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Der Verrat: Thriller (German Edition)

Der Verrat: Thriller (German Edition)

Titel: Der Verrat: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Mensch bin, immer noch die Frau, die ich immer schon war.« Dann dieses beklemmend traurige Lächeln. »Und damit kommen auch ein paar Pfund mehr herein«, fügte sie hinzu.
    Als das Ende kam, war es sehr friedlich. Wir waren alle im Zimmer, als Simon die letzte Transfusion mit Kochsalzlösung anlegte und die Morphinpumpe auffüllte. Jimmy küsste Scarlett und schmiegte sich noch einmal an sie. Ich hielt sie zum letzten Mal in den Armen, die Tränen rannen mir übers Gesicht, ich konnte sie nicht aufhalten. Ihr Mut im Angesicht des bevorstehenden Todes war bemerkenswert. Die letzte Tat einer bemerkenswerten Frau. Ich verließ das Zimmer mit Jimmy und brachte ihn zu Bett.
    Ich saß noch in seinem Zimmer und betrachtete das schlafende Kind, als Simon hereinkam, um mir zu sagen, dass es zu Ende war. Ich erhob mich und umarmte ihn, seine Schluchzer ließen ihn erzittern. »Es tut mir leid«, sagte er immer wieder. »Hätte ich sie doch nur retten können … Es tut mir leid.«
    »Du hast dein Bestes getan. Niemand hätte sie besser pflegen können.«
    »Sie war etwas Besonderes«, brachte er hervor. Er löste sich von mir, verschränkte die Arme vor der Brust und legte die Hände auf seine bebenden Schultern. Irgendwie gelang es ihm, sich zusammenzureißen. »Ich muss das Bestattungsinstitut anrufen«, sagte er. »Sie werden sie abholen und zurechtmachen. Und ich muss den Totenschein unterschreiben.« Er biss sich auf die Lippe. »Ich habe schon andere Patienten verloren, Stephanie«, sagte er. »Aber ich glaube, es hat mich nie so mitgenommen.«

44
    D ie Beerdigung war ein Spektakel. Zwar ein perfekt orchestriertes Spektakel, aber trotzdem war es der reinste Zirkus. Scarlett hatte detaillierte Instruktionen hinterlassen, die George und ich in die Tat umsetzten. Wir knirschten zwar teilweise ganz schön mit den Zähnen, führten aber letztendlich alles so aus, wie sie es gewollt hatte.
    Die Presseleute waren frustriert, da zu wenig Trauerspiel geboten wurde. Wir wussten, dass sie uns so lange an den Fersen kleben würden, bis sie etwas für ihre Titelblätter gefunden hatten, also arrangierten wir einen Fototermin für sie, bei dem ein einziger Fotograf Jimmy dabei knipste, wie er mit einem Blumenstrauß die Leichenhalle betrat, in der seine Mutter aufgebahrt war. Dieses Jahr schon zum zweiten Mal im schwarzen Anzug, betrat er mit gesenktem Kopf die Halle, noch nicht einmal fünf Jahre alt und schon ein kleiner Medienprofi.
    Sobald die Pressemeute hatte, was sie brauchte, brachen alle ihre Zelte ab und verließen die Hazienda. Jetzt, wo Scarlett gegangen war, gab es hier nichts mehr zu sehen. Ihr üblicher Platz am Rande der Landstraße wurde sofort von Scarletts Fan-Armee und ihren Andenken eingenommen. Wahre Berge von Blumen, Karten und Kuscheltieren bedeckten bald den Seitenstreifen, und wir beteten darum, dass es nicht regnen würde. Denn wenn von diesen Unmengen Dankesgaben nur ein Haufen durchnässten Unrats zurückbliebe, dann würden sich die anderen Anwohner, denen Scarlett und der ganze Rummel um sie immer ein Dorn im Auge gewesen war, bei der Stadtverwaltung beschweren. Ein weiteres Ärgernis also, das wir uns lieber ersparen wollten.
    Die erwachsenen Trauergäste traten zum letzten Abschied an den Sarg heran, bevor er geschlossen wurde. Ich schaute kaum hin, denn ich hatte nie das Bedürfnis begriffen, unbedingt im Angesicht des Toten seine Trauer bezeugen zu müssen. Nach dem, was ich zu sehen bekam, hatten sie sie sehr schön hergerichtet. Sie sah nicht ganz so abgemagert aus, wie ich erwartet hatte, und Marina hatte einen ihrer typischen Hüte herausgesucht, um ihren noch immer fast kahlen Kopf zu verbergen. Die Hutkrempe in tiefem Wassermelonenrot war ein willkommener Farbklecks im Inneren des geflochtenen Weidensargs. »Es sieht aus, als würden wir sie in einem riesigen Picknickkorb beerdigen«, sagte George.
    »So wollte sie es«, kommentierte Simon. »Sie hat sich um diesen Planeten Gedanken gemacht. Obwohl sie selber nicht mehr hier ist, wird doch Jimmy in dieser Welt aufwachsen müssen.«
    George seufzte. »Ich weiß, ich weiß. Es sieht nur einfach … seltsam aus, das ist alles. Ich bin da einen eher traditionellen Look gewöhnt.«
    Am Tag der Beerdigung hatte George einen Fahrer zum Bahnhof King’s Cross geschickt, um Scarletts Mutter und Schwester abzuholen. Bis zu ihren letzten Tagen hatte Scarlett daran festgehalten, dass sie Chrissie und Jade nicht an ihrem Krankenbett haben wollte. Sie

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