Der Zeitenherrscher
Treppe erreicht hatte.
Caspar gab nur ein leises Brummen von sich.
„Sag schon, was mit dir los ist“, bohrte Simon weiter nach. „Das alles ist doch bestimmt sehr verwirrend für dich.“
Doch wieder erhielt er nur ein Brummen als Antwort.
Simon seufzte. „Aber …“
„Worte sind nutzlos“, stieß Caspar hervor. „Was soll denn nur immer das ewige Gerede?“ Doch wenigstens blickte er jetzt zu Simon auf.
„Weißt du, wir alle haben uns am Anfang schwergetan auf dem Schiff …“
Caspar war mit einem Sprung auf den Füßen, alle Muskeln angespannt. „Was genau willst du von mir?“
Am liebsten wäre Simon auf dem Absatz umgekehrt und hätte den Neuen stehen lassen. Caspar hatte bestimmt Schreckliches durchlebt. Aber seine schroffen Antworten halfen ihm jetzt auch nicht weiter. Salomon und Moon wären für etwas Hilfe an dem Tau sicher dankbar gewesen. Und hier verschwendete Simon seine Zeit, nur um sich angiften zu lassen. Dennoch wagte er einen letzten Vorstoß: „Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht, und wollte dir meine Hilfe anbieten. Etwas belastet dich. Was ist es? Das, was du erlebt hast? Oder diese fremde Zeit, Moons Vergangenheit, in die wir reisen wollen? Ich kann dir davon erzählen. Ich habe mich schlaugemacht über die Epochen. Und in Moons Vergangenheit kenne ich mich richtig gut aus. Wenn es das ist, was dir Angst macht, dann …“
Blitzschnell zückte Caspar ein Messer und kam auf Simon zugesprungen. „Sag nicht, dass ich Angst habe“, raunte er ihm zu, während er die Messerspitze an Simons Bauch hielt. Die überraschten und empörten Reaktionen der Zeitenkrieger aufdem Deck interessierten Caspar anscheinend nicht. Gerade war der Mechanismus des Flaschenzuges eingerastet und die Zeitmaschine sicher an Deck. Eilig liefen die übrigen Zeitenkrieger zu Simon und Caspar hinüber.
„Was ist denn mit euch los?“
Caspar beachtete sie nicht. Er hielt weiterhin das Messer vor Simons Bauch. „Sag niemals wieder, ich hätte Angst. Niemand nennt mich einen Angsthasen. Verstanden? Ich, Caspar, ängstige mich vor gar nichts.“
Simon verschlug es die Sprache. Mit dieser heftigen Reaktion hatte er – wie seine Freunde auch – niemals gerechnet. „Ich hab’s doch nur gut gemeint“, versuchte er eine Erklärung, doch Caspar winkte ab. „Ich brauche niemanden, der es gut mit mir meint. Ich kann sehr gut allein auf mich achten. Hast du das jetzt endlich verstanden?“
Simon nickte stumm, und Caspar zog das Messer zurück.
In diesem Moment zerrte Neferti Caspar am Arm. „Hast du deinen Verstand verloren? Bist du …“
Caspar zog schon wieder reflexartig sein Messer in die Höhe, doch Simon kam ihm zuvor und zog Neferti an sich.
„Lass ihn“, warnte er sie. „Das ist seine Sache. Wenn er sich nicht helfen lassen will, ist das seine eigene Entscheidung.“
„Ich – ich verstehe nur nicht …“
„Ich verstehe es ja auch nicht“, erwiderte Simon schnell. „Wir sollten ihn einfach in Ruhe lassen, wenn es das ist, was er will.“
Neferti funkelte Caspar noch einmal wütend an, dann wandte sie sich ab. Doch schon im nächsten Moment drehte sie sich wieder zu Caspar um: „Wie kannst du es wagen, einen von uns anzugreifen? Wir werden alle auf diesem Schiff festgehalten und sollten füreinander da sein!“
Caspar sah sie nur wortlos an, was Neferti noch mehr aufbrachte. „Sag mir: Stehst du überhaupt auf unserer Seite? Oder bist du auf der des Schattengreifers?“
Wieder gab Caspar keine Antwort.
Neferti ließ nicht locker: „Los, sag schon: Bist du einer von uns?“
Caspar sah ihr fest in die Augen, dann steckte er das Messer in seinen Gürtel und wandte sich nun seinerseits wortlos ab.
Neferti setzte bereits zu einem weiteren Angriff an, als
Simon ihr zuvorkam: „Lasst uns lieber die Zeitmaschine weiter
vorbereiten“, schlug er vor. „Salomon hat recht mit dem, was er
vorhin sagte: Wir sollten keine weitere Zeit verlieren.“ Er ging zu
der Maschine und blies den Staub aus den Mulden des Tisches. Doch es
fiel ihm sehr schwer, so zu tun, als berühre ihn das alles nicht, was
gerade geschehen war.
Er schlief.
Und zum ersten Mal seit Jahrtausenden
träumte er auch wieder.
Bilder entstanden vor seinem inneren
Auge. Vertraute Bilder.
Erinnerungen.
Spiegelungen aus der
Vergangenheit.
Eine weiße Schneedecke. Schier unendliche Weiten, mit
Schnee bedeckt. Nur hin und wieder war ein knorriges Gebüsch oder ein
kahler Baum in dem Weiß zu sehen.
Er wusste, wohin
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