Der Vergessene
schienen müde zu blicken. Er wirkte wie jemand, der nahe daran ist, aufzugeben. »Es kostet mich immer sehr viel Kraft«, gab er zu. »Es ist nicht einfach, gegen ihn zu bestehen. Heute dachte ich, dass ich es nicht schaffen würde. Ich rechnete damit, dass sein Feuer stärker war.«
Ich fasste seine schmale, helle Hand an. »Elohim«, sagte ich wie ein Vater zu seinem Kind. »Wir beide kennen uns. Wir haben Schlimmes erlebt. Du hast dich dann rar gemacht, und das ist auch egal, wie ich finde.« Ich zuckte mit den Schultern. »Nur begreife ich nicht, dass du dich ohne Unterstützung auf die Jagd nach ihm gemacht hast. Das will mir einfach nicht in den Kopf.«
»Wer hätte mir denn helfen sollen?«
»Raniel!«
Elohim verzog die Lippen. Er lächelte. »Ja, mein Vater. Raniel, der Gerechte. Ich hätte ihn schon darum bitten müssen, aber ich bin zu stolz gewesen.«
»Warum das?«
»Es ist keine Aufgabe für ihn.«
Ich wurde etwas wütend. »Wieso nicht? Raniel ist dein Vater! Sollst du in das Verderben laufen? Will er das?«
»Nein, aber ich bin für mich verantwortlich. Er nennt sich der Gerechte…«
»Eben!«
»Du verstehst ihn nicht, John. Er greift nur ein, wenn es um Ungerechtigkeiten geht, die ihn persönlich berühren.«
»Es geht auch um Lilith!« rief Suko.
»Das weiß ich. Das weiß mein Vater auch. Das Kapitel hat er abgeschlossen. Er will nichts mehr mit ihr zu tun haben. Es könnte sein, dass er angreift, wenn Lilith seine Kreise stört.« Elohim hob die Schultern. »Das ist bisher nicht geschehen, und ich habe auch in der Zeit gelernt und vieles behalten.«
»Das ist ja alles richtig!« stimmte ich ihm zu. »Aber so stark wie er bist du nicht.«
»Noch nicht - stimmt.«
»Dann sollst du Kamuel wirklich stellen?«
»Ja.«
Ich verdrehte die Augen. Suko protestierte halblaut. »Was ist denn nun, wenn er es schafft, seinen Plan bis zum Ende durchzuführen? Kannst du mir das verraten?«
»Dann habe ich versagt. Und das schon bei meiner ersten großen Aufgabe. Ich muss dafür sorgen, dass er nicht mehr so mächtig werden kann wie in der Vergangenheit. Er ist so alt, aber er ist schlau, und er hat sich den Menschen angepasst. Es ist auch Schicksal gewesen, dass wir uns hier gesehen haben. Damit habe ich nicht gerechnet.«
»Wir auch nicht«, sagte Suko. »Aber du hast jetzt Unterstützung, Elohim.«
Etwas skeptisch blickte er uns an. »Ihr wollt mir helfen?«
»Dazu sind wir sogar verpflichtet.«
»Und wie?«
Diesmal sprach ich. »Du hast davon erzählt, dass es noch eine Person hier in London gibt, die er besuchen will. Vorausgesetzt, er stellt seine Pläne unseretwegen nicht um.«
»Nein, nein, das wird er nicht.«
»Um so besser, Elohim. Kennst du die Person, um die es geht? Oder musst du sie auch erst suchen?«
Der Junge dachte nach. Er senkte den Kopf und verdrehte seine Hände. Auf mich machte er weniger den Eindruck eines Nachdenkenden, sondern eher wie jemand, der eine Antwort so lange wie möglich hinauszögern will und auch nach den richtigen Worten sucht. Ich lenkte ihn durch meine Frage ab. »Wer ist es, Elohim? Raus mit der Sprache.«
»Ein… ähm… Bekannter.« Er blickte noch immer starr auf seine Kniescheiben.
»Den wir kennen?«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Das kann ich nicht genau sagen, aber der Mann ist bekannt. Zumindest in der Öffentlichkeit. Niemand weiß allerdings, wer sich tatsächlich hinter ihm verbirgt. Das ist nun mal so.«
»Den Namen!« drängte ich.
»Amos Atkins«, sagte er leise.
Ich saß zuerst nur starr da. Amos Atkins. Der Junge hatte recht. Gehört hatte ich den Namen bereits, aber ich wusste nicht, wo ich ihn hin stecken sollte.
»Der TV-Star, John…«
»Ach, da gibt es viele, die…«
»Aber ich weiß Bescheid.« Dass Elohim von Sukos Seite Unterstützung erhielt, wunderte mich schon. Etwas ungläubig schaute ich meinen Freund an, der sofort abwiegelte. »Halte mich nicht für einen Dauerglotzer, John, aber ich habe zufällig gesehen, was da auf dem Bildschirm ablief. Atkins leitet eine Game-Show. Quiz und Spiele und so weiter. Einmal in der Woche. Soll gute Einschaltquoten haben.«
»Toll, dass du so ausgezeichnet informiert bist.«
»Manchmal machen Shao und ich uns eben einen gemütlichen Abend«, sagte er lächelnd.
Danach war es mit dem Humor vorbei, denn ich wandte mich wieder an den Jungen. »Was weißt du über ihn? Hast du dich schon näher mit seiner Person beschäftigt?«
»Nein, nicht so direkt.«
»Du
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