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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Angst.« Lily küßte ihn zärtlich. »Du hast mich gefunden, und du wirst auch Willa finden. Bring sie unversehrt zurück.«
    »Bring Lily ins Haus, Tess.« Nate zügelte sein nervöses Pferd. »Und bleibt drinnen.«
    »Ja.« Tess legte eine Hand auf sein Bein und drückte es.
    »Beeil dich«, war alles, was sie herausbrachte.
    Die Pferde galoppierten in Richtung Westen. Tess und Lily wandten sich ab und gingen ins Haus zurück. Das lange, quälende Warten begann.

Kapitel 6
    »Meine Mutter hat in einer Bar unten in Bozeman gekellnert.« Jim saß nach Art der orientalischen Geschichtenerzähler mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden. »Vielleicht hat sie den Gästen dort auch noch andere Dienste geleistet. Ich weiß es nicht genau, vermute aber, daß es so war, obwohl sie nie darüber gesprochen hat. Sie war eine gutaussehende Frau und war sehr einsam. Solche Dinge geschehen nun einmal.«
    »Ich dachte, deine Mutter stammt aus Missoula.«
    »Da kam sie ursprünglich her. Nach meiner Geburt kehrte sie dorthin zurück. Viele Frauen gehen nach einem solchen
Erlebnis nach Hause zurück, aber ihr brachte es kein Glück. Mir übrigens auch nicht. Wie dem auch sei, sie arbeitete in einer Bar und servierte den abenteuerlustigen Cowboys dort Drinks – und mehr. Jack Mercy kam zu jener Zeit häufig in die Stadt, soff sich die Hucke voll, suchte Streit und hielt Ausschau nach einer Frau. Frag, wen du willst, er wird es dir bestätigen.«
    Er hob einen Stock auf und kratzte damit unablässig über einen Stein. Willa drehte und wendete die Hände, so gut sie konnte, und versuchte, ihre Fesseln so weit zu lockern, daß sie sie später abstreifen konnte. »Mir ist da so einiges zu Ohren gekommen«, erwiderte sie gelassen. »Ich weiß, zu welcher Sorte Mann er gehörte.«
    »Mir ist schon klar, daß du das wußtest. Du hast dich zwar blind und taub gestellt, aber du wußtest Bescheid. Damals hatte er ein Auge auf meine Mutter geworfen. Ich sagte ja schon, sie war eine gutaussehende Frau. Er hatte Geschmack, das sieht man ja auch an den Frauen, die er dann geheiratet hat. Alle hatten das gewisse Etwas. Louella sprühte nur so vor Leben, Adele hatte meiner Meinung nach Klasse und Charme, und deine Mutter, nun, die war etwas ganz Besonderes, ruhig und sanft. Mir kam es immer so vor, als könnte sie Dinge wahrnehmen, die anderen Menschen verborgen bleiben. Ich mochte deine Ma sehr gerne.«
    Bei dem Gedanken, daß er in die Nähe ihrer Mutter gekommen war, gefror ihr das Blut in den Adern. »Wie hast du sie kennengelernt?«
    »Wir hielten uns gelegentlich hier in der Gegend auf, sind aber nie lange irgendwo geblieben, auch auf Mercy nicht. Ich war damals noch ein Kind, aber ich erinnere mich ganz deutlich an deine Ma. Sie war mit dir schwanger, hielt Adam an der Hand und ging mit ihm auf den Weiden spazieren. Ein hübsches Bild.« Eine Weile hing Jim schweigend seinen Träumen nach. »Ich war etwas jünger als Adam, und ich hab’ mir das Knie aufgeschlagen oder so, und deine Ma kam und hob mich auf. Meine Mutter und Jack Mercy stritten sich lautstark, und deine Ma nahm mich mit in die Küche, klebte mir ein Pflaster auf das Knie und tröstete mich.«
    »Warum warst du denn damals auf der Ranch?«
    »Meine Ma wollte mich hierlassen. Sie konnte sich nicht richtig um mich kümmern, sie war krank und innerlich gebrochen. Ihre Familie hat sie verstoßen. Ich glaube, es lag daran, daß sie von den Drogen nicht loskam. Sie brauchte dieses Zeug, um ihren Kummer zu betäuben und ihre Einsamkeit wenigstens vorübergehend zu vergessen. Aber er wollte nicht dulden, daß ich blieb, obwohl ich sein eigen Fleisch und Blut war.«
    Sie biß sich auf die Lippen und versuchte, sich vorsichtig zu bewegen, doch sie erreichte nur, daß der Strick schmerzhaft in ihre Haut schnitt. »Hat deine Mutter dir das erzählt?«
    »Ja, die ganze Geschichte, von Anfang an.« Er schob seinen Hut in den Nacken. Seine Augen wirkten völlig klar. »Jack Mercy kam des öfteren nach Bozeman, um sich zu amüsieren, und bei einer dieser Gelegenheiten hat er meine Mutter geschwängert. Sie sagte es ihm, sowie sie es mit Sicherheit wußte. Doch er nannte sie eine miese Hure und ließ sie einfach sitzen.« Der Ausdruck seiner Augen verwandelte sich in Wut. »Meine Mutter war keine Hure, Will, sie hat nur getan, was sie tun mußte. Huren sind schlechte, nichtswürdige Weiber, die für jeden Mann die Beine breitmachen, wenn er nur gut genug bezahlt. Meine Mutter hat nur für

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