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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fällt, für den giebt es keine Rettung. Was thue ich jetzt?«
    Er blickte in die Tiefe hinab, aus welcher sich schon die Nebel zu erheben begannen, von denen die Berge ihren Namen bekommen hatten.
    »Es wird Nacht. Soll ich hier bleiben und sie während des Schlafes überfallen? Nein. Es wird stets Einer von ihnen wachen. Hätten wir doch diesen Tiburcio getödtet, damals in der Hazienda del Venado oder am andern Morgen im Walde! Dann hätten sie uns nicht diese prachtvolle Bonanza streitig machen können. Oder wäre er nur wenigstens dann im Salto de Agua ertrunken! Es bleibt mir nichts anderes übrig, als in das Lager zu reiten und während der Nacht die Goldsucher herbeizuführen, damit wir sie verhindern, am Morgen die Bonanza auszuräumen und sich mit den Schätzen zu entfernen!«
    Er stieg den Felsenweg hinab und schritt zu der Grotte. Auch hier ballten sich bereits die Nebel zu dichten Massen und ließen eine feuchte, kalte Nacht vermuthen. Er zog das Pferd heraus und schwang sich auf.
    Ueber den Steg zurück und die Schlucht hinab an der Pyramide vorüber konnte e nicht; er war also gezwungen, einen Umweg zu machen. Zwei Anhöhen, die ihm seitwärts den Weg zu versperren schienen, ließen, als er näher kam, trotz der tiefen Dämmerung ein Thal erkennen, welches ihn hinaus auf die Ebene führen mußte. Er bog in dasselbe ein.
    Das Pferd kam wegen des Gerölles, welches den Weg bedeckte, nur mühsam vorwärts, und erst als er die Höhen hinter sich hatte, konnte er es zu einem schnelleren Schritte antreiben.
    Dennoch war bisher wohl eine Stunde vergangen; vollständige Dunkelheit bedeckte die Erde, und nur einzelne Sterne glänzten vom Himmel hernieder. Da hielt er plötzlich und unwillkürlich sein Thier an. Er hatte Schüsse vernommen, deren Schall aus der Gegend des Lagers kam.
    »Was ist das? Sind wir wieder von den Wilden überfallen worden? Dann sind die Weißen verloren, jetzt, wo ihnen der Anführer fehlt!«
    Er zitterte beinahe vor Schreck, dennoch aber spornte er das Pferd zur Eile. Es war ihm nicht darum zu thun, am Kampfe teilzunehmen, sondern er folgte nur einem augenblicklichen Impulse, von dem er sich keine Rechenschaft abzulegen vermochte.
    So kam er eine tüchtige Strecke vorwärts, bis sein Thier plötzlich scheute und auf die Seite sprang. Eine Gestalt hatte sich gerade vor ihm aufgerichtet.
    »Wer da?« scholl es ihm entgegen.
    Er kannte diese Stimme, deren Klang seinen Muth wieder erhob.
    »Ich, Sennor Diaz!«
    »Ah, Baraja! Wo ist Oroche?«
    »Ich weiß es nicht. Wir haben uns getrennt.«
    »Aber ich weiß es, wo Ihr ihn habt, und wir werden später ein Wort darüber sprechen. Woher habt Ihr Cuchillo’s Schimmel?«
    »Ich fand ihn in einer Grotte, in welche er ihn versteckt hatte.«
    »Das ist ein glücklicher Zufall! Das Lager ist angegriffen; wir müssen den Unsrigen zu Hülfe eilen. Vorwärts, Sennor Baraja!«
    Er schwang sich hinter Baraja auf das Pferd und nahm dem Mörder die Zügel aus der Hand; seine Sporen eindrückend, veranlaßte er es zum eiligsten Laufe, und so flogen sie trotz ihrer Last und der Dunkelheit die gelinde sich neigende Ebene im Galopp hinab.
    »Ah, Ihr habt zwei Karabiner?« frug Diaz während des Rittes. »Der andere gehörte jedenfalls Oroche, den Ihr wegen des Goldblockes in die Tiefe gestürzt habt. Sennor Baraja, ich bin jetzt der Anführer der Expedition, und ich sage Euch, daß Euch nach dem Kampfe Eure Strafe erwartet!«
    Der Mörder antwortete nicht. Seine Brust preßte sich zusammen vor Angst über das Zusammentreffen mit den Indianern und vor der Anstrengung und Schnelligkeit des unbequemen Rittes, den nur ein Mann wie Diaz auf längere Zeit auszuhalten vermochte. Er hatte nur den einen Gedanken, sich diesem Kampfe und dann der Strafe zu entziehen, mit welcher ihm Diaz, der Indianertödter, drohte.
    Die Schüsse wurden von Minute zu Minute deutlicher. Sie schienen erst von einem bestimmten Punkte auszugehen, zerstreuten sich aber nach und nach über die Ebene.
    »Teufel, die Rothen haben gesiegt und verfolgen die flüchtigen Weißen! Vorwärts, vorwärts!«
    Das Pferd wurde gezwungen, weiter auszugreifen. Das Lager war nur noch höchstens zehn Minuten ferne. Einzelne dunkele Gestalten und mit einander ringende Gruppen tauchten rechts und links vor ihnen auf; hier und da erscholl der Todesschrei eines Mexikaners, während die Wilden nicht aufhörten, ein weithin schallendes Jubelgeschrei zu unterhalten, und da, gerade vor ihnen, kämpfte die Gestalt

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