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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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Miene.
    »Wie?«
    »Nun, beispielsweise im Prozeß gegen Jakob Krinner.«
    »Die Schuld lag doch klar auf der Hand!« rief Heinrich Pütrich ungehalten.
    »So klar nun auch wieder nicht, wie mir mein Schreiber berichtete, und die Protokolle lassen sich rasch herbeischaffen. Wie mir scheint, kam der belastenden Aussage des Konrad Peitinger erhebliche Bedeutung zu.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Nun, ich kann mir schwer vorstellen, daß der Pfleger die Aussage allein im Dienste der Gerechtigkeit machte. Er war durch seine Trinkerei meist in Geldnöten, und da lag es doch nahe, daß er sich eine kleine Anerkennung erhoffte.«
    »Wollt Ihr damit andeuten, ich hätte ihn gekauft?« brauste der Alte auf.
    »Natürlich nicht!« wiegelte der Richter ab. »Aber versetzen wir uns einmal in die Lage von Konrad Peitinger. Er wird enttäuscht gewesen sein, fühlte sich geprellt und um den Lohn betrogen. Und wir fragen uns nun: Was hat dazu geführt? Ihr habt ihm also erhofften Lohn vorenthalten und ihn statt dessen vielleicht sogar noch von oben herab behandelt. Also sann er auf Genugtuung.«
    »Worauf wollt Ihr hinaus?« fragte der Bruder, inzwischen ebenfalls mißtrauisch geworden.
    »Er könnte sich geholt haben, was man ihm freiwillig nicht gab. Peitinger kannte die Örtlichkeit, und so kommt er als Dieb für den Einbruch bei Euch sehr wohl in Frage. Jedenfalls erheblich mehr als dieser Flößer, der zu dem Zeitpunkt schon halb tot schien. Haltet Ihr dies nicht auch für wahrscheinlich?«
    Peter zollte dem Richter insgeheim Bewunderung dafür, wie er den Pütrich in die Enge trieb, denn entweder räumte dieser jetzt den Einbruch ein und setzte sich damit dem Verdacht aus, auch mit dem Tod des Peitinger etwas zu tun zu haben, oder er spielte erneut den Einbruch herunter, was ebenfalls Fragen nach sich zog. Pütrich schien die Falle auch zu wittern. Zumindest wirkte er zunehmend verunsichert und entschied sich diesmal sogar für eine regelrechte Verleugnung des Einbruchs.
    »Das ganze ist ein bedauerlicher Irrtum«, murmelte er kaum vernehmbar.
    »Ich verstehe nicht«, erwiderte Konrad Diener. »Wollt Ihr damit sagen, es hat überhaupt keinen Einbruch gegeben?«
    »Es ist so«, wand sich Pütrich, »der Anselm… Ihr habt ja selbst gesehen, wie gebrechlich er schon ist… nun, ich habe da wahrscheinlich das Schränkchen aus Versehen offenstehen lassen, und der Anselm räumte die Reste des Frühstücks ab, und da hat er möglicherweise gedacht… jedenfalls, als ich von der Messe zurückkam, da lief er mir schon entgegen und faselte von einem Einbruch. Wie ich schon sagte: Nichts als ein bedauerlicher Irrtum und das Hirngespinst eines gebrechlichen Dieners.«
    »Aber, aber, Herr Pütrich!« entgegnete der Richter beinahe spöttisch, in Wahrheit eher bedrohlich. »Ich sehe Euch doch noch ganz deutlich vor mir, wie Ihr über den Einbruch schier außer Euch wart. Nun, was fehlt also?« setzte der Richter zielsicher hinterher.
    »Wie? Nichts natürlich. Ich sagte doch: nichts!«
    »Warum seid Ihr dann nicht zu mir gekommen, um die Sache aufzuklären? Ein Unschuldiger hätte dafür hängen können.« Der Richter schien jetzt tatsächlich zornig zu sein.
    »Wie ich dem da schon erklärte und offenbar vergebens«, preßte Pütrich verächtlich hervor und deutete erneut auf Peter, »läßt sich ein Schaden im Handel manchmal nicht augenblicklich ermessen. Ich mußte erst mühsam die Papiere prüfen und…«
    »Das glaubt Euch keiner, Herr Kaufmann!« griff der Richter nun frontal an. »Ich jedenfalls nicht. Wollt Ihr mir am Ende noch weismachen, daß auch das Floß mitsamt der Ladung nicht abhanden kam, sondern alles nur ein Irrtum des Anselm war? Also, was ist?«
    »Es war, wie ich sagte«, beharrte Pütrich wutschnaubend und mit hochrotem Kopf. »Ich lasse gelegentlich das Schränkchen offenstehen und… Fragt doch den Schnüffler da! Er hat es ja selbst gesehen, als er sich Einlaß bei mir erschlich.« Pütrichs Miene erschien jetzt leicht triumphierend ob dieses Einfalls und Entlastungsangriffs.
    Der Richter war tatsächlich ein wenig aus dem Konzept gebracht und schaute Peter fragend an. Der nützte die Gelegenheit und wandte ein: »Aber Ihr bewahrt doch auch persönliche Dinge darin auf. Könnte da nicht…«
    »Was gehen Euch meine persönlichen Dinge an?« überfuhr ihn der Alte gehässig. »Es fehlt jedenfalls nichts.«
    »Ihr müßt wissen«, schaltete sich nun der ältere Ludwig Pütrich zur Entlastung ein, »daß mein

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