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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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entrahmter Milch. Seine Hände
    hingegen waren rot und grobknochig, die Fingernägel abgekaut
    und die Knöchel wund gescheuert. Er trug einen sauberen, an-

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    nehmbar gebügelten Anzug, der jedoch für einen Mann mit bes-
    ser proportioniertem Körperbau geschneidert war, so dass die
    Handgelenke aus den Ärmeln hervorragten wie knorrige Fah-
    nenstangen, von denen seine roten Hände linkisch herabhängen,
    als wäre es ihnen peinlich, öffentlich zur Schau gestellt zu wer-
    den. Um ihre Verlegenheit zu verbergen, neigte er dazu, sie beim
    Sprechen krampfhaft hinter dem Rücken zu verschränken, so
    dass sie noch röter wurden. Wenn ihnen das zu viel wurde, nah-
    men sie Zuflucht in seinen Hosentaschen, die der Schneider un-
    erklärlich tief gesetzt hatte. In dieser Stellung wirkte Rose trotz
    seiner langen Arme gebeugt nd
    u verdruckst und nicht gerade
    Vertrauen erweckend.
    Die Kriminalbeamten gaben sich nicht die geringste Mühe,
    ihre Verachtung zu verhehlen, als Rose mit ihnen über den Mord
    sprechen wollte. Ihrer Ansicht nach war der Fall klar und das
    Gerichtsverfahren reine Formsache. Den schlaksigen Anwalt mit
    den Froschaugen und den puterroten Händen betrachteten sie
    als die billigste Lösung, die die Krone gefunden hatte, um den
    Vorschriften eines ordentlichen Strafprozesses Genüge zu tun.
    Sie gewährten Rose nicht einmal eine halbe Stunde, antworteten
    einsilbig auf seine Fragen und trommelten nervös auf die Tisch-
    platte. Als Beweismaterial, auf das sie sich vor Gericht zu stützen
    gedachten, konnten sie ihm lediglich einen dünnen hellbraunen
    Umschlag zur Einsicht vorlegen, der die Aussagen zweier Mitar-
    beiter des Amtes für öffentliche Bauvorhaben – Mr. Hawke und
    Mr. Spratt – sowie zweier weiterer Männer aus der Anstalt von
    Hounslow – Dr. Pettit und Mr. Vickery – enthielt. Es seien noch
    zusätzliche belastende Dokumente vorhanden, räumten sie ein,
    doch habe man sie leider verlegt. Sobald sie wieder aufgefunden
    seien, werde Mr. Rose Abschriften für seine Unterlagen erhalten.
    Kaum eine halbe Stunde nach seinem Eintreffen stand der An-
    walt wieder auf der Straße.

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    Obwohl er gute Lust hatte, den Besuch auf den folgenden Tag
    zu verschieben, machte er sich vom Polizeirevier aus direkt auf
    den Weg nach Woolwich. Er war noch nie zuvor auf dem dort
    vertäuten Gefängnisschiff gewesen, dessen Lärm und Dreck ihn
    entsetzten und dessen Gestank ihm Übelkeit verursachte. Als er,
    die Hände hinter dem Rücken verschränkt, durch das Schiffsin-
    nere schlich, schabte sein Adamsapfel wie eine Grille an dem
    steifen Hemdkragen, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als
    die Augen zu schließen und auf wundersame Weise in die fried-
    liche Ruhe seiner schäbigen Unterkunft im Temple-Bezirk zu-
    rückbefördert zu werden. Schließlich erreichten sie Williams
    Zelle, doch der Wärter schloss die Tür nicht auf. Rose in die
    Zelle des Häftlings treten zu lassen hätte den Sicherheitsvor-
    schriften widersprochen. Deshalb entriegelte der Wärter nur die
    Eisenklappe in der Tür, durch die er gewöhnlich dem Gefange-
    nen seine tägliche Ration Brot und Wasser reichte, und forderte
    den Anwalt auf, in die Hocke zu gehen, damit er durch den
    Schlitz sprechen konnte. Außerdem reichte er Rose eine eiserne
    Glocke, um ihm Hilfe herbeizurufen, wenn ihm der Häftling
    Schwierigkeiten machte oder er zu gehen wünschte. Rose nickte
    und beugte sich hinunter, als der Wärter außer Sichtweite war.
    Der Häftling in der Zelle sah lediglich die Augen des Besuchers,
    Rose hingegen konnte seinen Mandanten vollständig in Augen-
    schein nehmen. Doch der Anblick, der sich ihm bot, hob nicht
    gerade seine Stimmung.
    William lag gefesselt gegen die Wand gepresst. Er trug noch
    immer das baumwollene Nachthemd aus der Irrenanstalt, das
    inzwischen verdreckt und zerrissen war, und sein Haar stand
    ihm in Büscheln vom Kopf ab. Die Augen hielt er geschlossen.
    Rose musste an den alten Löwen im Londoner Zoo mit seinem
    von Motten zerfressenen Fell denken, über den die Besucher
    murrten, weil er sich nie vom Fleck bewegte oder brüllte oder

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    tat, was Löwen in Bilderbüchern zu tun pflegten, sondern sie mit
    seinen bösartigen Augen reglos anstarrte und ihnen allen den
    Tod zu wünschen schien. Außerdem stank der Gefangene auch
    wie ein alter Löwe. Rose zog ein Taschentuch aus seiner Tasche
    und sog den tröstlichen Duft von onbons ein.
    B
    »Mr. May?«
    William schlug die Augen auf

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