Der widerspenstige Highlander
Holz.
Es war eine seltsam anheimelnde Szene.
Catarina winkte sie zu sich, während Ewan sich zu den Männern am Feuer gesellte.
»Dann hat er Euch also gefunden«, bemerkte sie, als Nora näher kam.
»Aye.«
»Er hat sich Sorgen um Euch gemacht.«
»Das hat er gesagt.«
»Nein, Mylady«, entgegnete sie und aus ihren Augen leuchtete Aufrichtigkeit. »Ich denke nicht, dass Ihr versteht, was ich meine. Er war außer sich vor Sorge um Euch. Ist Euch noch nicht aufgefallen, wie er Euch ansieht?«
Nein, darauf hatte sie nicht sonderlich geachtet. »Wie denn?«
»Wie ein Bettler vor einer reich gedeckten Tafel. Wenn es um Euch geht, hat er hungrige Augen.«
Das konnte Nora nicht glauben. Ewan nahm sie kaum zur Kenntnis, und wenn er es tat, schien er stets über ihre Gegenwart verärgert. »Da irrt Ihr.«
»Er lässt Euch keinen Moment aus den Augen.«
Nora blickte sich zum Feuer um, wo Ewan neben Viktor und Bavel saß. Wie um Catarinas Behauptung zu unterstreichen, ruhte sein eindringlicher Blick auf ihr, doch sobald er merkte, dass sie ihn ansah, schaute er fort.
»Seht Ihr«, sagte Catarina.
»Ihr messt dem zu viel Bedeutung bei.«
»Vielleicht. Aber was lest Ihr daraus?«
»Nichts.«
»Nichts?«, fragte Catarina ungläubig. »Dann wollt Ihr ihn nicht für Euch?«
Nora fand die Vorstellung ein wenig bestürzend, aber um ehrlich zu sein, fand sie es nicht so bestürzend, wie an dem Tag, als sie ihn kennen lernte.
»Nein, niemals«, antwortete sie hastig. »Ich bin auf dem Weg zu meiner Tante nach England. Ewan ist ... nun, ich denke, er würde am liebsten nach Hause reiten und den Tag vergessen, da er mich beim Aufwachen in seiner Höhle entdeckte.«
Catarina betrachtete ihn grüblerisch. »Er gäbe einen ausgezeichneten Ehemann ab. Und gut aussehend ist er auch.«
»Aye, das ist er.«
»Stark. Und recht charmant, denke ich.«
Nora runzelte angesichts dieser Lobeshymnen die Stirn. Was meinte Catarina damit?
»Nein, nicht wirklich charmant«, widersprach Nora, während sie den Eintopf umrührte. »Eher mürrisch und wortkarg, um ehrlich zu sein. Er kann sogar ziemlich grob werden, wenn er will.«
»Man sagt doch, stille Wasser sind tief.«
Nora hielt mitten in der Bewegung inne und schaute Catarina an, deren Blick auf der Stelle am Feuer ruhte, wo Ewan mit den anderen saß. Die schönen Züge der anderen waren verträumt.
Gedankenverloren.
Nora gefiel das gar nicht. »Was denkt Ihr?«
»Wenn Ihr nicht an ihm interessiert seid, sollte ich es vielleicht einmal versuchen. Ich habe noch keinen Mann getroffen, der ihm gleichkäme. Er ist einmalig, und zufälligerweise finde ich seine raubeinige Art und sein ungeschliffenes Verhalten faszinierend.«
Nora sank das Herz bei der Vorstellung wie Catarina und Ewan sich umarmten. Bei der Vorstellung, dass Catarina irgendetwas mit Ewan tat.
»Der Gedanke missfällt Euch, nicht wahr?«, erkundigte sich Catarina, als sie sie anschaute und ihren vor Entsetzen offenen Mund bemerkte.
Nora schloss den Mund und wollte lügen, aber das brachte sie nicht fertig. Es missfiel ihr weitaus mehr, als es sollte, und es weckte in ihr den hässlichen Wunsch, Catarina dafür etwas anzutun, dass sie auch nur angedeutet hatte, an Ewan interessiert zu sein.
Catarina lächelte selbstzufrieden. »Sagt mir, Nora, habt Ihr jemals von dem Werk von Rowena de Vitry gehört?« Nora war begeistert, jemanden gefunden zu haben, der wie sie Minnelieder kannte und mochte. »Aye. Die Dame der Liebe ist eine meiner liebsten Troubadoure.«
»Dann kennt Ihr auch >Stille Liebesgeschichte«
»Nein. Ist es neu?«
»Ziemlich.« Catarina fügte das Gemüse hinzu, das sie klein geschnitten hatte, dann nahm sie Nora die Kelle ab und rührte damit den Topf um, streifte sie ab und legte sie beiseite.
»Es ist die Geschichte einer Frau, die einen Mann liebt, den sie jedes Jahr auf einem Markt sieht. Sie beobachtet, wie er sich in eine andere verliebt, und während die Jahre vergehen, sieht sie ihn mit seiner Frau und seinen Kindern, bis er ein alter Mann geworden ist. Als er auf dem Sterbebett liegt, geht sie zu ihm und gesteht ihm ihre Liebe. Dass sie von ihm geträumt hat, seit er achtzehn war und sie ein junges Mädchen. Dass sie seinetwegen nie geheiratet hat und somit auch kein Glück erfahren hat außer in ihren Träumen, wo sie so tun konnte, als gehörte er ihr.«
Noras Kehle wurde eng vor Mitgefühl. Es war ein Beweis für Rowenas wunderbare Vorstellungsgabe,
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