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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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machten die Zollbeamten mit Sicherheit misstrauisch. Das waren nun einmal nicht die Dinge, die Jungverheiratete auf die Hochzeitsreise mitnahmen. Es war die Aufgabe von Coleman und seinen Jungs, die entsprechenden Geräte herbeizuschaffen – und sie gaben sich dabei als Filmteam aus, das auf der Suche nach einem geeigneten Drehort war. Sie hatten Visitenkarten einer Firma mit Sitz in Beverly Hills und einer Telefonnummer, unter der sich eine Frau in Langley, Virginia, meldete.
    Die Sonne ging über dem östlichen Mittelmeerraum unter. Hier in der Altstadt waren die Straßen eng und gewunden, sodass bereits große Teile der Straße und der Cafés im Schatten lagen. Das Hotel war drei Stockwerke hoch, und Rapp hatte sich im obersten Geschoss einquartiert. Der Kontaktmann in Istanbul hatte ihm mitgeteilt, dass der Mann, den sie suchten, eine Scheinfirma namens Aid Logistics Inc. hatte, deren Büro im zweiten Stock des Hauses gegenüber eingerichtet war. Im Erdgeschoss war das Café untergebracht, und im ersten Stock ein Immobilienbüro. Es gab keine Gasse hinter dem Gebäude, also konnte man das Haus nur durch die Eingangstür des Cafés betreten. Auf der rechten Seite führte eine Treppe nach oben – das wusste Rapp, weil er diesen Nachmittag das Immobilienbüro aufgesucht und einen kurzen Blick in den zweiten Stock geworfen hatte, ehe er wieder nach unten ging.
    Rapp sah, wie ein älterer Mann aus dem Café kam, den er für den Inhaber hielt. Er trug eine weiße Schürze und gab den Kellnerinnen jede Menge Anweisungen. Der Mann ging den Bürgersteig hinunter und blieb bei der weißen Stufenheck-Limousine stehen, wo er mit den beiden Insassen sprach. Es war das erste Mal, dass Rapp ihn mit den beiden Typen sprechen sah.
    Solche Überwachungen hatten immer ihren ganz eigenen Rhythmus. Manchmal waren sie so langweilig, als würde man einem frisch gestrichenen Zaun beim Trocknen zusehen. Manchmal wusste die Zielperson, dass sie beobachtet wurde, und versuchte den Beobachter einzuschläfern, um dann unbemerkt in Aktion zu treten. So machten es die echten Profis. Man konnte sie den ganzen Tag observieren und bekam doch nicht mit, dass sie irgendwo eine Nachricht in einem toten Briefkasten deponiert hatten. Es war, als hätten sie hinten Augen, was in gewisser Weise auch der Fall war. Wirklich große Eishockeyspieler wie ein Wayne Gretzky hatten ständig ein Bild des Spielfelds im Kopf, das ihnen sagte, wo die anderen standen. Die größten Spione verfügten über die gleiche Fähigkeit, wenn auch in einem unendlich komplexeren und gefährlicheren Spiel. Sie erinnerten sich an Gesichter und Schuhe und Hosen – Dinge, die schwer zu verändern waren. Sie ignorierten Hüte, Brillen, Jacken und Gesichtsbehaarung – Dinge also, die sich schnell verändern ließen. Sie registrierten jedes Gesicht, das an ihnen vorbeikam, und ahnten voraus, was die Leute vor ihnen und auch hinter ihnen tun würden.
    Nur sehr wenige Kriminelle waren so gut. Die meisten bekamen es nicht mit, wenn sie beobachtet wurden, aber was noch wichtiger war – es war ihnen bewusst, dass sie etwas Illegales taten. In vielen Ländern war es sogar so, dass man sie für ihre Taten aufs Schafott schicken würde, wenn man sie schnappte. Unter derartigem Druck war es fast unmöglich, locker zu bleiben und völlig normal zu wirken, während man etwas vorbereitete, wofür man mit dem Tod bestraft werden konnte. Egal ob es darum ging, etwas in einem toten Briefkasten zu hinterlegen, sich mit einem Kontaktmann zu treffen oder jemanden zu töten – die Körpersprache des Betreffenden veränderte sich. Die Schritte wurden schneller, die Bewegungen hastiger und eckiger.
    Rapp hatte während der vergangenen Stunde bemerkt, dass sich die Dinge etwas zu beschleunigen begannen. Er studierte die Körpersprache des Cafébesitzers und des anderen Mannes, der beim Wagen stand. Er versuchte ihre Lippen zu lesen, konnte aber nicht erkennen, was sie sagten. Sie schienen jedoch Englisch zu sprechen, was Rapp bemerkenswert fand.
    Sein Handy klingelte. Es lag auf dem Bett, doch Rapp blieb beim Fenster stehen. Er hatte einen winzigen drahtlosen Knopf im rechten Ohr, der bei seinem etwas längeren Haar kaum zu sehen war. Das Gerät nahm seine Stimme über die Schwingungen im Gehörgang auf. Rapp drückte den Knopf am Ohrhörer. »Was gibt’s?«, fragte er.
    »Wir sind soeben gelandet.«
    Es war Scott Coleman. Rapp hätte gern gewusst, warum es so lange gedauert hatte, doch er sparte

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