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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Was, wenn die unsichtbaren Gegner wollten, dass er genau in diese Richtung dachte, damit er alle Kräfte auf den Schutz von Osborne House konzentrierte und der Angriff an einer gänzlich anderen Stelle erfolgen konnte?
    »Seien Sie vorsichtig«, mahnte ihn Narraway. »Wenn Sie die Öffentlichkeit beunruhigen, würde allein das schon den Schaden anrichten, den die Leute erstreben.«
    »Das ist mir bekannt.« Pitt merkte, dass ihn auch Charlotte und Lady Vespasia aufmerksam ansahen. »Das ist mir bekannt«, wiederholte er. »Ebenso ist mir bewusst, dass sie im Grunde beliebig viel Zeit haben. Sie können in aller Ruhe abwarten, bis wir in unserer Aufmerksamkeit nachlassen, und dann losschlagen.«

    »Das bezweifle ich.« Narraway schüttelte den Kopf. »Die Leute wissen von meiner Flucht und auch, dass Sie aus Frankreich zurück sind. Ich denke, wir müssen rasch handeln, genau genommen sofort. Die von Ihnen genannten Männer, die in England zusammengekommen sind, werden nicht warten. Ich schlage vor, Sie kehren nach Lisson Grove zurück und …«
    »Ich fahre nach Osborne House«, fiel ihm Pitt ins Wort. »Ich habe niemanden, den ich schicken kann, und falls Sie Recht haben, könnte es sogar schon zu spät sein.«
    »Sie fahren nach Lisson Grove«, wiederholte Narraway. »Sie sind Leiter des Sicherheitsdienstes und kein Infanterist, der in den Krieg zieht. Was wird aus der Operation, wenn man Sie erschießt, gefangen nimmt oder Sie einfach nicht zu erreichen sind? Hören Sie auf, wie ein Abenteurer zu handeln, und versuchen Sie wie ein Mann zu denken, der eine Führungsposition innehat. Ihre Aufgabe ist es, genau festzustellen, wem Sie vertrauen können, und das müssen Sie bis morgen Abend wissen. « Er sah zu der Messinguhr auf dem Kaminsims. »Bis heute Abend«, verbesserte er sich. »Ich fahre nach Osborne House. Da kann ich die Menschen zumindest warnen und vielleicht auch einen Angriff, wie auch immer der aussieht, aufhalten, bis Sie eine Möglichkeit finden, Verstärkung zu schicken.«
    »Du musst damit rechnen, dass man dir dort den Zutritt verweigert«, gab Lady Vespasia zu bedenken. »Immerhin hast du keinen offiziellen Status mehr.«
    Narraway zuckte zusammen. Ganz offensichtlich hatte er das nicht bedacht.
    »Ich komme mit«, fuhr sie fort. Sie sagte das nicht als Angebot, sondern stellte es als unverrückbare Tatsache hin. »Man kennt mich dort. Es müsste schon sehr sonderbar zugehen, wenn man auch mich nicht auf das Anwesen ließe. Wenn ich dann die Umstände und die damit verbundene Gefahr erkläre,
wird mir der Haushofmeister sicherlich eine Audienz bei der Königin verschaffen. Ich muss mir nur noch überlegen, was ich ihr dann sagen werde.«
    Pitt erhob keine Einwände gegen diese erkennbar sinnvolle Lösung. Er stand auf. »Dann sollten wir uns besser gleich aufmachen. « Zu Charlotte gewandt, sagte er: »Wir fahren nach Hause, während sich Mr Narraway und Tante Vespasia auf den Weg nach Southampton machen, um von dort zur Isle of Wight überzusetzen.«
    Lady Vespasia sah erst ihn und dann Narraway an. »Ich denke, es wäre vernünftig, erst einmal einige Stunden zu schlafen«, sagte sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Danach frühstücken wir. Uns stehen einige schwere Entscheidungen und vielleicht auch harte Auseinandersetzungen bevor. Nur wer seelisch und körperlich bei Kräften ist, kann sein Bestes geben.«
    Pitt wollte aufbegehren, doch er war zu erschöpft. Sofern es sich moralisch vertreten ließ, würde er sich gern einige Stunden hinlegen und alles vergessen. Er wusste nicht, wann er sich zum letzten Mal so richtig entspannt hatte, ganz von dem inneren Frieden zu schweigen, den das Bewusstsein mit sich brachte, Charlotte an seiner Seite zu haben, und zu wissen, dass sie in Sicherheit war.
    Er sah zu Narraway hin.
    Dieser sagte mit trübseligem Lächeln: »Ein guter Rat. Wir stehen um vier Uhr auf und fahren um fünf Uhr ab.« Er richtete den Blick auf Vespasia, um zu sehen, ob sie damit einverstanden war.
    Sie nickte.
    »Ich komme mit«, sagte Charlotte. In ihrer Stimme lag kein fragender Ton, offensichtlich war sie bereit, sich durchzusetzen. Zu Pitt gewandt, erläuterte sie: »Es geht nicht darum, dass ich mich für unentbehrlich halte, aber ich kann Tante
Vespasia unmöglich allein mit einem Mann reisen lassen. Erstens würde das Aufsehen erregen, und zweitens würde man das in Osborne House für außerordentlich sonderbar halten. Bitte entschuldige.«
    Natürlich

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