Der Wald des Vergessens
das Lieblingslokal der Kripo. Normalerweise hätte sie einen weiten Bogen darum gemacht, aber heute störte sie der Gedanke, möglicherweise auf die Kollegen ihres Mannes zu stoßen, nicht weiter. Vielleicht hatte sie sogar das Glück, Peter allein anzutreffen, auch wenn er behauptete, nur der dicke Andy mit seinem eisernen Griff schaffe es, ihn in die Kneipe abzuschleppen. Der zweite Anreiz war, dort zum Preis eines Sandwichs und eines Biers sowie eines netten Lächelns für Jolly Jack, den schwermütigen Wirt, kostenlos parken zu dürfen, während sie am Nachmittag ihre Einkäufe erledigte.
Ziemlich enttäuscht stellte sie fest, daß das Lokal fast leer war.
»Hab Sie lange Zeit nicht gesehen«, sagte der Wirt, als Ellie ihre langen Beine um einen Barhocker schlang. »Hab schon gedacht, Sie haben ihn verlassen.«
»Ich kann sehen, wie Sie gealtert sind, weil ich nicht da war«, erwiderte sie. »Ein kleines Best Bitter und einmal Roastbeef mit Senf, bitte.«
Auf der Bar lag ein Exemplar der Evening Post, und sie warf einen gedankenverlorenen Blick darauf, bis ihr ein Name ins Auge fiel.
Und zum zweiten Mal an diesem Morgen schien »Scheiße!« die einzig passende Vokabel.
Sie glitt vom Hocker und ging zum Telefon an der Tür. Die Nummer des Krankenhauses war ihr ins Gedächtnis eingebrannt, seit Peter dort mit den Verletzungen gelegen hatte, die er im Schacht der Zeche von Burrthorpe erlitten hatte. Sie kam gleich durch.
»Ich rufe wegen einer Freundin an, die auf der Intensivstation liegt«, sagte sie. »Wendy Walker.«
Es folgte ein Zögern, dann fragte eine andere Stimme: »Sind Sie eine Verwandte?«
»Nein. Eine Freundin.«
»Könnte ich bitte Ihren Namen haben?«
Einen Augenblick war sie kurz vor dem Explodieren.
Dann sagte sie: »Ist das nur sinnlose Bürokratie oder eine Polizeisache?«
Es war die richtige Frage gewesen.
»Spreche ich mit Mrs. Pascoe? Hier ist Dennis Seymour.«
»Dennis, großartig. Wie geht es ihr?«
»Sie ist noch immer nicht bei Bewußtsein, Mrs. Pascoe, aber noch besteht Hoffnung. Ähem, rufen Sie aus eigenem Interesse an oder für den Guv’nor?«
»Für mich, Dennis. Der Guv’nor, wie Sie ihn so archaisch zu benennen lieben, hat es nicht für passend erachtet, Wendys Unfall zu erwähnen.«
Das war unfair. Natürlich hätte Peter ihr davon berichtet, wenn er davon gehört hätte.
Sie sagte: »Was genau ist geschehen, Dennis?«
»Oh, sieht nach Fahrerflucht aus«, sagte er unbestimmt. »Sie ist vom Fahrrad gestürzt.«
»Im Abendblatt habe ich gelesen, daß es in Ludd Lane passiert ist.«
»Richtig.«
Ellie überlegte. Etwas stimmte hier nicht.
Sie sagte: »Und was machen Sie im Krankenhaus, Dennis?«
»Ich warte. Mr. Dalziel sagte, er will sofort wissen, wenn sie aufwacht.«
»Ach ja.« Eigentlich hatte sie Ach ja? sagen wollen. Sie kannte Dalziel und wußte, daß er die kostbare Zeit seiner Leute nicht damit verschwendete, im Krankenhaus herumzuhängen, um zu warten, daß Unfallopfer aufwachten. Noch nicht einmal, wenn es sich um Fahrerflucht handelte. Das hätte auch PC Hector machen können, und seine Chancen, ausnahmsweise einmal eine Aufgabe mit Erfolg zu erledigen, hätten sogar relativ gut gestanden.
Sie wußte, daß es nicht fair war, Seymour moralisch unter Druck zu setzen, um ihn dazu zu kriegen, daß er ihr mehr sagte, als er durfte, aber anders kam man nicht an die Wahrheit …
Da hörte sie hinter sich eine Stimme sagen: »Jack, eine schottische Pastete mit Erbsenbrei und für mein Kaninchen ein Salatsandwich.«
Ellie sagte: »Danke, Seymour. Grüße an Bernadette. Tschüs.«
Sie drehte sich zu Andy Dalziel, der seinen Allerwertesten in den einzigen Sessel des Lokals versenkte, der eine so großzügige Gabe zu empfangen in der Lage war. Wield war bei ihm. Der Wirt näherte sich bereits, ein schäumendes Bier in jeder Hand. Selbst Kabinettsmitglieder im Ritz wurden nicht besser bedient.
»Zum Salat, Mr. Wield, möchten Sie da noch etwas dazu?«
»Tomate wäre nett, Jack. Und vielleicht eine Scheibe Zwiebel.«
»Herr im Himmel, nur weil du wie ein Gemüse lebst, brauchst du das verdammte Zeug doch nicht auch noch zu essen«, sagte Dalziel voll Abscheu. »Hallo, Mädel, bist du das? Bei Gott, siehst du vielleicht gut aus. Merk dir das, Wield. Man füllt seine Jeans nicht mit Rosenkohl und Rüben!«
»Hallo, Andy. Bleib sitzen, Wieldy. Hallo!«
Wield, der halb aufgestanden war, sank wieder lächelnd auf seinen Sitz zurück. Dalziel, der
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