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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Straße ist zufälligerweise die Mittelstraße und damit just die, die den Obergau mit dem restlichen Hüggelland verbindet. Wer diese Furt besetzt hält und damit den Nachschub unterbricht, vor allem den an Nachrichten, der gewinnt gefährlichen Einfluss. Ist es nicht so, dass genau an dieser Stelle alle Warenlieferungen und alle zur Hilfe eilenden Vahits vorübermüssen, so sie nach Mechellinde wollen?«
    Circendil deutete über sich. »Dieser Broch ist beinahe ein Wehrturm. Wer ihn besetzt hält, kann sich gut verteidigen. Er bekommt die Kontrolle über die Straße und die Furt und kann zufälligerweise allen, die aus dem Inneren des Hüggellands kommen, den Weg verwehren. Oder es denen, die von Norden kommen, erschweren, die Räuschel zu überschreiten. Ist es also Zufall, Finn? Andererseits wissen wir noch nicht, auf welche Weise alles miteinander in Verbindung steht. Wie und mit welchen einander ergänzenden Absichten Glimfáins Feind Guan Lu und unser Freund Saisárasar handeln. Wissen sie voneinander? Haben sie ein gemeinsames Ziel? Und wenn ja, worin besteht es?«
    »Wissen wir das nicht längst? In der Eroberung des Hüggellands, oder etwa nicht?« Finns Feststellung klang dumpf und hoffnungslos.
    »Ja«, sagte der Mönch. »Ja und nein. Ja, aber nur insoweit, weil das Hüggelland nun mal ein Teil Kolryns ist. Bedenke, der Herr Ulúrlims hat weitreichende Pläne, an deren Ende allein seine Rache an den Féar steht. Das Hüggelland erregt dabei kaum seine Aufmerksamkeit. Es ist Beiwerk, nützlich im Augenblick vielleicht. Allem Anschein nach hat er sich ein erstes Streckenziel gesetzt, einen Meilenstein auf dem Weg zur Erfüllung seiner Pläne. Er beabsichtigt, endlich das einstige Bollwerk Kolryn zu Fall zu bringen, die ehemalige heimliche Feste der Féar, als Benutcane groß und mächtig war und ein starkes und stolzes Heer unterhielt, das er nicht anzugreifen wagte. Es ist unser Schicksal,ausgerechnet in der Zeit geboren zu sein, die er sich dazu auserwählt hat   – und es wird unser Schicksal sein, das Schlimmste zu verhüten, so gut wir es vermögen.«
    »Das Schlimmste? Du betonst es so eigenartig. Kann noch etwas schlimmer sein als das, was hierzulande gerade geschieht?«
    »Die Versklavung aller freien Völker, Finn«, antwortete Circendil. »Der Féar, der Dwarge, der Dirin   – und leider auch der Vahatin. Und, wo das nicht, ihre völlige Vernichtung. Das hier«, er deutete auf die Blutspuren, »ist nur ein Anfang. Es sind die ersten winzigen Steinchen, die noch gemächlich rollen. Doch wenn es uns nicht gelingt, sie aufzuhalten, werden größere und immer größere mitgerissen, bis alles unaufhaltsam wird. Dann wehe! Die Lawine wird kommen. Sie wird zu Tal schmettern und alles unter sich zermalmen, und es wird das Ende dessen sein, was wir lebenswert nennen.«
    Der Medhir fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als könne er so die trübseligen Gedanken fortwischen; und ein Lächeln stahl sich in seine harten Züge, als er den jungen Hund in Finns Armen schlafen sah.
    »Ja«, sagte er. »Das ist gut. Es mag wenig sein. Eine Geste nur, eine Gefühlsduselei. Aber solange es noch Mitleid gibt in dieser Welt und offene Herzen für hilflose Wesen, solange hat der Dáirantyr noch nicht gewonnen.«
    »Der wer?«
    »Der Dáirantyr. Der Meister der Tränen. Lukather der Grausame. So nennen ihn die Féar in den alten Schriften.«
    »Er würde sich wohl nicht um einen Welpen scheren, nehme ich an?«
    »Nein, sicher nicht«, lachte Circendil bitter. »Aber einer muss es am Ende tun; und zu dir hat er Vertrauen gefasst. Willst du dich um ihn kümmern? Er gehört übrigens einer sehr alten Hunderasse an. In Vindland schätzen wir sie sehr. Wir nennen sie Otu Atruma . Sie sind klein und schnell wie der Blitz, dabei ebenso gelehrig wie treu. Sie bewachen unsere Ställe und Herden.«
    »Aber was soll ich mit einem Hund anfangen?«, fragte Finn. »Soll er uns begleiten? Er wird uns bei vielem lästig sein, was vor uns liegt.«
    »Lästig? Vielleicht. Aber er wird zu einem treuen Freund heranreifen, ehe ein Jahr vorüber ist. Falls ihm ein Jahr geschenkt wird. Treue Freunde sind es, die diese Zeiten vor allem brauchen, nicht wahr? Und was willst du andererseits tun? Ihn hierlassen? Allein? Schau, er schläft und vertraut dir seine kindliche Schwäche an. Nimm ihn zumindest vorerst zu dir, bis wir in Aarienheim sind. Vielleicht findet sich dort ein Heim für ihn   – für kurze Zeit.«
    Der Mönch wickelte

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