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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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rechtzeitig wieder auf, um mir einen Stiefel zu zeigen, der auf mein Gesicht zuflog. Wieder Dunkelheit. Ich warf mich zur Seite, und zwar auf eine Weise, von der ich hoffte, dass sie für ihn unerwartet kam. Ein
Streifhieb gegen die Schulter schleuderte mich auf das Deck. Bei der Landung wurden die Knie meiner Jeans aufgerissen. Ich vermutete, dass Rannu erneut in der Luft war, und rollte mich zurück, bevor ich wieder hochkam. Gleichzeitig hörte ich, wie seine Kampfstiefel genau vor mir auf das Flugdeck knallten.
    Mein Sehvermögen kehrte zurück, aber das Bild war körnig und mit Rauschen durchsetzt. Rannu wandte sich mir zu. Ich sprang hoch, schaffte es irgendwie, seinen Kopf zu packen, und rammte ihm das Knie ins Gesicht, so kräftig, dass ich etwas knacken hörte. Selten hatte ein Schlag mir so große Befriedigung verschafft. Er wankte zurück, während ich landete, blieb aber auf den Beinen. Wieder sprang ich, und diesmal zielte ich mit beiden Knien gegen sein Kinn, während ich die Ellbogen auf seine Schädeldecke niedersausen ließ. Er parierte mit einem Faustschlag. Eigentlich hätte mein Angriff ihn töten müssen, ob er nun ein aufgerüsteter Cyborg war oder nicht, aber er besaß trotzdem die Geistesgegenwart, mir einen verdammten Schlag zu versetzen.
    Er rammte mir seine Faust in den Bauch und warf mich zurück, während ich noch in der Luft hing. Aber er war verletzt, sein Gesicht blutüberströmt. Es hatte das eigenartig gespaltene Aussehen, das von einer gebrochenen subkutanen Panzerung herrührte. Seine Züge wirkten verzerrt. Ich trat vor, in der Hoffnung, den winzigen Vorteil ausnutzen zu können, den ich vielleicht noch hatte. Ich griff erneut an, aber er war gar nicht mehr da. Ich beging den Fehler, nach oben zu blicken, statt mich einfach nur zu bewegen, als sein Stiefel auf meine Schädeldecke knallte und mich auf das Flugdeck warf. Ich versuchte aufzustehen und erhielt einen weiteren Tritt gegen den Kopf. Wieder landete ich auf dem Boden. Ich erwartete, dass er mir jetzt den Rest gab, aber nichts geschah.
    Es gelang mir, mich auf Händen und Knien hochzustemmen. Ich spuckte Blut und blendete die Warnzeichen auf meinem flackernden
internen visuellen Display aus, da sie mein komplettes Sichtfeld auszufüllen schienen. Rannu war zurückgewichen. Er stand mehrere Meter von mir entfernt und beobachtete mich nur, weil ihm etwas klar geworden war, was ich noch nicht erkannt hatte. Es wurde mir bewusst, als ich die Stammesgesänge und den Jubel der Menge hörte. Das Ganze war eine Show. Vielleicht hatten die abgestumpften Veteranen so etwas schon oft gesehen, aber welche Rolle spielte das? Wer miterlebt hatte, wie seine Einheit von den Tentakeln einer Alien-Maschine zerfetzt wurde, ließ sich nicht mehr so leicht von Dingen beeindrucken, die im Viz zu sehen waren. Trotzdem waren die römischen Legionäre immer wieder ins Kolosseum gegangen, und Vets sahen sich immer wieder Wettkämpfe an. Es war erheblich sicherer, anderen beim Kämpfen zuzusehen, als es selber zu tun, und ich musste zugeben, dass ich ein ziemlich guter Kickboxer mit großem Unterhaltungswert war.
    Rannu war besser als ich, aber in diesem Fall ging es um etwas anderes. Wenn zwei Männer mit ähnlichem Geschick gegeneinander kämpften, gewann immer der hungrigere von den beiden. Und ich war der hungrigere von uns beiden. Ich kämpfte nicht nur um mein eigenes Leben, sondern auch um das von Morag und dem Heiden. Einerseits mochte ich den Heiden, obwohl er das Potenzial hatte, mein Leben noch komplizierter als bisher zu machen. Wahrscheinlich galt dasselbe für Morag, doch in diesem Moment wollte ich um jeden Preis verhindern, dass ihr wehgetan wurde. Die Intensität dieses Wunsches überraschte mich selbst. Ich kämpfte um mein Leben, und dieser Kerl war immer noch der Meinung, dass er eine gute Show abziehen konnte.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn hätte besiegen können, wenn ich in Topform gewesen wäre, aber er war jünger, schneller und stärker als ich. Und wenn ich ehrlich war, musste ich einräumen, dass er vermutlich weniger schlechte Angewohnheiten
hatte als ich. Das machte mich richtig fertig. Ich war erst dreißig - eigentlich schon recht alt in unserer schönen neuen Welt -, und Rannu bewies mir soeben, dass ich zum Altmetall gehörte. Vielleicht war es das gewesen, wovon Balor gesprochen hatte. Ich hatte all die Verbesserungen und Fähigkeiten. Selbst in einer Gesellschaft, die völlig auf den Krieg ausgerichtet war,

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