Der Visionist
wird niemandem etwas geschehen. Wenn aber nicht …“ Wieder klopfte er für alle sichtbar auf seinen Gürtel mit dem Sprengstoff.
In einer Ecke weinte das kleine Mädchen immer noch. Sein Schluchzen übertönte alle anderen Geräusche.
„Ich möchte, dass Sie gleich Ihre Handys vorholen. Und zwar ganz langsam. Wir werden die Dinger einsammeln. Ich brauche wohl nicht zu betonen, wie dumm es wäre, wenn irgendjemand den Helden spielen will. Damit unterschreiben Sie Ihr Todesurteil. Ist das klar?“
Niemand sagte ein Wort, keiner rührte sich.
„Ausgezeichnet! Nehmen Sie jetzt Ihre Handys aus den Taschen.“
Talbot trug blaue Jeans und feste Arbeitsstiefel. Lucian registrierte die kleinen Details, damit er den Mann später genau beschreiben und vielleicht identifizieren konnte. Vorausgesetzt, er kam hier lebend heraus und es gab ein Später.
Der Terrorist blickte kurz zu Olshling, der wie befohlen am Funkgerät seine Leute aus dem Gebäude schickte. Er klang, als habe er Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Talbot wandte sich an Tyler Weil. „Sie können das Museum und diese Leute nur retten, indem Sie genau das tun, was wir Ihnen sagen. Sie sind verantwortlich hier, deshalb ist es Ihre Entscheidung. Haben Sie verstanden?“
„Was wollen Sie?“, fragte Weil. Er klang nicht gerade so, als wolle er mit den Terroristen kooperieren.
„Haben Sie verstanden?“
Lucian antwortete für Weil. „Ja, er hat es verstanden.“ Talbot musterte ihn einen Moment lang, und Lucian blickte dem Mann direkt in die braunen Augen. Nichts war darin zu erkennen als äußerste Entschlossenheit. Lucian drückte den Arm gegen seine Glock im Schulterholster. Er konnte die Waffe nicht einsetzen. Zu viele Menschen befanden sich im Innenhof, es waren zu viele Terroristen, es gab zu viele unbekannte Faktoren. Aber Lucian war feuerbereit, sobald sich ein Moment ergab und wenn ein gezielter Schuss sinnvoll war.
Olshling stellte das Funkgerät aus.
„Alles klar?“, fragte der Anführer.
„Ja.“
„Ihre Leute haben verstanden, was sie tun sollen?“
„Ja, aber es wäre …“, begann Olshling nervös.
„Kein verdammtes Gequatsche! Ich will nur Antworten auf meine Fragen. Die Leute haben kapiert, was sie tun sollen?“
„Ja.“
Einer der maskierten Männer kämpfte sich durch die Menge vor zum Podium. Er schleppte Nina Keyes hinter sich her. Ein kleines Mädchen klammerte sich an ihre Hand, doch Nina versuchte, sich von dem Kind loszureißen und es von sich wegzustoßen.
„Veronica, lass mich los! Geh weg hier! Renn davon!“
„Nein!“ Das kleine Mädchen schüttelte so heftig den Kopf, dass ihm die braunen Locken über die Schultern flogen.
„Kleines, ich möchte, dass du mich loslässt!“ Nina klang verzweifelt.
„Ich lasse … ich lasse dich nicht weggehen“, schluchzte das Mädchen.
Dies war offenbar das Kind, das Lucian die ganze Zeit hatte weinen hören. Ihr kleines Gesicht war von Angst verzerrt, doch sie wirkte auch entschlossen.
Nina Keyes versuchte immer noch, ihre Hand aus dem eisernen Griff des Kindes zu befreien, doch Veronica klammerte sich mit aller Kraft an ihre Großmutter. Sie war nicht von ihrer Seite zu bewegen.
Das Mädchen glaubt, sie kann das Leben der alten Frau retten , ging es Lucian durch den Kopf.
Der Mann, der Nina Keyes zum Podium geschleppt hatte, schnallte den Bombengürtel von seinem Bauch ab und band ihn ihr um. Die kleine Veronica klammerte sich am Bein ihrer Grandma fest.
„Was tun Sie denn da?“ Nina versuchte, sich zu wehren.
„Halt’s Maul!“, brüllte er sie an.
Lucians Magen zog sich zusammen, als ihm klar wurde, was die Männer vorhatten. In diesem Augenblick kam der größte der maskierten Männer zum Podium. Mit Gewalt schleifte er zwei Frauen hinter sich her, als wären sie Müllsäcke: Deborah Mitchell liefen die Tränen übers Gesicht, während Marie Grimshaw ihren Peiniger mit wütenden Flüchen bedachte. Der Mann spuckte sie an, und sie brüllte ihm noch mehr Beleidigungenins Gesicht. Für einen Moment ließ der Kerl sie los und verpasste ihr eine Ohrfeige, die Marie in Deborah hineinstolpern ließ, die daraufhin auf den harten Boden fiel. Sie schluchzte nun lauthals, und der Terrorist trat nach ihr und schrie sie an, sie solle mit dem Geflenne aufhören. Als sie weiterheulte, trat er noch einmal in ihren Körper, dann wandte er sich Marie zu und trat auch sie. „Hoch, ihr beiden, steht auf! Na, macht schon!“
Lucian konnte kaum mit ansehen,
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