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Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
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stockdunkel. Chloe tanzte unbeschwert weiter. Sie würde bis zur letzten Nummer tanzen. Es erinnerte sie an eine der vielen alternativen Therapien, die Megan ausprobiert hatte, um sich besser auf die Geburt vorzubereiten: Regression. Dabei saß man mit einem Dutzend anderer Menschen ohne Kleidung in einer Höhle, beschmiert mit Ziegenmilch-Joghurt, und summte und sang vor sich hin, bis man den richtigen inneren Zustand erreicht hatte, um den Urschrei auszustoßen.
    Chloes eigene Miniregression würde sich mit Megan und ihren Gurus nie messen können, dazu war sie bei Weitem zu bourgeois . Gepflegte Disco-Tänze statt Joghurt-Gesumme; die Gesellschaft von festlich gekleideten und nur sehr moderat in Begeisterungstaumel geratenden Menschen; kein Einziger von ihnen nackt; der äußere Rahmen: eines der konservativsten gesellschaftlichen Rituale, eine Hochzeit. Man konnte mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Urschrei nicht auf dem Programm stand.
    Und trotzdem fühlte sie sich verjüngt, befreit. Sie tanzte sorglos und schier endlos lange, etwas, was sie nicht mehr getan hatte, seit sie Antoine kennengelernt hatte – seit ihren Disco-Nächten mit Sally. Sie wollte nicht darüber nachdenken oder analysieren, was ihr an diesem Abend widerfuhr. Sie wollte es einfach genießen und ihr altes, glückliches Ich wiederfinden. Sie wollte es wie die Bourguignons halten oder wie der schnüffelnde Trüffel-Hund. Sich ganz auf ihr eigenes Gespür verlassen.

25
    Savoir-Flair
    Chloe genoss die Weinprobe sehr, aber in ihrem Hinterkopf nagte ständig ein Gedanke an ihr, obwohl sie sich bemühte, ihn zu verdrängen. Als sie am Morgen nach der Hochzeitsfeier die Einladung zur Domaine Sablé erwähnte, hatten die Regards nicht besonders begeistert gewirkt.
    André hatte, mit einem skeptischen Ausdruck auf dem Gesicht, geschwiegen. Jeannettes hübsches Gesicht war rot geworden, und ihre Augen eine Spur zu glänzend. »Ist es nicht komisch«, hatte sie bemerkt, »dass Antoine und Guillaume immer schon dieselben Dinge liebten, schon von klein auf? Und trotzdem waren sie so verschieden.«
    Â»Guillaume hat mir erzählt, sie wären ganz enge Freunde gewesen«, meinte Chloe. »Ich erinnere mich, dass Antoine ihn schrecklich gern bei unserer Hochzeit dabeigehabt hätte.«
    Â»Das ist wahr«, gab Jeannette zu. »Sie waren wie Brüder.«
    Â»Was für eine Art Brüder waren sie denn, die beiden Jungs?«, fragte Rosine geradeheraus und blickte von ihrer Paris-Match auf. » Frères ennemis? « Rosine war zwar nicht bei der Hochzeit eingeladen gewesen, verbrachte aber ein paar Tage in Petit Mulot, um Chloe und Nicolas zu sehen.
    Â»Ach, keine Ahnung. Es sah nicht so aus, als gäbe es Reibereien zwischen den beiden«, erwiderte Jeannette mit einem kleinen, künstlichen Lachen. »Chloe, wenn du am Mittwoch fortwillst, meinst du, dass Nicolas vielleicht Lust hätte, mit mir zu diesem neuen Spielplatz im Nachbarort zu fahren? Der soll sehr schön angelegt sein.«
    Â»Ach ja, Mummy, bitte!«, hatte Nicolas gejubelt.
    Â»Na, das hört sich ja toll an«, hatte Chloe mit einem lächelnden Blick auf ihren Sohn geantwortet, obwohl ihre Gedanken bei anderen Dingen waren.
    Sie hatte sich seit der Hochzeit sehr aufgekratzt gefühlt. Natürlich sollte sie ihre Fantasie nicht mit ihr durchgehen lassen, aber was wäre, wenn Guillaume Sablé das fehlende Teilchen in ihrem französischen Puzzlespiel war, an dem sie seit Jahren bastelte? Wenn Guillaume und sie sich tatsächlich ineinander verlieben und heiraten würden, dann würde Nicolas hier aufwachsen; er würde dann in unmittelbarer Nähe seiner französischen Großeltern leben.
    Es fiel ihr erstaunlich leicht, sich dieser Fantasie hinzugeben, sie ins Kraut schießen zu lassen, Blüten treiben zu lassen. Nachdem sie jahrelang an niemand anderen als an Antoine gedacht hatte, schien es, als sei in ihr über Nacht ein Sicherheitsventil entfernt worden. Und diese prickelnde Erregung und Erleichterung, die sie empfand, musste natürlich darauf zurückzuführen sein, dass sie bei der Hochzeit Guillaume kennengelernt hatte. Was hätte denn auch schon romantischer sein können als all diese Enthüllungen und Zufälle?
    Irgendwo in ihr spukte – sehr flüchtig – die Vorstellung herum, dass dieser dramatische Umschwung ihrer Gefühle,

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