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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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davon, dass sie Sano bei den Ermittlungen ins Gehege kämen.
    »Das reicht mir nicht als Begründung«, sagte Major Kumazawa. »Schließlich weiß ich, wer Ihr seid und wie Ihr Eure sogenannten Geschäfte führt. Würde ich mich mit Euch zusammentun, hätte ich nichts als Scherereien.«
    Da könnte er recht haben, ging es Reiko durch den Kopf.
    »Bevor Ihr jetzt Nein sagt«, erklärte Jirocho, »möchte ich etwas von Euch wissen. Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, warum es Euch bisher nicht gelungen ist, den Vergewaltiger Eurer Tochter zu finden?«
    »Die Tat liegt erst wenige Tage zurück«, entgegnete Kumazawa. »Ich brauche mehr Zeit.«
    »Ist Euch nie der Gedanke gekommen, dass Ihr vielleicht deshalb nicht weiterkommt, weil es in dieser Stadt Viertel gibt, die Ihr nicht kennt, und Leute, die nicht mit Euch reden wollen?«
    »Ich kenne diese Stadt wie meine Westentasche!«, erwiderte Kumazawa gereizt. »Es gibt keinen Ort, an den ich nicht kommen könnte. Und ich kann jeden zum Reden bringen.«
    »Da irrt Ihr Euch«, sagte Jirocho. »Ihr Samurai lebt in Eurer eigenen kleinen Welt. Ihr bekommt viele Leute gar nicht erst zu Gesicht, weil sie Euch und Euresgleichen aus dem Weg gehen. Die Menschen aus meiner Welt, zum Beispiel.«
    Major Kumazawa lachte überheblich. »Selbst wenn das stimmt, ist es allein mein Problem. Was kümmert es Euch?«
    »Ich habe das gleiche Problem. Es gibt Orte, an die ich nicht gehen kann, und Leute, die nicht mit mir reden wollen. Vornehme Leute wie Ihr.«
    Reiko wagte einen erneuten Blick durch die Tür. Sie sah, dass Jirocho sich zu Major Kumazawa vorbeugte, wobei er sagte: »So wie es aussieht, gibt es zwei unterschiedliche Entführer. Der eine hat Eure Tochter vergewaltigt, der andere meine. Was, wenn der Mann, den Ihr jagt, ein gemeiner Bürger ist, der sich inmitten anderer Gemeiner versteckt und von ihnen beschützt wird? Und was ist, wenn der Mann, den ich jage, ein Samurai ist, an den ich nicht herankomme?« Jirochos Stimme wurde drängend. »Allein sind wir im Nachteil. Arbeiten wir zusammen, bekommen wir die Rache, die wir wollen!«
    »Ah, jetzt verstehe ich. Es geht Euch gar nicht darum, dass ich mit Eurer Hilfe meine Rache bekomme. Es geht Euch nur darum, dass ich Euch helfe, damit Ihr Eure Rache bekommt!« Kumazawas Stimme wurde laut und heiser vor Zorn. »Euer Angebot ist eine Beleidigung. Unser Gespräch ist beendet. Hinaus mit Euch!«
    Jirocho antwortete nicht, doch Reiko konnte seine Wut und seine Enttäuschung spüren wie die Hitze eines Kamins, der auf der anderen Seite des Zimmers brannte. Reiko und Chiyo zerrten Fumiko rasch den Gang hinunter, damit sie nicht beim Lauschen erwischt werden konnten, doch es war bereits zu spät. Als Jirocho und seine Leibwächter aus dem Empfangsgemach kamen, rief Fumiko: »Vater!«
    Jirocho drehte den Kopf, sah das Mädchen und hielt inne. Ein seltsamer Ausdruck legte sich auf seine wölfischen Züge. Diesmal rannte Fumiko nicht zu ihm hin. Auch wenn sie mit jeder Faser ihres Körpers zu ihm hinstrebte, zögerte sie wie ein Tier, das zu oft geschlagen worden war. Chiyo umarmte das Mädchen schützend. Jirocho schluckte, seine Kiefer mahlten. Seine Leibwächter blickten ihn an, warteten auf seine Reaktion. Jirocho starrte auf Fumikos neue, saubere Kleidung. Auf dem Gesicht des Unterweltfürsten lag Erstaunen, doch Reiko entdeckte noch andere Gefühle, konnte sie aber nicht einordnen.
    Als Major Kumazawa in der Tür des Empfangsgemachs erschien, wies Jirocho auf seine Tochter. »Was macht sie hier?«
    »Sie wohnt jetzt bei uns.« Obwohl Kumazawa alles andere als glücklich war mit dieser Regelung, wie Reiko wusste, schien er die Verwirrung des Verbrecherfürsten zu genießen.
    »Aber warum ... wie ...«, stammelte Jirocho, der dumm und verständnislos dreinschaute, so unbegreiflich war ihm die Sache.
    »Chiyo hat darauf bestanden, Eure Tochter zu sich zu nehmen«, sagte Major Kumazawa. »Habt Ihr ein Problem damit?«
    Jirocho erwiderte nichts. Er stand wie angewurzelt da. Reiko sah die Ratlosigkeit auf seinem Gesicht. Wahrscheinlich war es noch nie vorgekommen, dass die Tochter eines gefürchteten Verbrechers von einem angesehenen Samurai-Beamten aufgenommen worden war. Und die Auseinandersetzung, die Jirocho soeben mit Kumazawa gehabt hatte, verstärkte noch sein Unbehagen. Reiko sah, wie Jirocho sich vergeblich bemühte, seine Beobachtungen in einen logischen Zusammenhang zu bringen.
    Schließlich stieß er hervor: »Ihr habt mir mein

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