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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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gegen die Mokassins tauschte, als sie draußen ein Pferd hörte.
    Ranon! Es musste Ranon sein, wer sonst hätte einen Grund, hierherzukommen?
    Aufgebracht stürzte sie die Treppe hinunter.
    Hier sind alle tot, der Hauptmann hat mich völlig umsonst hierher geschickt.
    Juliane erstarrte, nur um gleich darauf in hektische Bewegung zu verfallen. Sie sprang zurück, als sie sich einem Todesreiter gegenübersah. Er blinzelte und hielt einen Moment inne.
    »Ich bin eine Nachbarin. Ich bin hier vorbeigekommen und wollte nach dem Rechten sehen.« Ob er ihr die Lüge abkaufte? Juliane schluckte.
    Die Hand des Soldaten legte sich um seinen Schwertgriff. Panik ergriff sie, dennoch reagierte sie sofort. Sie warf die Tür hinter sich zu und sprintete los. Ein Versteck. Sie musste sich im Haus verstecken. Doch der Krieger war schnell. Viel zu schnell. Sie hörte, wie die Tür gegen die Holzvertäfelung krachte, da hatte er sie auch schon am Kragen gepackt und sie gegen die Wand geschubst. Zischend entwich die Luft ihren Lungen.
    »Wer bist du? Was machst du hier?«, knurrte der Soldat.
    In ihrer Verzweiflung trat sie dem Mann gegen das Schienbein. Die Ohrfeige, die sie für ihren kühnen Versuch erntete, hallte als schmerzhaftes Echo durch ihren Kopf. Sie stöhnte und Tränen brannten in ihren Augen.
    »Was hast du hier verloren?«, wiederholte der Todesreiter, seine Stimme eine einzige Warnung, die sie ignorierte. Alles, woran sie denken konnte, war Flucht. Weg von diesem Mann, bevor sie endete wie all die anderen. Sie versuchte, an dem Kerl vorbeizuschlüpfen, doch er hielt sie unbeirrt fest und drückte sie gegen die Mauer. Nun fasste er nach ihrem Hals. Hilflos wie ein kleines Kind rang sie nach Luft.
    »Rede!« Er ballte die freie Hand zur Faust. In seinen Augen herrschte Leere. Juliane entdeckte kein Mitgefühl, keine Freude, nur Schwärze.
    Sie fühlte ihr Herz hämmern, in ihren Ohren rauschte es, und doch blieb ihr Kopf völlig klar. Leise wimmernd unternahm sie Anstrengungen, sich aus dem Klammergriff zu befreien. Doch die Situation schien ausweglos. Würde sie sterben wie Alys, Pathi und die anderen? O Gott!
    Ein leises Sirren. Sie nahm das Geräusch nur deshalb wahr, weil es so fremd klang.
    Plötzlich schrie der Todesreiter auf, ließ von Juliane ab, die ungläubig den kleinen Armbrustbolzen anstarrte, der die Handfläche des Mannes durchbohrt hatte. Blut tropfte auf den Boden. Juliane riss sich los und eilte zu ihrem Retter.
    Ranon stand breitbeinig da. Sein blonder Haarschopf stand in alle Richtungen ab und seine Augen glitzerten angriffslustig.
    Viel zu schnell erholte sich der Todesreiter, stürmte auf Ranon zu und holte zu einem Fausthieb aus. Geschickt wich Ranon dem Mann aus und zog ein Messer. Der Scherge fasste seinen Dolch und stach zu. Ranon machte einen Satz nach hinten. Der Todesreiter keuchte.
    Juliane sprang kreischend beiseite. Ranon und der Soldat umkreisten einander wie Raubtiere, der Todesreiter drängte Ranon in die Wohnstube. Der Scherge stöhnte, als Ranon mit dem Messer in den Spalt der Rüstung zwischen Armschiene und Brustharnisch eindrang und ihm eine Wunde zufügte.
    Der Todesreiter stieß mit seiner Klinge ins Leere. Juliane schrie entsetzt auf, als Ranon über einen zerbrochenen Stuhl stolperte und hart auf die Dielen krachte.
    Der Soldat verzog seinen Mund zu einem hässlichen Grinsen und steckte seinen Dolch fort. Stattdessen nahm er sein Schwert. Ranon lag benommen am Boden und stöhnte.
    Nein! Sie sprang den Todesreiter voller Wut an, ehe er seine Waffe ganz aus dem Futteral gezogen hatte. Die Wucht des Aufpralls raubte ihr den Atem und ein eisiger Schmerz durchzuckte sie, als ihr Kopf gegen seinen metallenen Brustschutz prallte. In ihren Ohren summte es, Schwindel überrollte sie. Sie keuchte vor Qual auf, als der Todesreiter sie grob an ihrer Schulter packte.
    In Panik riss sie sich los. Der Soldat strauchelte, als sich seine Füße in Pathis zerfetzter Tischdecke verfingen. Ohne darüber nachzudenken, hob sie den Dolch auf. Instinktiv schien sie zu wissen, was sie zu tun hatte. Eine traumwandlerische Ruhe ergriff sie. Mit einer gezielten Bewegung stach sie mit dem Dolch zwischen Harnisch und Helm in die Kehle des Mannes. Blut spritzte aus der Wunde. Der Todesreiter stieß einen gurgelnden Laut aus, griff an seinen Hals, ruderte Hilfe suchend mit den Armen und packte Juliane an ihrem Hemdkragen, ehe seine Kräfte endgültig erlahmten. Sie versetzte ihm einen Stoß vor die Brust und

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