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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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eingeschlafen ist, und eine der Nonnen hat ihn unversehens mitgefressen.«
    Die Flößer brüllten vor Lachen, und Alois, der neuerdings den Mathes immer bekräftigte, fügte boshaft hinzu: »Ja, freilich, drum heißt’s auch: Es stinkt wie ein Nonnenfurz!«
    Die ausgelassene Bande wieherte vor Vergnügen, und der Michl ließ zur Bekräftigung neben dem Gottschalk krachend einen fahren.
    Peter hatte inzwischen die Rolle des Retters akzeptiert, und er ließ sich zusammen mit dem Leonhart bereitwillig feiern. So verwunderte es ihn auch nicht, als Agnes mit einem Extrahumpen auf ihn zukam. Aber die Wirtin knallte das Trinkgefäß mit eisigem Blick vor ihn hin. »Sehr zum Segen!« beschied sie ihn. »Und verschluck dich nicht!«
    Die Mehrzahl der Flößer war schon zu betrunken, um die Mißstimmung noch wahrzunehmen. Peter schaute sich um, doch der Nickel Caspar war verschwunden. Paul warf ihm einen wissenden Blick zu.
    Zum Glück wußte Andreas, der alte Hagestolz, ein tröstendes Wort. »Erst umschwirren sie einen«, lallte er, »wie die Mücken das Licht, und auf einmal werden sie kratzbürstig und stechen zu. Versteh’ einer die Weiber.«
    Als Peter am Ende der Zecherei die Treppen hochwankte und erschöpft die Klinke zur Kammer der Agnes drückte, fand er die Tür verschlossen.
    »Merkwürdig«, sinnierte er halblaut und reichlich umnebelt, »die einen werden zu Unrecht eingesperrt, die anderen zu Unrecht ausgesperrt. Da versteh’ einer diese ganze verdammte Welt.«

14. Kapitel
     
    Das Gerücht hatte sich entweder nicht schlafen gelegt oder sich noch vor den Bürgern in Unrast wieder erhoben. Denn als der Morgen kaum graute, hatte es die erwachende Stadt bereits fest im Griff. Auf den Märkten und in den Werkstuben der Handwerker, bei den Bettlern am Kirchhof und in den vornehmen Häusern – überall wurde der bevorstehende Krieg zum Tagesgespräch, und wie die Menschen in ihrer Vielfältigkeit von jeher der Mühsal des Lebens bald heiter und zuversichtlich, bald mißmutig und ängstlich begegneten, so waren auch die Reaktionen auf die Nachricht von unterschiedlichster Art. Die einen legten sorgenvoll die Stirn in Falten oder lamentierten gottserbärmlich, andere redeten sich Mut zu, vertrauten auf die eigene Stärke und die Tüchtigkeit ihres Königs, und wieder andere spotteten über das Ansinnen des Feindes und verwiesen großmäulig auf den Sieg bei Gammelsdorf, an dem etliche Münchner im Aufgebot der Stadt Anteil gehabt hatten. Bei soviel Zuversicht erschien nicht so sehr die Drohung des Krieges an sich erschreckend, als vielmehr die Tatsache, daß man nichts Genaues wußte. So blieb nicht aus, daß bald auch diesbezüglich die Gerüchteküche brodelte. Mal hieß es, daß der Feind im Westen schon bei Landsberg stehe und auf der anderen Seite den Inn überquert habe. Dann wieder wurde beschwichtigt, daß Friedrich und Leopold noch nicht einmal das Heer aufgestellt hätten. Die Alten erzählten Greuelgeschichten von kindermordenden und frauenschändenden Ungarn, während einige der jungen Burschen vor Kraft und Rauflust kaum laufen konnten.
    Nicht so Peter. Der schlich an diesem Samstagmorgen zunächst ziemlich betreten umher und versuchte der Agnes aus dem Weg zu gehen. Die freilich spürte ihn auf wie der Jagdhund den Fuchs und stellte ihn lautstark in der Küche zur Rede.
    »Ist dem feinen Herrn mein Bett auf einmal nicht mehr gut genug, daß er um vornehme Küken balzt?«
    »Aber Agnes…«
    »Mag sein, daß ihr Arsch noch etwas fester ist, aber sie weiß nichts vom Leben!«
    »… ich hab’ doch nur…«
    »Schweig still, du erbärmlicher Weiberheld!« überfuhr ihn Agnes. »Schöne Augen hast du ihr gemacht, daß die Marktweiber vor Neid fast geplatzt sind. Dabei weißt du wahrscheinlich überhaupt nicht, was das für eine ist.«
    »Wieso?« fragte Peter arglos.
    »Siehst du«, triumphierte Agnes. »Ein Schaf erkennt wenigstens noch den Wolf. Aber du kannst eine Jungfer nicht von einer Dirne unterscheiden, auch wenn ihr die Geilheit schon in den Augen steht.«
    »Du bist gemein!« protestierte Peter.
    »Und du ein Rindvieh!« kam es prompt zurück. »Was glaubst du wohl, was man sich über das feine Flittchen alles erzählt? Der alte Pütrich muß vor Eifersucht fast krank geworden sein und rutscht seither mehr über Kirchenböden als über sein junges Weib. Und eines Tages war sie plötzlich verschwunden und tauchte erst nach einem knappen Jahr wieder in der Öffentlichkeit auf. Man sagt, der Alte

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