Der verkaufte Patient
austauschen. Ich kann sie auch nicht nachrecherchieren, es sind die Erfahrungen der beiden. Ich sehe nur mit großer Besorgnis, wie der Mensch Schritt für Schritt zur Ware wird.
Klar ist: Die DAK hat ab Januar 2008 für Bayern und Baden-Württemberg mit der Firma Healthways einen Dienstleistungsvertrag über einen Zeitraum von drei Jahren abgeschlossen. In Baden-Württemberg und in Bayern wird nun – so empfinde ich das – ein Probelauf mit der Ware Mensch durchgeführt. Menschen haben ein Leiden. Sie erwarten von ihrer Kasse nichts anderes, als dass sie dem Arzt ihres Vertrauens seine Aufwendungen entschädigt. Stattdessen sind sie die Masse X bei der Kasse Y, die sie in einem strategischen Spiel zu einer verdeckt operierenden amerikanischen Firma hinüberschiebt, von der sie kostengünstig ruhiggestellt wird. Der einzelne Mensch interessiert nicht. Er steht weder im Fokus des Wirtschaftsministers noch im Fokus der Brandenburger Wirtschaftsförderungsgesellschaft, noch in dem der Krankenkasse. Der Wirtschaftsminister sieht die neu geschaffenen Arbeitsplätze, bucht sie für sich als politischen Erfolg. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die so genannte Zukunftsagentur, sieht ihre Vorteile in der Unterstützung regionaler Struktur durch die öffentliche Hand. Die DAK, eingeschnürt in das politische Gesetzesgestrüpp, denkt vom Druck her, den ihr das Wettbewerbsverstärkungsgesetz bereitet hat. Und wo bleibt der Mensch? Wo bleiben wir als Patienten und Bürger?
Ich habe für mich das Wort
Bürgerpatient
geprägt – weil ich nicht länger ein Objekt bürokratischer Verteilungskämpfe sein möchte. Ich habe eine Stimme, ich habe demokratische Rechte – und ich finanziere das Ganze mit. Ich erwarte Dienstleistung und Transparenz. Ich will wissen, was mit unserenBeiträgen passiert, wie die Kassen sie einsetzen, mit wem sie Geschäftsbeziehungen eingehen, welche Folgen das für uns hat. Ich möchte als Beitragszahler gefragt und als Mensch wahrgenommen werden! Warum hat die DAK ihren Patienten vor Vertragsabschluss nicht die Möglichkeit der Einsicht oder Mitentscheidung gegeben? Man hätte doch per Umfrage eine Patientenmeinung einholen können! Weil wir als Menschen, Bürger, Patienten dort noch nicht angekommen sind. Man geht mit uns um wie mit einer stummen, freilich zahlenden Verfügungsmasse. Bei einem meiner Vorträge vor Ärzten zum Thema Kassenärztliche Vereinigung spottete ich: »Sie müssen aufpassen, dass Sie mit Ihrer Zwangsmitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung nicht Ihre eigene Existenzvernichtung finanzieren!« Mein Spott resultierte aus den Fakten! Bleiben wir bei den Fakten, was uns Patienten betrifft.
DAK-Mitglieder zahlen, wie im Fall Healthways, ihre eigene Auslieferung zur telefonischen Beratung und lassen ohne Gegenwehr Kassen Verträge abschließen, von denen sie als Patienten, wenn überhaupt, erst durch eine Veröffentlichung in der Presse erfahren. Am Telefon meldet sich die Healthways-Angestellte mit »DAK – Pro Gesundheit, besser leben«. Auf Rückfrage, ob Sie Angestellte der DAK sei, kommt ein klares JA!
Vielleicht sollte gefragt werden: Wer zahlt Sie? Wer hat Sie eingestellt? Wer hat Sie angewiesen, sich mit DAK zu melden? Weshalb sagen Sie nicht: Hier spricht das Dienstleistungsunternehmen Healtways im Auftrag des DAK–Gesundheitsprogramms Pro Gesundheit, besser leben?
Das wäre meiner Ansicht nach korrekt! Dann wüsste der angeschriebene chronisch Erkrankte, mit wem er/sie tatsächlich spricht. Wie die Kasse es jetzt nach außen praktiziert, empfinde ich das als eine böswillige Irreführung der DAK-Patienten! Zumal in den Anschreiben an die DAK-Patienten ebenfalls nichts über die Geschäftsverbindung zu Healthwayszu lesen ist. Weshalb fließt das Geld von DAK-Patienten in ein Tochterunternehmen einer amerikanischen Gesellschaft, deren Ziel es ist, uns nur telefonisch zu betreuen?
Natürlich kann man das Faktum Patienten nicht so verkaufen, ohne Gefahr zu laufen, Austritte zu riskieren. Wie federt man das als Kasse ab? Stellt man evtl. eine Werbeagentur an, deren Motto heißt »Schöner lügen«?!
»DAK – Pro Gesundheit, besser leben!« Ein Extrateam nimmt sich der Sache an, und seit Januar 2008 bekommen Patienten einen Brief von ihrer Kasse, der an Bemäntelung, Schönsprech und Einseiferdeutsch nichts zu wünschen übriglässt: »Was wir tun, damit es Ihnen auf lange Sicht bessergeht …
Sehr geehrte Frau …
(personalisiert – oh, die kennen sogar
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