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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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informierte ich Polizei und Wasserwacht.« Er starrte an Leona vorbei. »Sie haben sie erst am nächsten Tag gefunden. Ihr Boot war gekentert. Sie war ertrunken.«
    »Robert, das ist schrecklich. Es tut mir sehr leid, daß das passiert ist«, sagte Leona. »Solche Dinge … man wird sie nie ganz los, glaube ich.«
    Sie waren schweigend weitergegangen, jeder in eigene Gedanken versunken, und dann waren sie vor Leonas Haus angekommen. Kein Lichtschein hinter einem der Fenster. Kein Auto. Sie spürte einen leisen, krampfartigen Schmerz im Magen. Allein und verlassen. Das Wort »verlassen« fuhr wie ein kaltes Messer durch sie hindurch.
    »Ich wohne hier«, sagte sie, und ratlos fügte sie hinzu: »Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen soll. Es ist furchtbar, was Sie mir erzählt haben.«
    Er nahm ihre Hand, hielt sie einen Moment lang fest.
»Entschuldigen Sie. Ich wollte Sie nicht in solche Bestürzung versetzen. Ich wollte nur …« Er ließ ihre Hand los. »Ich weiß gar nicht, was ich wollte. Es war wirklich der Blick in Ihren Augen. Er erinnerte mich an mich selbst in jener Zeit … ach, vergessen Sie das alles. Es hat nichts mit Ihnen zu tun.«
    Er hatte gewartet, bis sie ihren Schlüssel nach langem Suchen in der Tasche gefunden hatte, bis sie ins Haus getreten war. Er hob noch kurz die Hand zum Gruß, als sie die Tür wieder schloß. Als sie kurz darauf noch einmal aus dem Wohnzimmerfenster sah, war er verschwunden.
    Die Milch kochte über, das zischende Geräusch auf der Herdplatte riß sie aus ihren Gedanken. Der Geruch von Angebranntem erfüllte die Küche. Leise fluchend zog Leona den Topf vom Herd, kippte den Inhalt ins Spülbecken. Es würde nichts werden mit ihrer Honigmilch. Sie mußte sich doch wieder an den Whisky halten. Vielleicht würde sich der in ihrer augenblicklichen Situation sowieso als hilfreicher erweisen.
    5
    Es gelang Lisa nicht, ihre Gedanken von der toten Schwester zu lösen, auch dreieinhalb Monate nach der Beerdigung nicht. Sie wunderte sich darüber, denn Annas Tod hatte nichts an ihrem Leben verändert, hatte keine Lücke hinterlassen. Eine verschollene Schwester oder eine tote Schwester – wo war da der Unterschied?
    Während der vergangenen sechs Jahre, die dahingegangen waren ohne ein Lebenszeichen von Anna, hatte Lisa ohnehin oft gedacht, die Schwester sei vermutlich längst gestorben, irgendwo auf dem südamerikanischen Kontinent.
Sie hatte kaum noch damit gerechnet, sie jemals wiederzusehen. Insofern war es nicht anders gekommen, als sie vermutet hatte. Und doch …
    Anna war nicht irgendwo jenseits des Ozeans verscharrt worden. Lisa hatte ihre Leiche identifizieren müssen. Sie war mit den zwei Polizeibeamten nach Augsburg gefahren. Im Keller des Polizeipräsidiums hatte man ihr Anna präsentiert. Durch ihr starres Gesicht war ein häßlicher Schnitt verlaufen, später, bei der Beerdigung, hatte man den kaum noch gesehen. Ein Tuch bedeckte ihren Körper bis zum Hals, und als Lisa eine Handbewegung machte, von der der Gerichtsmediziner offenbar annahm, sie habe damit das Tuch zurückschlagen wollen, hielt er sie am Arm fest.
    »Nicht! Sie ist ziemlich schlimm zugerichtet. Sie sollten sich den Anblick ersparen.«
    Der ermittelnde Beamte, dem sie später gegenübersaß, Kommissar Hülsch, hatte ihr mitgeteilt, Anna habe keinerlei Papiere bei sich gehabt, nichts, was über ihre Identität hätte Auskunft geben können.
    Er hatte schwach gelächelt, als er sagte: »Ein Vorteil, wenn man auf dem Land lebt. Hier kennt jeder jeden. Das Paar, das Ihre Schwester gefunden hat, wußte sofort, um wen es sich handelte. Das heißt, er wußte es. Sie war nicht vernehmungsfähig. Sie hätte ihren eigenen Namen nicht mehr gewußt.«
    Er war überrascht gewesen zu hören, daß die Familie – der klägliche Rest der Familie – seit sechs Jahren keinen Kontakt zu Anna gehabt hatte, völlig im unklaren über ihren Aufenthaltsort gewesen war.
    »Seit sechs Jahren! Haben Sie keinerlei Nachforschungen angestellt? Sich keine Sorgen gemacht?«
    Lisa seufzte. Ihm die spezielle Familiensituation Heldauer
zu erklären würde schwierig sein. Auf seinem Schreibtisch hatte sie ein gerahmtes Foto entdeckt, das eine junge, recht hübsche Frau und drei kleine Kinder zeigte. Der Kommissar hatte eine intakte Familie und hing vermutlich an ihr. Er hätte wahrscheinlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, wenn eines seiner Kinder plötzlich über Jahre verschollen gewesen wäre.
    »Meine Mutter lebt nicht

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