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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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Rock und verschoß wütende Blicke, sagte aber nichts.
    »Nach den bedauerlichen Vorfällen der letzten Tage soll doch nicht noch mehr Unheil geschehen«, fuhr der Kaufmann besänftigend fort. »Es hätt’ nicht soweit kommen dürfen, daß der arme Ferg sich erhängte. Aber wer konnte das voraussehen. Viel lieber wäre mir gewesen…«
    »Vielleicht hat er sich gar nicht erhängt«, warf Paul trotzig ein, dem die versuchte Anbiederei des Kaufmanns zuwider war.
    »Ah, ja? Wie meint Ihr das?« Ludwig Pütrich zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    »Vielleicht hat’s ihm jemand abgenommen«, mutmaßte Paul.
    »Hat man denn etwas gefunden, was darauf hindeuten könnte?« wandte sich Pütrich jetzt an Peter, den er für den Zugänglicheren hielt.
    »Ich wünschte, es wär’ so, damit man den oder die Mörder zur Rechenschaft ziehen könnte.«
    »Fragt doch den da!« Der gestürzte Knecht hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt und zeigte wütend auf seinen Angreifer. »Ihr habt doch gesehen, wie er aus heiterem Himmel auf mich losging. Er wird auch den Jakob auf dem Gewissen haben.«
    »Halt das Maul!« schrie Peitinger mit wutverzerrtem Gesicht, von Pütrich zurückgehalten, als er sich erneut auf den Burschen stürzen wollte.
    »Schweigt jetzt still, Mann! Nehmt Euch zusammen!« Der Kaufmann blitzte den Pfleger erbost an. »Schrecklich, schrecklich«, fuhr er gleich darauf kopfschüttelnd und wieder mit sanfter Stimme fort. »Soviel Unglück. Der Ferge hat sicher nichts Übles gewollt.« Er wandte sich wieder an Peter. »Aber Gesetz ist nun mal Gesetz. Das versteht Ihr sicher. Trotzdem fühle ich mich in irgendeiner Weise schuldig und möchte helfen, wenn ich nur könnte.« Er nahm eine Börse vom Gürtel und hielt sie Peter hin. »Dem Toten kann es das Leben leider nicht zurückgeben, aber den Lebenden kann es sicher nützen in ihrer Not. Möchtet Ihr dies Geld der Familie zukommen lassen?«
    »Blutgeld!« raunzte Paul.
    Peter war einen Augenblick unschlüssig, dachte dann aber, daß es der Familie nach dem Tod ihres Ernährers tatsächlich schlechtgehen würde und nahm das Geld. »Die Witwe selbst soll entscheiden, ob sie die Hilfe annimmt oder zurückweist. Dank Euch einstweilen.«
    Der Kaufmann deutete lächelnd eine kurze Verbeugung an, wandte sich um und verließ die Lände, den Peitinger vor sich herschiebend.
    Noch ehe Paul ein Wort sagen konnte, kam ihm Peter zuvor: »Nein, sag jetzt nichts, bitte! Die Familie wird’s wahrscheinlich wirklich brauchen.«
    Paul schwieg, aber es war ihm anzusehen, daß er eine Menge zu sagen hätte. Nach einer Weile – Paul hatte sich schon wieder seiner Arbeit zugewandt – kam Peter nochmals auf ihn zu: »Sag mal, wie hast du denn das gemeint, vorhin?«
    »Was?«
    »Na, diese Bemerkung, daß jemand dem Jakob das Aufhängen vielleicht abgenommen hat.«
    »Ich hab’s aus Wut gesagt, weil ich diese Scheinheiligkeit kaum mehr ausgehalten hab’.«
    Peter wollte jetzt nicht auf die feindselige Haltung Pauls dem Kaufmann gegenüber eingehen. »Und? Glaubst du’s?«
    »Hm.«
    »Mich hat der Richter drauf gebracht. Weißt du, ich hab’ von Anfang an nicht geglaubt, daß sich Jakob selbst umgebracht hat. Ich war nur zu dumm zu fragen: Wer war es dann?«
    »Dann muß es einen Mörder geben«, folgerte Paul richtig.
    »Genau!« Peter strahlte seinen Freund an, als hätten sie das Rätsel soeben schon gelöst. Aber die Freude entsprang mehr dem Gefühl, daß sie wieder auf einer Seite standen, gemeinsam eine Sache verfolgten.
    »Und wenn schon«, schob Paul sofort wieder eine Wolke vor Peters aufgehende Sonne. »Was könnten wir schon tun? Unseren Posten verlassen, herumziehen und einen geheimnisvollen Mörder suchen, über den wir nicht das Geringste wissen? Das ist das Geschäft Konrad Dieners und seiner Knechte.«
    Doch Peter hatte jetzt angebissen. »Wir wissen zumindest, wer der Tote ist. Wir nehmen mit Sicherheit an, daß er ermordet wurde. Und er hatte irgend etwas mit den Pütrichs und dem Peitinger zu schaffen oder die mit ihm. Das ist doch für den Anfang schon eine ganze Menge.« Peter lachte, während Paul ihn ansah, als hätte er soeben den Verstand verloren.
    »Und wenn wir Augen und Ohren offenhalten, dann wissen wir vielleicht bald schon mehr.«
    »Oder stecken in den schönsten Schwierigkeiten«, argwöhnte Paul, der Peters plötzlichen Eifer noch nicht teilen mochte und eher an die Erfahrung glaubte, daß es selten zu etwas Gutem führte, wenn jemand seinen

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