Der Wolkenpavillon
Kleidung war seine Erektion zu sehen. »Lasst mich los!« Als Nanbu sich im Griff der Ermittler wand, erblickte er Sano und fragte verwirrt: »Wie seid Ihr hier hereingekommen?«
Sano beachtete ihn nicht und ging zu dem Mädchen. Sie weinte und versuchte, mit ihrem Kimono ihre Blöße zu bedecken. »Komm«, sagte Sano und streckte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
Sie starrte voller Angst zu ihm hinauf, dann strich sie ihr langes, verfilztes Haar zur Seite. Sano sah Prellungen in ihrem Gesicht. Ihre Nase blutete.
Er wandte sich zu Nanbu um. »Wo ist die Gemahlin des Shōgun?«
»Woher soll ich das wissen? Warum stört Ihr mich? Warum lasst Ihr mich nicht in Ruhe zu Ende machen?« Nanbu fluchte, als die Ermittler ihn aus der Hütte zerrten und in den Schlamm warfen. Die Ausbilder umringten ihn mit ihren Hunden. »Sie ist doch bloß ein dummes Ding, das die Zwinger sauber hält!«
Sano blickte das Mädchen an. »Du kannst gehen«, sagte er. »Und komm nicht wieder her! Such dir eine andere Arbeit!«
Das Mädchen huschte zur Tür hinaus und rannte davon. Sano verließ die Bretterbude und blieb vor Nanbu stehen. »Ich habe nichts Unrechtes getan!«, schimpfte dieser. »Wir hatten bloß ein bisschen Spaß.«
»Ihr habt das Mädchen geschlagen.«
»Na und?«, rief Nanbu. Die Hunde bellten und schnappten nach ihm. Er wand sich. »Sie war aufsässig! Da habe ich ihr gezeigt, wer das Sagen hat!«
Der Mann widerte Sano an. »Ihr seid ein Stück Dreck.«
Nanbu musterte ihn verwundert und empört zugleich. »Warum sagt Ihr das? Das Mädchen arbeitet für mich. Außerdem wollte sie es. Sie hat mich verführt, hat es sich dann aber anders überlegt und sich gewehrt.«
Natürlich wusste Sano, dass Diener ihrem Herrn zu Willen sein mussten, und was Nanbu getan hatte, war in Edo gang und gäbe. Viele Männer, die eine Frau zum Geschlechtsverkehr zwangen, rechtfertigten es damit, dass die Frau es »gewollt« habe. Aber das stimmte Sano nicht günstiger.
»Als Ihr meine Cousine vergewaltigt habt, war es da genauso?«, fragte Sano.
»Ich habe Eure Cousine nicht angerührt!«, rief Nanbu. »Wie oft soll ich Euch das denn noch sagen?« Die Hunde zerrten geifernd an ihren Ketten. »Bitte, ruft diese Bestien zurück!«
Marume lachte. »Was ist los? Euch schmeckt wohl die eigene Mahlzeit nicht.«
»Was ist mit Fumiko und der Nonne?«, wollte Sano wissen.
»Ich habe nichts zu tun mit den beiden!« Nanbu bebte vor Zorn. Seine Hände waren voller Hundekot, der den schlammigen Boden bedeckte. »Und auch nicht mit der Gemahlin des Shōgun! Warum sucht Ihr überhaupt nach ihr? Sie verlässt doch niemals den Palast.«
»Sie wird vermisst«, sagte Fukida. »Wir nehmen an, dass sie entführt wurde.«
»Aber nicht von mir«, erklärte Nanbu. »Durchsucht die Hundezwinger, durchwühlt mein Haus, wenn Ihr wollt, aber Ihr werdet nichts finden.«
Nur weil Nanbu sich zweifelhaften Vergnügungen hingab, genau wie Ogita und Joju, bedeutete das nicht, dass er für die Entführungen und Vergewaltigungen verantwortlich war. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass keiner der drei Männer mit dem Verschwinden der Gemahlin des Shōgun zu tun hatte.
Plötzlich kam Sano ein Gedanke. Was, wenn die Ochsenkarrenfahrer die Frau im Auftrag eines weiteren, bisher unbekannten Kunden entführt und an einem geheimen Ort versteckt hatten? Die Verdächtigen würden wissen, wo dieser Ort sich befand. Rasch überlegte Sano, wie er Nanbu zur Zusammenarbeit zwingen konnte.
»Selbst wenn Ihr die Wahrheit sagt, seid Ihr in Schwierigkeiten«, begann er schließlich. »Wenn die Gemahlin des Shōgun nicht gefunden wird oder wenn ihr etwas zugestoßen ist, wird der Shōgun mich dafür verantwortlich machen. Aber ich werde die Schuld jemand anders zuschieben. Und Ihr eignet Euch sehr gut zum Sündenbock.«
»Das könnt Ihr nicht tun! Das ist ungerecht!« Furcht verdrängte den Trotz aus Nanbus Gesicht.
»Ihr wollt Gerechtigkeit? Also gut, dann gebe ich Euch die Gelegenheit, Eure Haut zu retten«, erwiderte Sano. »Ihr sagt mir, wohin Jinshichi und Gombei die Frauen bringen, die sie entführen. Im Gegenzug lasse ich Euch ungeschoren davonkommen.«
»Ich habe Euch doch schon gesagt, ich kenne diese Leute nicht!«, jammerte Nanbu, doch Sano konnte hören, dass er log. »Ihr wollt mich nur zu einem Geständnis verleiten!«
»Hetzt die Hunde auf ihn«, schlug Marume vor.
»Noch nicht«, sagte Sano, ohne den Blick von Nanbu zu wenden. »Nehmen wir einmal an, es
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