Der weite Himmel: Roman (German Edition)
krank, aber er hat ihr nichts zuleide getan.«
»Es ist aber auch möglich, daß es ihm reicht, immer nur einen Menschen auf einmal zu töten, Will. Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, daß wir es mit zwei verschiedenen Tätern zu tun haben. Cooke hatte nur ein kleines Messer mit kurzer Klinge bei sich, eher ein Spielzeug als eine ernstzunehmende Waffe. Damit kann man nicht so ein Blutbad anrichten.«
»Nein.« Die grausigen Bilder stürmten wieder auf sie ein. »Nein, vermutlich nicht.«
»Dann denk mal an den ersten Ochsen, den wir oben in den Bergen, in der Nähe der Hütte, entdeckt haben. Das kann unmöglich auf sein Konto gehen, ich hatte ihn ja gerade erst eingestellt. Er kannte sich damals in den Bergen noch nicht aus.«
Willa befeuchtete ihre Lippen, die sich plötzlich trocken und spröde anfühlten. »Hast du diese Informationen an die Polizei weitergegeben?«
»Ja.«
»Okay.« Sie rieb sich mit den Fingern über die Augenbrauen. Die ersten Anzeichen von Kopfschmerzen brauten sich hinter ihrer Stirn zusammen, ausgelöst durch Übermüdung und immense Konzentration. »Ich schlage vor, daß wir auch weiterhin so verfahren wie gehabt. Wir stellen Wachposten auf und lassen die Männer schichtweise in Teams arbeiten. Aber ich kenne meine Leute.« Erzürnt schlug sie mit der Faust auf ihr Knie. »Ich kenne sie durch und durch, bis auf die zwei Neuen, die ich eingestellt habe – ich muß verrückt
gewesen sein, neue Leute zu engagieren, bevor die Angelegenheit geklärt ist.«
»Du wirst in Zukunft nicht mehr allein ausreiten.«
»Ich kann nicht jedesmal einen Leibwächter mitnehmen, wenn ich nach den Herden schauen muß.«
»Du wirst aufhören, alleine auszureiten«, sagte er bestimmt, »oder ich verwende das Testament deines Vaters gegen dich. Ich werde zu Protokoll geben, daß ich dich für inkompetent halte, und glaub mir, ich überzeuge Nate so weit, daß er mir beipflichtet.«
Der letzte Rest Farbe wich aus ihrem ohnehin schon blassen Gesicht, als sie aufsprang. »Du elender Mistkerl! Du weißt genau, daß ich ebenso kompetent bin wie jeder andere Rancher in Montana. Nein, mehr noch!«
Auch er stand auf und sah sie ungerührt an. »Du hast gehört, was ich gesagt habe. Widersetz dich mir in diesem Punkt, und du riskierst den Verlust deiner Ranch!«
»Mach bloß, daß du rauskommst!« Kochend vor Zorn wandte Willa sich ab. »Verschwinde aus meinem Haus!«
»Wenn du möchtest, daß es auch weiterhin dein Haus bleibt, dann reite nicht mehr ohne Adam oder Ham aus, und wenn du mich loswerden willst, dann leg dich ins Bett und schlaf!«
Er hätte sie ohne weiteres mit sanfter Gewalt auf das Bett drücken können – was ihm vermutlich leichter gefallen wäre, als das auszusprechen, was er ihr zu sagen hatte. »Ich mache mir Sorgen um dich, Willa. Meine Gefühle für dich sind inzwischen nämlich ziemlich intensiv.« Als sie sich umdrehte und ihn ansah, kostete es ihn noch mehr Überwindung, ruhig weiterzusprechen. »Ich weiß zwar noch nicht, was ich mit diesen Gefühlen anfangen soll, aber sie sind nun einmal da.«
Willas Herz begann sich auf eine Weise zu regen, die sie nicht erwartet hatte. »Aber mir zu drohen ist nicht gerade die beste Art, ihnen Ausdruck zu verleihen.«
»Möglich. Doch wenn ich dich freundlich um etwas bitte, hörst du ja nicht auf mich.«
»Woher willst du das wissen? Hast du mich jemals schon freundlich um etwas gebeten?«
Ben fuhr sich mit der Hand durchs Haar und nahm einen neuen Anlauf. »Ich muß auch sehen, wie ich klarkomme, Will. Und es wird mir einfach zuviel, wenn ich mir auch noch deinetwegen den Kopf zerbrechen muß. Wenn du mir diesen einen Gefallen tun würdest, wäre mir das eine große Hilfe.«
Ein interessanter Ansatz, dachte sie. Sobald ihr Kopf wieder klar war, würde sie sich eingehender damit befassen. »Reitest du denn weiterhin allein aus, Ben?«
»Wir reden jetzt nicht von mir.«
»Vielleicht hege ich ja auch bestimmte Gefühle für dich.«
Die Bemerkung kam unerwartet und war es sicherlich wert, daß er ein wenig nachhakte. So schob er die Hände in die Hosentaschen und wiegte sich auf dem Absatz hin und her.
»Tust du das?«
»Bis zu einem gewissen Grad schon. Ich möchte mich nicht jedesmal, wenn ich dich zu Gesicht bekomme, mit dir streiten, also sag’ ich lieber gleich ja.«
»Willa, du hast eine Art, dem Ego eines Mannes zu schmeicheln und ihm dann einen Tiefschlag zu versetzen, da fällt mir nichts mehr zu ein. Gehen wir
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