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Der Weg der Helden

Der Weg der Helden

Titel: Der Weg der Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David A. Gemmell
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Verlangen verspürst, eine zu sein.«
    Ihr Lächeln erlosch. » Möglich. Aber ich habe dem Konzil sechzig Jahre lang gedient, Rael, und ich habe zu viel gesehen. Jetzt geh und besuche Anu. Richte ihm liebe Grüße von mir aus.«
    Questor General Rael ritt auf seinem Lieblingspferd, einem Schimmelwallach, durch den westlichen Park und hinauf zu den Klippen. Vom Meer wehte ein kühler Wind, und die Luft roch salzig. Er ritt durch den kleinen Wald auf die gepflasterte Straße, die zum Hafen führte. Dann bog er nach rechts ab und lenkte den Schimmel den unbefestigten Pfad hinauf, bis er die schmiedeeisernen Tore von Anus Anwesen erreichte. Zwei Avatar-Soldaten salutierten, als er abstieg. Er ließ sein Schwert in ihrer Obhut zurück und schlenderte über das Grundstück, bis ihm derselbe Akolyt entgegenkam, der die Nachricht überbracht hatte. Der Mann hatte einen rasierten Kopf, aber einen blau gefärbten Bart; er führte ihn durch das Haus und in eine kleine Bibliothek im ersten Stock. Die schweren Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen und schlossen das natürliche Licht aus, aber der Raum wurde von drei Laternen erleuchtet. Anu saß in einem tiefen Ledersessel, eine offene Schriftrolle auf seinem Schoß. Er schlief, wachte jedoch auf, als der Akolyt sanft seine Schulter berührte. » Ah, Rael«, sagte der alte Mann und fuhr sich mit den knochigen Fingern durch sein weißes, schulterlanges Haar. » Willkommen in meinem Heim.«
    Rael fand Anus Anblick widerlich. Die Haut des alten Mannes war trocken und schuppig wie die einer Echse, die zu lange in der Sonne gelegen hatte. Sein Hals war dürr, schlaff und faltig. Rael ließ sich seinen Ekel nicht anmerken und setzte sich dem zerbrechlichen, alten Mann gegenüber auf einen Sessel. » Warum nehmt Ihr all das auf Euch?«, erkundigte sich der Questor.
    Das uralte Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. » Warum tut Ihr es nicht?«, erkundigte sich der Heilige.
    Rael schüttelte den Kopf. Es war sinnlos zu diskutieren. Das hatten sie vor all den Jahren ausführlich getan. » Soll ich die Vorhänge öffnen? Es ist ein wunderschöner Tag.«
    » Nein, Rael. Ich mag das Dämmerlicht.« Er lehnte sich zurück und schloss erneut die Augen.
    » Ihr wolltet mich sehen.« Rael hielt seine Wut im Zaum.
    Anu riss die Augen auf. » Verzeiht. Eine der Strafen des Alters, wisst Ihr. Ah, natürlich wisst Ihr das nicht. Wie auch immer… Ihr habt vier voll aufgeladene Truhen, Rael. Es werden die letzten sein. Ein Vulkanausbruch hat die Vereinigung auf immer zerstört.«
    » Vier Truhen gewähren uns ein paar Jahre Aufschub. In der Zeit kann viel passieren.«
    » Das wird es ganz gewiss.« Der alte Mann schloss erneut die Augen, und einen Augenblick glaubte Rael, er wäre eingeschlafen. Dann jedoch fuhr er fort zu sprechen. » Wir verlieren viel, Rael, indem wir für immer jung bleiben.«
    » Und was wäre das?«
    » Flexibilität. Verständnis. Perspektiven. Es gibt viele körperliche Gebrechen, aber das wird von einem wahren Füllhorn an Einsichten mehr als aufgewogen. Alles Lebendige in der Natur wächst, stirbt und wird wieder geboren. Selbst die Erde, wie wir so schmerzlich haben mit ansehen müssen. Nicht jedoch die Avatar. Wir haben vergessen, wie man wächst, Rael. Wie man sich anpasst und verändert. Wir sind immer noch, was wir bereits vor tausend Jahren waren. Vielleicht nicht einmal mehr das. Vor tausend Jahren haben der Avatar Primu und ich die Weiße Pyramide entworfen und gebaut. Es war ein Wunder, ein geniales Werk von Vertretern eines begabten Volkes. Welcher neuen Erfindungen innerhalb der letzten zweihundert Jahre können wir uns rühmen? Welche Fortschritte haben wir gemacht? Wir sind in der Zeit erstarrt, Rael, und wir existieren nur noch als Widerhall eines großen Liedes.«
    » Alles, was Ihr sagt, mag zutreffend sein, obwohl ich es bezweifle«, gab Rael zurück, » aber glaubt Ihr tatsächlich, wir würden uns weiterentwickeln, indem wir altern und sterben? Selbst wenn das wahr wäre, wie viele würden das akzeptieren? Ich zum Beispiel würde es nicht tun. Es gefällt mir, jung und stark zu sein.«
    » Die Kristalle waren ein Segen, der sich in einen Fluch verwandelt hat«, erwiderte Anu traurig. » Aber ich habe in diesen letzten Jahren sehr viel gelernt.« Der alte Mann lächelte. » Nachdem ich aufgehört habe, die Kristalle zu benutzen, wurden meine Visionen klarer. Ich sehe jetzt viele Dinge, die mir zuvor verborgen geblieben sind.«
    » Wolltet Ihr mich

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