Der Verrat
verlegen. »Mir hat man gesagt, dass dahinter ein Wandschrank ist.«
Brown durchquerte den Flur mit sechs langen Schritten. »Mr. Speyer, wohin geht dieser Aufzug?«
»In meinen Weinkeller.«
»Ist schon in Ordnung, Michael«, versicherte Ross.
Brown ignorierte den designierten Vizepräsidenten. »Gibt es noch einen anderen Zugang zum Weinkeller?«
»Es gibt noch eine Hintertreppe vom Carport aus.«
Die holzgetäfelte Aufzugstür ging auf. Bevor die beiden Männer eintreten konnten, streckte Agent Brown die Hand aus, um sie aufzuhalten. »Ich muss den Raum erst überprüfen.« Brown drehte sich zu seinen beiden Kollegen um, doch bevor er sie zu sich beordern konnte, hielt Ross ihn auf.
»Sie werden nichts dergleichen tun«, stellte er entschieden fest. »Ich kenne Joseph seit vielen Jahren. Dieses Haus hat ein besseres Sicherheitssystem als das Weiße Haus. Warten Sie bei der Tür, ich rufe Sie, wenn ich Sie brauche.«
»Aber Sir, Sie wissen doch, ich kann Sie nicht allein einen Raum betreten lassen, ohne ihn vorher zu überprüfen.«
»Doch, das können Sie, und das werden Sie auch. Und jetzt gehen Sie zurück zur Tür und warten dort.«
Brown zögerte kurz und gab schließlich nach. Er trat zur Seite und sah zu, wie der Mann, für dessen Sicherheit er verantwortlich war, zusammen mit einem Mann, den Brown kaum kannte, den Aufzug betrat. Die Tür glitt zu, und irgendwo hinter den dicken Mauern hörte Brown den Elektromotor des Aufzugs anspringen. Diese ganze Reise wurde immer mehr zu einem Musterbeispiel dafür, wie man ein Sicherheitskommando nicht führen sollte. Brown kehrte zu den beiden anderen Agenten zurück und begann seinem Ärger Luft zu machen.
»Ich will, dass ihr das alles aufschreibt, bevor ihr euch heute schlafen legt. Und macht klar, dass er uns daran gehindert hat, unsere Arbeit zu tun.« Brown blickte zum Aufzug zurück und fügte hinzu: »Und jetzt sucht diese Treppe und sichert sie.«
Zehn Meter unter dem Erdgeschoss kam der Aufzug zum Stillstand. Die Tür ging auf und gab den Blick auf ein riesiges Kellergewölbe frei. Sie traten auf den blank polierten Steinboden hinaus. Vor ihnen lag ein Kellerraum, dessen Regale mit unzähligen Weinflaschen gefüllt waren. Die Größe des Raumes sowie die Tatsache, dass nirgends tragende Pfeiler zu sehen waren, verblüffte Ross mehr als die Weinsammlung selbst.
»Joseph«, war alles, was er sagen konnte.
»Ich weiß. Ich habe drei Jahre dafür gebraucht, und es musste absolut geheim bleiben.«
»Aber warum?«
»Wir sind hier in Zermatt, dem Zentrum der Umweltbewegung. Dieser Weinkeller ist direkt in den Berg gehauen. Die Stadt hätte mir nie die Erlaubnis für so ein Projekt erteilt. Es war schon schwer genug, das Haus zu bauen. Ich musste alle zuständigen Beamten und Inspektoren im Tal bestechen.«
Ross trat vor und sah sich in dem Kellergewölbe um. Mehrere teure Kronleuchter hingen im Abstand von fünf Metern von der Decke. Zu beiden Seiten ragten Weinregale von den Wänden in den Raum wie die Bänke einer Kirche. Zu seiner Linken sah er eine Tür, zu seiner Rechten einen Tisch zur Weinverkostung und vier Ledersessel.
»Wie groß ist der Keller?«
»Ungefähr dreißig mal zehn Meter.«
»Unglaublich. Wie hast du das geschafft?«
»Ich hatte eine Familie von albanischen Bergarbeitern da. Ein Vater und vier Söhne.«
»Wie viele Flaschen sind es?«
Aus dem Dunkeln antwortete eine Stimme: »An die dreißigtausend, würde ich sagen.«
Etwa zehn Meter vor ihnen trat ein Mann zwischen den Regalen hervor. Er trug einen blauen Blazer mit goldenen Knöpfen und darunter ein weißes Hemd. Sein braunes Haar war glatt zurückgekämmt, sodass es dunkler wirkte, als es eigentlich war. Er war mittelgroß, braun gebrannt und ein klein wenig übergewichtig, was den Genussmenschen verriet. Die markante Nase war das auffälligste Merkmal in dem ansonsten durchschnittlichen Gesicht.
»Was hast du da in der Hand?«, fragte Speyer mit ungewöhnlicher Sorge in der Stimme.
»Oh … das?« Der Mann warf die Flasche in die Luft. Sie drehte sich mehrmals, und er fing sie wieder auf.
Speyer hielt die Luft an und wurde starr vor Schreck. »Bitte sag mir, dass das nicht einer von meinen Château-Mouton-Rothschild Jahrgang zweiundvierzig ist.«
»Nein. Es ist einer von deinen Château-Mouton Jahrgang einundvierzig.« Der Mann sprach mit einem leichten New Yorker Akzent. »Ist das nicht das Jahr, in dem die Freunde deines Vaters in Frankreich
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