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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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Rasen herumzutollen. Jenny war fest davon überzeugt gewesen, dass die Weide vor Jahren gefällt worden war. Sie erinnerte sich, wie traurig sie darüber gewesen war, dass der charaktervolle Baum nicht mehr da war. Offenbar hatten auch andere Leute die Weide vermisst, denn jetzt war da wieder eine. Auf dem alten, angestammten Platz. Jenny bog in den Weg ein, der an ihrem früheren Wohnhaus entlang führte. Sie würde auf der anderen Seite in der Parallelstraße herauskommen. Dann konnte sie den gleichen Weg durch das Wohngebiet nehmen, wie sie ihn früher die ersten paar Monate der Grundschule gegangen war. Vor der Haustüre blieb sie stehen. Vielleicht wohnte noch jemand hier, den sie von früher kannte. Es waren fast zehn Jahre vergangen. Jenny wollte gerade auf die Klingelschilder schauen, als ihr Blick geradeaus in die Parallelstraße an einem grünen Auto haften blieb. Sie lachte auf.
    « Das ist ja wohl der Hammer! »
    Es war ein grüner Opel Kadett. Genau, wie ihr Stiefvater, Nataschas Vater, damals einen gefahren hatte, als sie noch hier wohnten. Es war das gleiche Modell, die gleiche Farbe und es musste sogar in etwa das gleiche Baujahr sein. Der Wagen davor war auch ein älteres Modell, als wäre die Zeit hier stehen geblieben. Amüsiert blickte Jenny auf die Klingelschilder. Wenn sie geglaubt hatte, dass sie an diesem Tag nichts mehr überraschen konnte, so hatte sie sich gewaltig geirrt. Zunächst fing es harmlos am obersten Namensschild an:
    Mattel . Cool! Kenn ich noch.
    Brandtke. Nanu ?
    Steinmann . Nein! Unmöglich!
    Das konnten nicht die Steinmanns von damals sein, denn die wohnten jetzt auf dem Land. Jenny ging mit der ältesten Tochter auf die Schule.
    Malewski .
    « Was? » Jenny machte einen Schritt zurück.
    Was geht hier vor?
    Sie wusste, dass es besser gewesen wäre, ihren Weg so schnell wie möglich fortzusetzen, aber sie konnte nicht anders.
    Krastl.
    Stand auf dem untersten Klingelschild. Erschrocken sprang Jenny zurück. Das war die Wohnung, in der sie als Kind gelebt hatte. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Auf einmal fühlte sie sich furchtbar schwach und bekam weiche Knie. Ihr Kopf begann zu schmerzen. Sie drehte sich um die eigene Achse, sah in die Balkone der Wohnungen um sie herum, die Sonnenschirme mit den altbackenen Mustern, die aber wie neu aussahen. Auch die Autos sahen aus wie frisch aufpoliert, einfach neu. Dabei waren sie allesamt alt.
    Wach auf, Jenny! Du träumst!
    « Wach auf, Jenny », sagte sie.
    « Verdammt nochmal wach auf! », schrie sie.
    Übelkeit überkam sie und ein farbiger Schleier legt sich vor ihre Augen.
    Nicht jetzt. Bitte nicht jetzt!
    Jenny begann zu laufen. Vorbei an dem Auto, das ihnen gehört hatte, weg von der Hauptverkehrsstraße ins Wohngebiet hinein. Sie ließ den Rucksack vom Rücken auf den Boden gleiten, damit sie schneller vorankam. Der bunte Schleier waberte stärker und stärker um ihre Augen. Sie konnte kaum mehr erkennen, wo sie hinlief, rieb verzweifelt ihre Augen. Ihr Kopf hämmerte vor Schmerz im Takt einer tickenden Bombe. Ihre Knie waren weich wie Gummi. Da spürte sie einen heftigen Ruck an der rechten Schulter, riss die Augen auf.
    « Hallo? Jemand da? » Eine Hand wehte wie eine Fahne vor ihrem Gesicht.
    Kathrin! Was macht sie hier?
    « Hallo Jenny. » Kathrin schüttelte sie an den Schultern. « Alles okay? »
    Kathrin gehörte zu Jennys Handballmannschaft und war eine gute Freundin.
    Jenny schüttelte sich und sah sich prüfend um.
    Wo bin ich?
    Da der Schuhladen.
    Was geht hier vor?
    « Hi Kathrin. Ja … Ja, alles in Ordnung », sagte sie schließlich zögernd.
    Dabei war nichts in Ordnung. Sie stand genau dort, wo sie vor ihrem Blackout gestanden hatte. Als sei sie nie weggewesen. Schnell sah sie auf die Uhr. Es war zwei Minuten vor vier. Wie konnte das sein?
    Bin ich im Gehen eingeschlafen? Und hatte einen meiner realistischen Träume?
    « Du siehst aus, als hättest du nen Geist gesehen. Bist wohl grad ganz wo anders? » Kathrin hielt Jenny ihren Rucksack entgegen, den sie fallen gelassen hatte.
    Du hast keine Ahnung, wie recht du damit hast.
    Die Übelkeit wand sich noch immer wie eine Schlange in Jennys Magen und ihre Beine fühlten sich an wie Gummischläuche. Langsam wankte sie zu dem großen Blumenkübel mit den Spieren vor dem Schuhladen und setzte sich auf dessen Rand.
    « Mir ist nur irgendwie ziemlich schlecht. »
    « Ja, du bist auch voll blass. »
    Hinter sich hörte Jenny eine Stimme: « Kann ich euch beiden

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