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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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darin; aber es ist mir vorgekommen, als ob heute abend Stimmen seufzten ... Stimmen, die ich noch niemals gehört habe!«
    »Das ist wohl möglich«, unterbrach ihn der von solcher Einleitung erstaunte Jäger; »man hört in der Steppe Dinge, die man in den Städten nicht hören kann; in der Steppe ist man Gott näher.«
    »Zwei Christen haben am eben verflossenen Tag durch unsere Hände ihr Leben verloren; die Gerechtigkeit würde ihnen Zeit gelassen haben, zu bereuen – sie haben keine dazu gehabt. Glaubst du, daß Gott ihnen vergeben hat? Sind diese Stimmen, die ich gehört habe, nicht die von zwei Seelen im Fegefeuer?«
    Der Jäger blieb einen Augenblick still. »Du kannst dir wohl denken«, sagte er zu Fabian, »daß ich im Verlauf meines Lebens, wie ich es immer geführt habe, niemals sicher war, den Untergang der Sonne zu sehen, wenn ich sie hatte aufgehen sehen, oder den Tag zu erleben, der der Nacht folgte, und oft an den Übergang aus diesem Leben in das andere gedacht habe. Wenn Pepe auch sagt, daß er immer nur aus Berechnung Schläfer gewesen sei, so habe ich doch häufiger und länger gewacht als er; ich habe darum auch viele Stunden der Nacht damit zugebracht, über diesen Gegenstand ins klare zu kommen. Wohlan, ich habe immer gesehen, daß ein guter Tod stets ein gutes Leben krönte und daß die Buße stets dem Verbrechen folgte. Ich habe daraus geschlossen, daß die Rechnungen eines jeden schon auf dieser Welt in Richtigkeit gebracht werden und daß, wenn die Seele sich vom Körper losmacht – möge sie nun die eines Gerechten oder die eines Bösen sein, das heißt, möge die Seele nun in ihrer ursprünglichen Reinheit oder durch die Büßungen des Lebens erst gereinigt sein –, sie beide doch vor Gott gleich und alle beide berufen sind, dieselbe Glückseligkeit zu teilen. Ob dies nun in der Geisterwelt geschieht, wie die Indianer es glauben, oder im Paradies der Weißen, das kann ich nicht entscheiden.
    Blicke auf den Tod dieser beiden Männer«, fuhr der Kanadier fort. »Der eine hatte nur ein Verbrechen begangen; zwanzig Jahre voller Gewissensbisse hatten es ohne Zweifel gebüßt, denn als Gott ihn zur letzten Buße verurteilt hat, ist der Tod, ohne daß er es ahnte, an ihn herangetreten. Der andere, besudelt mit allen Lastern, von seinem Gewissen niemals beunruhigt, hat in der kurzen Angst vor einem schrecklichen Tod mehr als zwanzig qualvolle Jahre durchgekämpft; einige Sekunden dieser Strafe haben hingereicht, seinen Verstand zu zerrütten.
    Nein, Fabian, du hast nicht die Stimmen zweier Seelen im Fegefeuer gehört; die Seele des Bösen ist ein Fegefeuer nur in seinem Körper.«
    »Ich muß dir glauben«, sagte Fabian; »ich habe noch wenig Lebenserfahrung, und du stehst an der Schwelle des Greisenalters; du hast viel gesehen, bist gereist, und die Lehren deiner Erfahrung haben in meiner Seele schon neue Gedankenreihen erweckt. Lassen wir also diese traurige Unterhaltung fallen.«
    »Wohlan«, sagte Bois-Rosé, »reden wir also von der Zukunft, die dir durch diesen Reichtum, dessen Herr du sein wirst, und durch den Namen, den du wiedererlangen mußt, bevorsteht. O Fabian, wirst du wohl zuweilen im Wirbel dieses neuen Lebens an den Greis zurückdenken, den Gott bestimmt hat, dir das Leben zu erhalten; in dessen Herz er für dich die Zärtlichkeit einer Mutter und die männliche Liebe eines Vaters gelegt hat und für den es eine große Freude gewesen wäre, dir Beweise davon zu geben?«
    »Beweise?« antwortete Fabian mit einer Wärme, die das Herz des Kanadiers vor Freude beben ließ. »Hast du mir nicht solche Beweise davon gegeben, daß auch die glühendste Dankbarkeit beinahe nur als Undankbarkeit erscheinen müßte?«
    »Ach«, sagte der Jäger, »als ich in dem jungen Mann, der mit einer von Schmerz und Ermüdung gebrochenen Stimme die Gastfreundschaft an meinem Feuer in Anspruch nahm; das Kind, das ich immer beweinte, wiedererkannt hatte, da wagte ich zu hoffen, irgend etwas für dich tun zu können. Ich konnte in Arizpe die Frucht einer zweijährigen Jagd in Empfang nehmen, auf der jeder Schritt eine Gefahr gewesen war; ich war in dem Gedanken glücklich, dir diese Summe zu überreichen – aber ein einziger von diesen Goldkieseln ist zehnmal mehr wert als sie! Was könnte ich jetzt ihrem Besitzer anbieten? Nichts weiter; nichts als den Tod für ihn!« fuhr der Jäger mit Bitterkeit fort. Dann, als er sah, daß Fabian immer noch schwieg, und er sein Schweigen vielleicht falsch

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