Der Zorn Des Skorpions
sorgt, dass meine Gäste trotz der Nähe nichts voneinander erfahren.
Ich schließe die Hüttentür auf, und Elyssa springt nahezu aus dem Bett. Ja, sie ist so weit. Ihre Verletzungen sind so gut wie verheilt.
»Liam!«, schreit sie. »Wo warst du? Ich hatte Angst, du würdest nicht zurückkommen!«
»Ich habe die Straßen geräumt und versucht, sie für dich passierbar zu machen. Die Stürme haben sich endlich vorübergehend gelegt, und ich konnte ein paar Bäume zersägen und aus dem Weg schaffen. Die Straßen sind glatt, aber morgen bei Tageslicht bringe ich dich zurück, in Sicherheit.«
Ich lächle freundlich und stelle das Tablett neben ihrem Bett ab. Ihr kommen die Tränen. Sie ist überwältigt. »Oh, danke«, haucht sie. »Danke.«
»Ich habe immer noch keinen Handyempfang, aber wenn wir unterwegs sind, bekommen wir bestimmt irgendwann ein Signal. Dann sorge ich dafür, dass du ins nächstgelegene Krankenhaus kommst.«
»Ach, Liam …«
Sie neigt leicht den Kopf und sieht mich unter den Wimpern hervor an, wie Frauen es tun, wenn sie Interesse signalisieren wollen. Diesen alten Trick habe ich schon tausend Mal gesehen. Es wäre so einfach, sie zu nehmen, mit ihr zu schlafen, sie zu ficken bis zur Besinnungslosigkeit. Aber das darf ich nicht. Alles will geplant sein, besonders heute Abend, denn auf mich wartet immer noch Arbeit.
»Keine Sorge. Alles wird gut«, beruhige ich sie.
Sie wirft einen Blick auf das Essen. »Ich glaube, das ist genug für zwei …«
»Lieber nicht«, bedaure ich. »Ich habe noch zu tun. Halte dich bereit, damit wir frühzeitig aufbrechen können.«
»Okay.« Sie ist enttäuscht. Dann blickt sie mich direkt an. »Morgen«, sagt sie mit bedeutungsschwerem Tonfall.
Ich nicke und schließe die Tür hinter mir, verriegele sie gewissenhaft. Sie glaubt, es sei eine besondere Vorsichtsmaßnahme, diene nur ihrer Sicherheit. Sie mag verriegelte Türen. Das tun sie alle. Die blöden Miststücke. Als ob ein Schloss sie retten könnte.
Lächelnd gehe ich zurück in mein Zimmer. Ja, ich habe noch viel zu tun, aber ich bin gut organisiert. Besser noch, ich habe eine Überraschung für die idiotische Polizei. Etwas, was ihnen richtig Dampf machen wird! Eine kleine Zusatzleistung von mir.
Ich kann es kaum erwarten!
23. KAPITEL
W as um alles in der Welt konnte nur das Bindeglied sein?
Selena lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie war schließlich doch nach Hause gegangen, was jedoch nicht bedeutete, dass sie aufhörte, den Fall zu bearbeiten. Den Großteil der Nacht über wälzte sie sich im Bett von einer Seite auf die andere, und wenn sie doch einschlief, waren ihre Träume durchsetzt mit Bildern von Brady Longs Leiche, den erstarrten Körpern der Frauen, die im Wald gefunden worden waren, und Regan Pescoli, irgendwo eingesperrt, in Kenntnis ihres Schicksals, vielleicht sogar schon im eisigen Wald an einen Baumstamm gebunden.
Es musste eine Verbindung zwischen ihnen geben – eine Verbindung, die über die Kugel aus der Rückenlehne von Brady Longs Schreibtischsessel und denen in den zerschossenen Reifen der im Wald gefundenen Opfer hinausging. Santana glaubte, dass all diese Morde auf die Kappe ein und desselben Täters gingen.
Wenn er recht hatte, kannte der Mörder all die Frauen und Brady Long.
Keines seiner Opfer war willkürlich ausgewählt.
Das bedeutete aber auch, dass der Mörder Long nahe genug stand, um zu wissen, dass er an diesem Tag nach Montana zurückkehren würde. Er hatte auf ihn gewartet. Allein dieses Wissen hatte viele in diesem Mordfall Verdächtige freigesprochen. Soviel Alvarez wusste, kannte keines der Opfer irgendein Mitglied der Familie Long.
Fang mit dem Mord an Brady Long an. Sein Tod ist die Abweichung. Und auch dieser war mit äußerster Präzision geplant.
Sie warf die Bettdecke von sich, ging in Pyjamatop und Slip zum Fenster und blickte hinaus. Es war noch dunkel, im kalten Schein der Sicherheitsleuchte auf dem Parkplatz, wo der Schnee sich um die einzelnen Parkbuchten hoch auftürmte, waren nur wenige Sterne zu sehen. Den Asphalt überzog eine glitzernde Eisfläche.
Die Kopfschmerzen verflüchtigten sich in der Nacht, und die Erkältung, die sich anscheinend jetzt in ihrer Lunge eingenistet hatte, ließ nach, doch sie wusste, dass sie nicht wieder würde einschlafen können. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es noch nicht einmal vier war, doch sie ging die Küche, füllte den Teekessel, richtete ihr Schrankbett und klappte es
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