturio Obal.
    »Gib Zeichen, dass wir die Segel streichen«, rief der Kapitän einem seiner Männer zu. Er war gerade um die Deckhütte herumgekommen.
    Poseidonios drehte sich zu ihm um. »Das dürft Ihr nicht tun, Leosthenes.«
    »Dieses Schiff gehört immer noch mir, und ich entscheide, wen ich darauf empfangen will und wen nicht.«
    »Das sagt mein Herr auch andauernd«, zeterte Agamemnon.
    Der Kapitän ließ das Großsegel etwas fieren und das Ruder nach Luv setzen, um die Calliope mit dem Bug zu den Wellen auszurichten. Dabei verlor sie zunehmend an Fahrt und die Galeere rauschte mit gleichmäßigen Ruderschlägen umso schneller heran.
    »Ein Wunder …«, murmelte ich erneut. Mir wollten Hyrkans Worte nicht aus dem Sinn gehen. Poseidonios sah mich fragend an.
    »Was hast du gesagt, kleine Ameise?«
    »Wäre nur Eure Weltenmaschine schon fertig! Damit könnten wir ihnen sicher entwischen.«
    Die knöcherne Hand des Philosophen verkrallte sich in meiner Schulter, während er mich entgeistert anstarrte.
    »Was ist, Meister?«, fragte ich erschrocken.
    »Du hast recht.«
    »Womit?«
    »Wenn mir die Zeit gehorchen würde oder ich nur die Kräfte der Natur in Wallung bringen könnte, so wie neulich, als ich in Gedanken den kosmischen Mechanismus …«
    Ein Donnergrollen brachte Poseidonios zum Schweigen.
    Unvermittelt wechselte der Wind die Richtung. Er traf unser Schiff direkt von vorn und die Segel knallten wie Peitschen.
    »Was, bei Neptuns Rössern, ist da los?«, fluchte Leosthenes. Hektisch brüllte er neue Befehle. Am Himmel

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