Der Verrat
Ohren, an denen blitzende Messer in Kreisen hingen.
Celeste hatte ihre behandschuhte Hand auf Maes Rücken gelegt, an der Stelle, an der das T -Shirt kurz über der Hose endete, und der Samt kribbelte auf Maes nackter Haut. »Ich hoffe, du erinnerst dich daran, dass wir dir geholfen haben und sagst deinem Bruder, dass wir den unangenehmenVorfall von neulich bedauern«, flüsterte sie Mae ins Ohr, bevor sie in die Limousine stieg. »MeinAngebot steht noch.«
We nn du bereit bist, eine selbstständige Frau zu sein, komm zu mir.
»Ich werde daran denken«, erwiderte Mae und sah Jessica an. »Willst du die wiederhaben?«
Jessica lächelte strahlend. »Nein, sie stehen dir gut!«
Mae hatte nicht gewusst, wohin sie gehen sollte, deshalb war sie wieder auf dem Dachboden, wo die Schatten wie mit langen Fingern durch das Fenster und über den Boden auf sie zukrochen, während sie las. Der Dämon saà unter dem Fenster und beobachtete sie, bereits völlig von der sich ausbreitenden Dunkelheit verschluckt.
Mae versuchte, die Stimme des toten Mannes laut werden zu lassen.
»Ist es nicht an der Zeit, dass ich lerne, mit Wa ffen umzugehen?«, hat mich Al an heute gefragt.
Er ist jetzt neun Jahre alt. Beim letzten Kampf mit den Magiern hätte ich beinahe ein Au ge verloren und er musste einen Mann mit einem Schirmständer schlagen.
We nn er es nicht getan hätte, dann gäbe es jetzt nur noch ihn, Nick und Olivia. Sie wären hilflos.
Es ist an der Zeit, aber der Gedanke, ihn mit einer Pistole in der Hand zu sehen, mit derselben Ernsthaftigkeit, wie er seinen Stift über ein Kreuzworträtsel hält, dreht mir den Magen um. Eigentlich sollte ich allein für unsere Sicherheit sorgen können.
Al an lässt Nick nicht an seine neue Wa ffe heran.
»Das ist kein Spielzeug«, sagte er sanft und besorgt.
»Ich weië, antwortete Nick, ohne die Au gen davon zu lassen. »Spielzeug ist dumm.«
Al s ich Nick gefragt habe, was er sich zum Geburtstag wünscht, hat er gesagt, ein Messer. Ich habe ihm gesagt, dass Messer nicht gerade geeignete Geburtstagsgeschenke seien, doch er hat mich nur angestarrt. Ich glaube, er versteht das Wo rt »geeignet« nicht, und ich wusste nicht, wie ich es ihm erklären sollte.
» We nn du ein wenig älter bist«, habe ich geantwortet.
» Wi e viel älter?«, fragte er.
» We nn du sieben bist.«
Er scheint keine Kräfte zu haben. Manchmal glaube ich, dass er sie hat, aber keine Notwendigkeit sieht, sie einzusetzen, kein Ve rlangen verspürt, unsere Familie zu schützen. Meist sage ich mir, dass es an dem Ta lisman liegt, den Al an ihn tragen lässt. Er tut ihm weh. Al s ich gesehen habe, was er für eine Wu nde auf seiner Haut hinterlässt, habe ich gesagt, er könne ihn abnehmen. Ab er Al an hat Nein gesagt, so gnadenlos geduldig wie eine Mutter, die ihrem Kind eine bittere Medizin gibt.
Nicht, dass Nick je weinen würde.
Er sieht mir gerne zu, wie ich Dinge repariere. We nn der Ab fluss oder die Leitungen Ãrger machen oder das Au to nicht anspringt, mache ich mich an die Ar beit, und plötzlich stellen sich mir die Nackenhaare auf, ich spüre eine kalte Ah nung von Gefahr, und wenn ich mich umdrehe, sehe ich, wie er mich mit seinen schwarzen Au gen beobachtet.
Al s wir das letzte Mal umziehen mussten, habe ich nach einem alten Haus gesucht, einem, in dem man etwas renovieren muss. Ich glaube, es tut ihm gut, ein paar einfache menschliche Dinge zu lernen.
Al an sieht uns in solchen Momenten an, als würden wir geheime Rituale durchführen, und verschwindet, um Ar amäisch zu lernen.
»Nur wir beide, Nicky«, habe ich einmal zu ihm gesagt und er zeigte den An flug eines Lächelns, die kleinen Hände steckten in den Hosentaschen.
»Sieht so aus«, sagte er.
We nn wir zum Baumarkt gehen und Al an zu Hause bleibt, nimmt er automatisch meine Hand, wenn wir eine StraÃe überqueren. Doch sobald wir auf der anderen Seite sind, lässt er wieder los. Es ist nur ein Au genblick, in dem sich die kleinen Finger in meine Handfläche schmiegen. Und im Baumarkt hebe ich ihn manchmal hoch, um ihm die Zangen und Schraubenzieher zu zeigen.
»Mein Junge arbeitet gerne mit seinen Händen«, habe ich neulich ohne nachzudenken gesagt.
Solche Momente gibt es.
Und dann sind da Momente, wie auf dem Jahrmarkt der Kobolde letzten Monat. Wi r hatten furchtbare
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