Der Wunschzettelzauber
vergangene Weihnachten, und ihr Herz zog sich zusammen. Natürlich, das war es. Nicolas hatte damals erfahren, wie groÃzügig und aufmerksam der Weihnachtsmann sein konnte. Er würde ihm seinen Herzenswunsch erfüllen, weil er irgendwie einfach wusste, was er sich wirklich wünschte. Warum also nicht direkt darum bitten? Sich einfach ein Herz fassen und es geradeheraus sagen? Ach du meine Güte.
Sie saà in Nicolasâ Schlafzimmer und betrachtete seine wie ein Kaninchen geformte Ikea-Nachttischlampe, wie sie langsam die Farbe wechselte, von Blau zu Pink und zu Grün. Dann blickte sie ihr Kind an. Er schlief schon halb und sah bei dieser Beleuchtung noch jünger aus, als er war â ein heiteres Babygesicht. Absurd, wie sehr man ein solches Wesen lieben konnte.
Kinder zu haben hatte irgendjemand einmal gesagt, war, als würde man sein Herz auÃerhalb seines Körpers laufen lassen. Nur zu wahr. Dann erinnerte Chloe sich an Sallys Erklärung, wie es war, Tallulahs Mutter zu sein: »Ich wollte Shirley Temple. Aber ich habe Dschingis Khan bekommen.« Auch sehr wahr.
Nicolas war müde, und sie sollte ihn nicht mehr lange vom Schlaf abhalten. Vor allem nicht, dachte sie, sich innerlich windend, mit Gesprächen über den Tod. Sie musste eben genau herausfinden, was Nicolas sich erhoffte. Und ihn dann darauf vorbereiten, dass ihm sein Wunsch sehr wahrscheinlich nicht erfüllt würde. Und so begann sie äuÃerst vorsichtig:
»Schätzchen, du weiÃt doch, dass die Leute vom Himmel nicht mehr zurückkommen, oder? Sie bleiben dort ⦠für immer.«
»Ich weiÃ, Mummy«, erwiderte Nicolas. Dann: »Aber wer soll jetzt mein Daddy werden?«
Wie unsentimental das klang. Nicolas war nicht den Tränen nahe. Es klang auch nicht ängstlich oder unglücklich. Er stellte einfach eine ganz praktische und seiner Meinung nach vollkommen vernünftige Frage. Kinder hatten eben eine Mummy und einen Daddy. Er hatte seinen Daddy verloren, was sozusagen eine Leerstelle hinterlieÃ, und er wollte wissen, wer diesen Job nun übernehmen würde.
Tja, das war alles. Suche mir einen neuen Daddy, möglichst bald. Ach du meine Güte, ach du meine Güte.
8
Chloe macht eine Liste
Die »Wenn ich wieder mit einem Mann zusammenleben würde« -Liste
1. Wenn ich wieder mit einem Mann zusammenleben würde, wäre da noch jemand, der nach dem Boiler/der Heizung/dem blöden Abflussrohr sehen könnte und dafür sorgen würde, dass wir die richtigen Reserveglühbirnen im Haus haben, und der IKEA -Möbel zusammenbauen könnte. Aber andererseits bin ich eine erwachsene Frau, und ich glaube, ich kann mich alleine um mein Haus kümmern, denn das ist ganz klein, und nur mein Junge und ich wohnen darin. Ich weiÃ, ich wollte einmal den Heizkörper entlüften, und da hatten wir eine dramatische Miniüberschwemmung, aber es war nur im Erdgeschoss, also reden wir nicht mehr davon.
Chloe hielt einen Augenblick inne und zog die Nase kraus. War es das? Ja, das war alles, was ihr im Moment dazu einfiel ⦠dass es ganz nützlich wäre, einen handwerklich begabten Mitbewohner zu haben. Nicolas allerdings wollte einen neuen Daddy. Tja, das war eine Vorstellung, bei der sie nicht gerade vor Begeisterung aus dem Häuschen geriet.
Na gut. Denk nach.
2. Wenn ich wieder mit einem Mann zusammenleben würde, könnte er mir morgens den ReiÃverschluss hochziehen. Das hat Antoine immer getan und mir dann einen Kuss auf den Nacken gegeben. Allein zu leben bedeutet, dass ich eigentlich nichts anziehen kann, was auf dem Rücken geschlossen werden muss. Na ja, ich kann natürlich im Kindergarten eine andere Mutter darum bitten, aber dann würde ich mir schlampig oder unselbständig vorkommen.
Sie schüttelte den Kopf. Das war ein schwacher Grund. Sie schob sich eine Locke ihres kastanienroten Haars hinter das Ohr und startete einen neuen Versuch.
3. Wenn ich wieder mit einem Mann zusammenleben würde, dann könnte auch er hin und wieder mit Nicolas in den Park gehen, vor allem, wenn es eiskalt ist und in einem fort regnet. Aber die Sache ist die, dass mein reizender Schwachkopf von einem Bruder schon manchmal mit ihm nach drauÃen geht. Und meine Eltern. Und auch Giles, mein guter Hausmann-Kumpel. Das sind wohl genügend Männer für die Spaziergänge im Park. Ich kann mich wirklich nicht beklagen.
Es war
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