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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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roch nach Früchten.
    Sie hätte beinahe gelacht, als sie sah, wie Jonan die Schüssel von sich wegschob und immer wieder den Kopf schüttelte, wenn das Mädchen auf seine Füße zeigte. Es fiel ihm schwer, sich bedienen zu lassen, so wie den meisten Menschen, die nicht damit aufgewachsen waren.
    Ana hatte es als Kind gelernt. Sie neigte sich zu Jonan hinüber. »Lass sie ihre Arbeit machen. Sonst glaubt sie, sie habe etwas falsch gemacht.«
    »Ich möchte meine Füße selbst waschen«, sagte Jonan steif.
    »Das wäre sehr unhöflich. Du würdest sie beschämen.« Ana warf einen Blick auf das Mädchen.
    Es hockte neben der Schüssel und sah Jonan an. Als es Anas Aufmerksamkeit bemerkte, zeigte es auf sich, die Schüssel und Jonan.
    Sie versteht unsere Sprache nicht , dachte Ana. Das erschien ihr seltsam bei einem Volk, das so viel Handel trieb.
    »Lass sie deine Füße waschen«, sagte sie. »Erweise ihr diese Ehre.«
    Jonan verzog das Gesicht, als habe sie ihn gebeten, zum Aderlass zu gehen, doch dann streckte er zögernd die Beine aus. Das Mädchen lächelte und tauchte ein Stück Stoff in ihre Schüssel.
    Ana sah zu Merie, der das Ritual nicht unangenehm zu sein schien. Sie befolgte die stummen Anweisungen ihrer Dienerin mit großer Ernsthaftigkeit und bedankte sich, als man ihr Hände und Füße abtrocknete.
    »Hält deine Familie Haussklaven?«, fragte Ana.
    »Nur welche für die Feldarbeit.« Merie rollte die Hosenbeine herunter. »Meine Lehrer haben mir beigebracht, wie man mit Dienern umgeht. Das hat mir mehr Spaß gemacht als Rechnen.«
    »Was haben sie dir sonst noch beigebracht?«
    »Lesen und Schreiben, Geschichte und wie man ein Gut verwaltet.« Merie hob die Schultern. »Für alle Fälle, sagt meine Mutter immer.«
    Sie sah Ana an, wirkte auf einmal viel jünger als noch einen Augenblick zuvor. »Ich werde sie doch wiedersehen, oder?«
    In ihren Worten lag etwas Flehendes. Sie wollte nicht die Wahrheit hören, sondern eine Bestätigung.
    Ana erfüllte ihr den Wunsch. »Ja, natürlich«, sagte sie, während ihre Gedanken um die Frage kreisten, woher einfache Leute die Mittel für Hauslehrer hatten und weshalb sie ihrer Tochter Wissen beibringen ließen, das weit jenseits von dem lag, was sie je im Leben brauchen würde.
    Die Schüsseln wurden aus dem Zelt gebracht, dann stand Abinkehruz auf. »Ehrenwerte Gäste, esst und trinkt. Beschämt die Bur nicht durch Bescheidenheit.«
    Ana neigte den Kopf. Ihr Magen knurrte. Die Tabletts vor ihr waren beladen mit Fleisch, Gemüse, Brot und Obst. Krüge mit Gewürzwein und Bier standen zwischen ihnen. Sie suchte vergeblich nach einem Kelch oder Becher und nahm schließlich einen ganzen Krug.
    »Mein Vater, der Fürst«, sagte sie laut, »hatte einen Trinkspruch für besondere Gelegenheiten, wenn er wusste, dass er unter Freunden war.« Der Krug war so schwer, dass ihr Arm zitterte. »Er lautet: Auf die Helden, auf die Weisen, auf die Treuen und die Großen. Auf euch.«
    Es war nicht der Trinkspruch ihres Vaters, sondern der seines Generals, aber es gab niemanden, der sie hätte verraten können.
    Die Bur johlten und hoben ihre Krüge. Dann begannen sie zu essen.
    Es gab keine Messer oder Löffel. Man aß mit den Fingern und teilte sich die Krüge. Ab und zu tauchten Frauen auf und brachten Nachschub, blieben aber nicht. Außer Ana und Merie saßen nur Männer im Zelt.
    »Warum feiern eure Frauen nicht mit euch?«, fragte Jonan nach einer Weile.
    Nerasnahru rülpste. »Sie haben ihr Leben, wir das unsere. Wir halten das ziemlich getrennt, außer natürlich zum …« Er machte eine vulgäre Handbewegung, die Ana erröten ließ.
    »Nerasnahru.« Abinkehruz zog die Augenbrauen zusammen. »Wir haben Gäste.«
    »Verzeih, daran hatte ich nicht gedacht.« Der Krieger verneigte sich vor Ana, dann vor Jonan und Merie. »Ich gebe dem Wein die Schuld für meine Torheit.«
    Ana lächelte. »Dann bestraft ihn, indem Ihr noch etwas davon trinkt.«
    Die Krieger lachten höflich.
    Abinkehruz stellte seinen Weinkrug zur Seite und sah Jonan an. »Was er sagen wollte, ist, dass wir uns nicht in das Leben unserer Frauen einmischen und sie sich nicht in das unsere. Bei den Bur hat jeder seine Aufgaben, so ist es seit dem ersten Stamm. Wir Männer kümmern uns um alles außerhalb des Lagers, die Frauen um alles innerhalb. Wir sprechen nicht einmal dieselbe Sprache. Es ist besser so.«
    Merie lehnte sich zu Ana herüber. »Ich bin froh, dass ich keine Bur bin«, flüsterte sie.
    Jonan

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