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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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durch Kaiser Manuel Ansprüche auf den türkischen Thron erhoben hatte.
    Ich sah ihm in die Augen und nickte langsam. Er wirkte erleichtert und zwang sich zu einem Lächeln. »Allah halte schützend Seine Hand über dich, Niketas!«
    »Und über dich, Selim!«
    Ich blickte ihm nach, als er zu seinem Pferd hinüberging. Demetrios, der unser Getuschel argwöhnisch beobachtet hatte, wandte sich brüsk ab, als sein Freund sich näherte.
    Was war geschehen? Hatten Demetrios und Selim sich zerstritten?
    Ich stieg auf und lenkte mein Pferd neben den Hengst des Kaisers.
    Die Luft war erfüllt vom Weihrauchduft aus den goldenen Räuchergefäßen der Priester, die mit einem rubingeschmückten Kreuz dem Basileus voranschritten. Vor uns formierten sich die mit Lanze und Schwert bewaffneten Gardisten mit ihren vergoldeten Helmen und Schuppenpanzern sowie Herolde mit Trompeten, die wegen des aufziehenden Sturms kaum zu hören waren. Florentinische Kinder liefen voran. Sie sollten den Weg des Kaisers bis zum Domplatz, wo ihn Cosimo erwartete, mit Lorbeerzweigen schmücken.
    Ioannis lächelte versonnen, als er die fröhlich hopsenden Kinder beobachtete. Dann wandte er sich um und warf Sophia, die weit hinter ihm in seinem Gefolge ritt, einen sehnsüchtigen Blick zu. Nach dem erbitterten Streit mit Demetrios in Ferrara hatte Ioannis schweren Herzens seine Geliebte verstoßen.
    Seine Miene verfinsterte sich, als er Demetrios' Blick begegnete. Ich legte ihm besänftigend die Hand auf den Arm. Er zwang sich zu einem Lächeln.
    Ein Donnergrollen erschütterte den Himmel.
    Der Zeremonienmeister gab das Zeichen zum Aufbruch. Der Tross bewegte sich die Via Larga hinab, die sorgfältig gefegt und mit Lorbeer- und Myrtenzweigen bestreut worden war. Die Fenster der Palazzi zu beiden Seiten der Straße waren mit kostbaren Teppichen geschmückt, über die sich die Schaulustigen lehnten und fröhlich winkten. Tausende Lichter brannten und verliehen dem Triumphzug des Basileus einen geheimnisvollen Glanz.
    Trotz des aufziehenden Unwetters drängte sich auf dem langen Weg zum Domplatz eine johlende, ausgelassen winkende Menge, die den Basileus aus dem fernen Byzanz bewundern wollte.
    Ein greller Blitz, ein dröhnender Donner - die ersten Tropfen fielen. Dann prasselte ein schwerer Gewitterregen auf uns nieder. Kniehoch spritzte das Wasser von den Pflastersteinen. Schreiend flüchteten sich die Florentiner unter die Dächer der Palazzi und drängten sich kichernd in Torbögen und überdachten Mauernischen. Der Regen rann mir über das Gesicht in die Augen, sodass ich nur blinzelnd erkennen konnte, wie die Kinder mit den Körben voller Lorbeerzweige kreischend davonstoben. Ioannis verzog keine Miene, obwohl ihm der feine Goldstaub, mit dem er geschminkt worden war, über das Gesicht lief. Er sah aus wie eine Ikone, deren Goldfarbe abblätterte.
    Als wir endlich den Domplatz erreichten, waren wir bis auf die Haut durchnässt und froren erbärmlich in unseren schweren, steifen Brokatgewändern.
    An den Stufen der Kathedrale erwartete der Patriarch den Basileus mit dem Heiligen Kreuz und begrüßte ihn mit so leiser Stimme, dass im niederprasselnden Regen vermutlich niemand auf der Piazza seine Worte verstehen konnte: »Lang lebe der erhabene Basileus! Gott schütze den Kaiser und bewahre sein christliches Reich!«
    Geleitet vom Patriarchen, der sich vor Kälte zitternd auf meinen Arm stützte, begab sich Ioannis nun zu Cosimo, der das Knie beugte, um Seine Majestät mit einer kurzen Ansprache in Florenz willkommen zu heißen. Ioannis segnete ihn und zog ihn an seine Seite, um gemeinsam mit ihm die Huldigung der wenigen Florentiner entgegenzunehmen, die noch nicht vor dem eisigen Regen geflohen waren.
    Tropfnass und frierend stand Alessandra im niederrauschenden Sturzregen auf der inzwischen überschwemmten Piazza, obwohl das wärmende Kaminfeuer in ihrem Arbeitszimmer nur wenige Schritte entfernt war. Unsere Blicke trafen sich.
    Traurig wandte ich mich ab, schritt die Domstufen hinab, stieg auf mein Pferd und geleitete den Basileus durch den strömenden Regen zu seinen Gemächern im Palazzo Peruzzi.

    Am Abend empfing der Basileus die florentinischen und griechischen Würdenträger zu einem prunkvollen Bankett.
    Der Palazzo der im Exil befindlichen Familie Peruzzi war für diesen Anlass hergerichtet worden wie der Kaiserpalast von Byzanz. Über dem Thron des Basileus im Empfangsraum war eine Ikone des segnenden Pantokrators Jesus Christus aufgerichtet

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