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Der Zwerg reinigt den Kittel

Der Zwerg reinigt den Kittel

Titel: Der Zwerg reinigt den Kittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Augustin
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Hand gefallen sein und auf den Boden, wahrscheinlich habe ich den Arm aus dem Bett hängen lassen, und da ist die Zigarette auf den Boden gefallen und hat alles in Brand gesteckt.
    Geschmolzenes Plastik.
    Ich bin von dem Geruch aufgewacht, glaube ich, vielleicht war es aber auch die Hitze oder der Lärm. Feuer ist sehr laut, wenn man mittendrin ist. Es knistert und knirscht, es tobt. Aber ich glaube trotzdem, dass es der Geruch war, der mich geweckt hat.
    Verbranntes Holz, verbrannter Stoff. Haar, Fleisch, Plastik.
    Der Walkman neben mir auf dem Nachttisch hat noch nicht gebrannt, nicht richtig, aber die ersten Flammen waren schon da. Sie haben sich vom Boden hinaufgearbeitet und sind über das Plastik geglitten.
    Das Bett hat mich gerettet. Es war wie eine Insel im brennenden Meer.
    Ich wache auf, meine Augen öffnen sich, ratsch, ich springe von der Insel in die Flammen, ich renne durchs Zimmer zur Tür, alles ist rot vor meinen Augen, ich reiße die Tür auf, ich stürze hinaus auf den Gang und weiter die Treppen hinunter, und das ist schon komisch, wissen Sie. Draußen vor dem Hotel, das war schon komisch, als ich es bemerkt habe.«
    Ich greife nach der Zigarettenschachtel, ich zünde mir eine Zigarette an und betrachte Doktor Klupps Hände. Sie sind jetzt nicht mehr gefaltet zum stummen Gebet an einen tauben Gott. Ganz entspannt liegen sie auf dem Tisch, zwei parkende Segelflieger, zwei schöne weiße Vögel.
    Â»Was«, sagt er leise, »was war komisch, Frau Block?«
    Â»Das mit Madonna.« Ich ziehe an der Zigarette. »Ich habe sie mitgenommen. Ich habe den Walkman mitgenommen, und das ist schon komisch, weil das macht ja keiner, der um sein Leben rennt, nicht wahr?«
    Ich atme Rauch aus.
    Â»Draußen vor dem Hotel war die Hölle los. Leute in Schlafanzügen und Nachthemden, ein paar haben ihre Koffer dabeigehabt, Geschrei nach der Feuerwehr in allen möglichen Sprachen, dabei hat noch gar nichts gebrannt außer unser Zimmer. Das Fenster war wie ein rotes Auge, es hat mich angeglotzt, und zuerst war da nichts. Kein Gefühl. Nichts. Und dann habe ich es bemerkt.
    Den heißen Schmerz in meiner Hand.
    Den Walkman in meiner Hand.
    Ich weiß nicht, was ich damit retten wollte. Vielleicht mein Lieblingslied, vielleicht nur zwei Zeilen aus dem Lied.
    You can turn this world around
    And bring back all of those happy days. «
    Doktor Klupp nickt. Kein Ja-so-ist-es-Nicken, sondern ein aufforderndes Nicken: Ja, gehen Sie bis zum Letzten, Frau Block. Sagen Sie das, was noch zu sagen ist. Sprechen Sie es aus.
    Â»Wenn es wahr ist«, sage ich, »wenn meine Erinnerung wahr ist und alle verbrannt sind damals, alle drei, dann habe ich sie nie wiedergesehen. Dann ist die ganze Sache mit der Operation Hinterland und dem gemeinsamen Urlaub in der R ESIDENZ unwahr. Eine Lüge. Erfindung. Dann sind wir nicht zu viert, sondern ich bin ganz allein.«
    Doktor Klupp nickt.
    Ja, so ist es.



1
    Ich hätte es mit einer Kontaktanzeige versuchen können, keine Frage. Machen viele Leute, wenn sie ganz allein sind, Leute wie ich.
    Sie gehen in Rente, und da wird ihnen plötzlich klar, dass sie ohne Arbeitskollegen ganz allein sind. Kein Lebensabschnittspartner, keine Kinder, keine Verwandten, und das ist nicht weiter schlimm, aber es gibt auch keine Freunde, und das ist bitter.
    Wirklich bitter.
    Also setzen sich diese Leute hin und schreiben eine Kontaktanzeige.
    Attraktiver Single im Herbst des Lebens sucht Gleichgesinnte(n) für goldene Zeiten.
    Lebenslustige spontane Sie mit Reife und Charme sucht Gleichgesinnte(n) für freundschaftliche Beziehung.
    Keine schlechte Idee, hätte ich auch machen können.
    Frau mit Rentenschock und echten Zähnen sucht Gleichgesinnte(n). Bin Kettenraucherin und depressiv. Leide seit vierzig Jahren unter einer schweren Schlafstörung. Hobby: Gewaltphantasien. Zuschriften unter …
    Das ist der altmodische Weg, der zeitgemäße läuft über Kontaktbörsen im Internet, und das hätte ich natürlich auch machen können, keine Frage.
    seniorentreff.com
    feierabend.org
    Nette Menschen kennenlernen, erst im Chat, dann in echt, dann schöne Sachen machen. Der eine oder andere Ausflug ins Grüne, Nordic Walking, jeden Dienstag ein Vortrag an der Volkshochschule, zum Beispiel über Verhaltensforschung.
    Für Leute wie mich, die das mit den Kontaktbörsen lieber lassen, weil sie nicht so gerne

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