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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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gefährliches Unternehmen.« Auch die Vermutung, Seefeldt habe seine Opfer durch Chloroform betäubt, gehöre ebenso ins Reich der Fabel wie die Behauptung, der Angeklagte habe die Kinder mit Fliegenpilzgift ermordet.
    Prof. Müller-Hess weist darauf hin, es gebe keine naturwissenschaftlich begründeten Beweise, wie Seefeldt seine Opfer getötet habe. Deshalb helfe hier nur eine psychologische, eine sexualpathologische Deutung weiter. Wie ein Sexualmörder beim Töten vorgehe, hänge von seiner Persönlichkeitsstruktur ab. Sexualtäter töten, um dadurch ihre sexuelle Spannung abzubauen, weil sie das auf normale Weise nicht tun können. Ihren Opfern Gewalt anzutun, ihnen Qual und Schmerzen zuzufügen, bereite ihnen höchste sexuelle Lust. Kein Lustmörder töte mit Gift, denn er will schnell und brutal zum Ziel kommen. Er schlage mit dem Hammer zu, ersteche oder erwürge seine Opfer. Erst Gift herzustellen und es dann auf oft auch noch komplizierte Weise dem Opfer beizubringen, sei völlig untypisch für einen Lustmörder. Für Prof. Müller-Hess gibt es keinen Zweifel: Seefeldt habe alle zwölf Jungen erwürgt, die Kratzer am Hals des Opfers Gustav Thomas wiesen darauf hin. Hier sei ein infantiler Lustmörder am Werk gewesen.
    Allein diese drei Gutachten zeigen die Hilflosigkeit ihrer Verfasser. Sie widersprechen einander nicht nur, auch aus den Widersprüchen läßt sich keine einleuchtende Synthese gewinnen. Da Beweise fehlen, greifen die Gutachter zu Hypothesen, die aber bereits in sich selbst unlogisch sind. Wenn Dr. Pfrembter an eine Vergiftung glaubt, weil die Kinder wie friedlich schlafend dagelegen hätten, übersieht er, daß eine Blausäurevergiftung von kurzen heftigen Krämpfen begleitet wird, die eine entspannt friedliche Lage des Opfers ausschließen. Dasselbe gilt für die vermuteten Fliegenpilzvergiftungen. Diese gehen mit heftigen unkontrollierten Zuckungen und wilder Erregung einher. Eine friedliche Schlafstellung ist damit unvereinbar. Widerlegt wird Pfrembter außerdem auch durch die von Müller-Hess erwähnte Tatsache, daß Lustmörder nicht mit Gift töten.
    Daß Prof. Müller-Hess jedoch überzeugt ist, die Kinder seien erwürgt worden, scheint ebenso unvorstellbar. Zwar können Würgemale unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Aber nur bei einem einzigen der zwölf Toten, dem letzten, sind einige Kratzspuren am Hals gefunden worden, bei allen anderen fehlten Verletzungen am Hals. Dagegen ließe sich wiederum Dr. Pfrembters Vermutung zustimmen, die Kratzer am Hals seien entstanden, als Seefeldt Kopf und Hals des Jungen an sich zog, um Mundverkehr auszuüben.
    Mehrdeutig sind auch die Hypothesen der Gutachter über Schlaf und Tod der Opfer. Die einen gehen davon aus, die Opfer seien erst betäubt, dann sexuell mißbraucht und schließlich getötet, die anderen, sie seien sofort vergiftet und dann als Leichen mißbraucht worden. Zusätzlich zu den Argumenten von Müller-Hess und Brüning, die eine Vergiftung ausschließen, wäre auch zu bedenken, daß der obdachlose und unstet wandernde Seefeldt kaum eine Möglichkeit gehabt hätte, ohne jegliche technischen Hilfsmittel Gifte herzustellen. Außerdem sind bei Seefeldts Festnahme keinerlei Gifte bei ihm gefunden worden.
    Was also bleibt von diesen drei Hauptgutachten? Außer einigen Details bleibt nichts.
    Was ist nun wirklich geschehen? Bleibt das Rätsel um die Seefeldt-Morde für immer ungelöst?
    Merkwürdigerweise ist kein Gutachter, kein Kriminalist, kein Richter, keiner der späteren Berichterstatter auf den wahrscheinlichen Tathergang gestoßen – obwohl ihn Seefeldt selbst, wenn auch leicht verschlüsselt, offenbart hat.
    In einem Gespräch mit Obermedizinalrat Dr. Fischer verteidigte Seefeldt seine sexuellen Straftaten. Laut Protokoll sagte er: »Es liegt nicht am Geschlechtsteil, es liegt am Gehirn, das das Seelenleben bestimmt. Durch die Gedanken des Gehirns kommt erst die Wallung in das Geschlechtsteil, dann kann man schließlich nicht mehr dagegen an. Im Gehirn liegt der Fehler. Manche wissen nicht, wie sie dazu kommen, weil der Geist nicht in Ordnung ist. Wenn es dann über ihn kommt, kann er nicht zurück. Er würde durchs Feuer gehen. Dann ist man vollständig befangen. Das ist nicht mehr der Geschlechtstrieb, das kommt vom Gehirn aus. Was nun meine Person betrifft, so kommt es urplötzlich wie ein Funke ins Gehirn, der einen Gedanken bildet, und dieser zieht den Menschen wie ein Magnet mit so furchtbarer Kraft an sich, daß man

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