Der Zauberstein von Brisingamen
trinken. Warum passt du nicht besser auf?»
Colin griff nach der Lampe und drückte auf den Schalter.
Er war allein.
«Sue!!!»
Er krabbelte im ganzen Tunnel herum: Er war leer.
«Sue!!!»
Sie, ihr Rucksack und alles war weg.
Colin wand sich durch den Eingang und leuchtete mit seiner Lampe in alle Richtungen: Es war nichts zu sehen. Ohne zu überlegen rannte er los. Tunnel, Höhlen, Tunnel; eine endlose Wüste aus Sand und Felsen.
«Sue! Sue!!!»
Und dann ging es auf einmal nicht mehr weiter. Der Sand lähmte seine Schritte, er strauchelte und fiel hin.
«Sue!» Nein. So geht’s nicht. Ruhig bleiben. Muss nachdenken. Mach das Licht aus. Muss sie finden. Aber angenommen, ich finde den Weg nach draußen. Was dann?
Nein. Muss Sue finden. Aber eine Minute ausruhen: nur eine Minute.
Langsam kehrte seine Energie wieder. Colin richtete sich mühsam auf und machte die Lampe an.
Zwei Svarts! Sie krochen über den Sand und wurden von dem Lichtstrahl voll erfasst.
Colin sprang auf die Füße; dabei war er gar nicht in Gefahr.
Ihr Plan war gewesen, ihn im Dunkeln zu überraschen, zu springen und ihn mit ihren sehnigen Händen zu ergreifen und wegzutragen, nur so zum Spaß. Jetzt aber taumelten sie, von der Lampe geblendet, zurück. Sie krächzten und zischten und stolperten, die Arme vorm Gesicht, an der Höhlenwand entlang, um diesem Schmerz zu entgehen. Schließlich stießen sie auf einen Tunnel und drängten sich hastig hinein. Ein letztes Geschubse weißer ledriger Rücken, dann waren sie weg. All dies war rascher geschehen, als man es erzählen kann, und schon vorbei, ehe Colin sich besonnen hatte. Aber noch war es nicht vorbei. Denn da tönte ein gedämpfter Schrei durch den Tunnel, und gleich darauf war eiliges Scharren zu hören.
Ein Svart stürzte aus der Öffnung, wich der Lampe aus und floh durch die Höhle. Ihm dicht auf den Fersen folgte der andere Svart. Durch das Licht irritiert blieb er stehen, sah über die Schulter und lief dann seinem Kameraden hinterher.
Irgendetwas blitzte hell auf. Der Svart schrie und fiel dann vornüber in den Sand. Ein breites Zweihandschwert hatte ihn vollständig durchbohrt. Colin blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen, und während er noch versuchte zu begreifen, was er da sah, begann der Svart zu schrumpfen und sich wie ein welkes Blatt zu krümmen, bis schließlich nichts als eine Staubwolke von ihm übrig war, die sich sanft zu Boden senkte.
Einen Augenblick noch stand das Schwert aufrecht auf seiner Spitze, dann fiel es mit dumpfem Ton auf den Boden.
«Ho! Dyrnwyn, deinen Biss mögen sie nicht! Beim Barte meines Vaters, fürwahr eine elende Beschäftigung!»
Die tiefe Stimme dröhnte aus dem Tunnel, und dann schritt ein Zwerg in die Höhle – ein Miniaturwikinger.
Das blonde Haar wallte ihm bis auf die Schultern, sein in der Mitte geteilter Bart reichte ihm bis zur Taille. Seine Rüstung bestand aus einem geflügelten Helm und einem Schuppenpanzerhemd. Um seine Schultern hing ein Mantel aus weißen Adlerfedern.
«Beim Dufte Nidbugs!», brüllte er und beschirmte seine Augen gegen das Licht. «Bin ich an diesen Ort unreiner Luft gekommen, um halb geblendet zu werden?»
«Tu… tut mir Leid!», stammelte Colin und wendete den Lichtstrahl vom Gesicht des Zwerges.
«Gar bald hätt’s dir noch mehr Leid getan, wenn ich dich nicht gefunden hätte.» Er hob das Schwert auf. «Und jetzt komm schnell. Bald müssen noch mehr Svartsköpfe rollen, und die möcht ich mir mit meinem Vetter teilen.»
«Aber – wer bist du? Und wie hast du mich gefunden?»
«Ich bin Durathror, Sohn Gondemars; der Prinz der Huldraleute und Freund der Lios-Alfar. Wir haben keine Zeit zum Schwatzen, komm.»
Das Schwert glitt in die Scheide, und der Zwerg trat in den Tunnel.
«Warte doch mal eine Minute!», rief Colin. «Ich muss meine Schwester finden. Sie ist verschwunden, und ich glaube, die Svarts haben sie entführt.»
«Keine Angst, sie ist in Sicherheit. Kommst du jetzt wohl oder muss ich dich tragen?»
Colin hatte die größten Schwierigkeiten, mit dem Zwerg Schritt zu halten, denn dieser begann zu rennen und drosselte seine Geschwindigkeit weder bei steilen Anstiegen noch auf dem beschwerlichen Sanduntergrund. Sie hatten es jedoch nicht weit. Sie bogen um eine Ecke, Durathror ging nun im Schritt-Tempo, und in einer Höhle, aus der sonst keine Tunnel führten, saßen Susan und Fenodyree auf einem Steinhaufen und aßen in aller Ruhe Butterbrote.
«Sue! Wo warst du? Ich
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