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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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Umberto Palestrina, Kardinal Joseph Matadi, Monsignore Fabio Capizzi und Kardinal Nicola Marsciano, sich unter die Mitglieder des Ministerrats der Europäischen Union, die in Rom über Wirtschaftsbeziehungen zu den Entwicklungsländern berieten und von Erzbischof Giovanni Bellini, dem Apostolischen Nuntius in Italien, zu einem zwanglosen Empfang eingeladen worden waren.
    Von den vier Männern wirkte der vatikanische Sekretär des Auswärtigen, der zweiundsechzigjährige Palestrina, am unbekümmert-sten. Der Kardinal, der im Gegensatz zu den anderen keine Soutane, sondern einen schlichten schwarzen Anzug mit Priesterkragen trug, ignorierte die Anwesenheit der Schweizergarde, die den Saal in Zivil überwachte, während er von einem Gast zum anderen ging und mit jedem liebenswürdig plauderte.
    Schon Palestrinas hochgewachsene Gestalt erregte überall Aufmerksamkeit. Aber es war die unerwartete Intensität seiner Persönlichkeit, die einen überrumpelte, die Eleganz, mit der er sich bewegte, das breite Lächeln, die durchdringend grauen Augen unter dem schwer zu bändigenden schneeweißen Haarschopf und der eisenhart zupackende Händedruck, wenn er einen mit Namen und oft in der Muttersprache ansprach.
    Während er den Saal abklapperte und offensichtlich Spaß daran hatte, alte Freundschaften zu erneuern und neue zu schließen, wirkte er mehr wie ein Politiker auf Stimmenfang als wie der zweitmächtigste Mann der katholischen Kirche. Trotzdem waren er und die anderen als Vertreter dieser Kirche und des Papstes hier, und ihre Anwesenheit auch im Schatten einer Tragödie sprach für sich und erinnerte alle daran, daß der Heilige Stuhl unermüdlich und vorbehaltlos die Ziele der Europäischen Union förderte.

    112
    Auf der anderen Seite des Saals wandte Kardinal Marsciano sich von seinem dänischen Gesprächspartner ab und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    19. 50 Uhr
    Als er wieder den Kopf hob, sah er den Schweizer Investmentbankier Pierre Weggen den Saal betreten. Seine Begleiter, die sofort alle Blicke auf sich zogen und schlagartig viele Gespräche verstummen ließen, waren Jiang Youmei, der chinesische Botschafter in Italien, Außenminister Zhou Yi und Yan Yeh, Präsident der Volksbank von China. Zwischen der Volksrepublik China und dem Vatikan existierten seit 1949, als die Kommunisten in China die Macht übernommen hatten, keine diplomatischen Beziehungen. Aber hier betraten zwei hohe Diplomaten und einer der einflußreichsten Wirtschaftsführer des neuen China gemeinsam mit dem Schweizer Weggen ganz öffentlich die Vatikanische Botschaft.
    Palestrina durchquerte sofort den Saal, um die Chinesen zu begrü-
    ßen, indem er sich zunächst förmlich verbeugte und ihnen dann breit lächelnd die Hand schüttelte, bevor er einen Ober mit Getränken herbeiwinkte und mit den Gästen plauderte, als seien sie alte und liebe Freunde. Auf chinesisch plauderte, wie Marsciano recht gut wußte.
    Chinas engere Beziehungen zum Westen sowie sein rascher Aufstieg zu einer Wirtschaftsmacht hatten sich auf die praktisch nicht existenten Beziehungen zwischen Rom und Peking wenig oder gar nicht ausgewirkt. Trotzdem bemühte der Vatikan sich unter Palestrinas geschickter Anleitung, die Tür wenigstens einen Spalt weit aufzustoßen. Palestrinas erklärtes Nahziel war ein päpstlicher Besuch in der Volksrepublik.
    Dieses Ziel konnte große Auswirkungen haben, denn der Erfolg seines Annäherungsversuchs hätte signalisiert, daß Peking der Kirche nicht nur seine Tore öffnete, sondern bereit war, sie als Partnerin zu akzeptieren. Dazu war die Volksrepublik nach Palestrinas Einschätzung in absehbarer Zukunft nicht bereit, was sein Vorhaben um so ehrgeiziger erscheinen ließ. Andererseits führte das vatikanische 113
    Sekretariat für Auswärtiges kein Mauerblümchendasein. Und außerdem waren die Chinesen in aller Öffentlichkeit hier.
    Das war hauptsächlich Pierre Weggen zu verdanken, mit dem sie seit vielen Jahren zusammenarbeiteten und der ihr volles Vertrauen genoß. Oder so viel Vertrauen, wie Asiaten irgendeinem westlichen Ausländer entgegenzubringen bereit waren. Der zweiundsiebzigjährige Weggen, eine hochgewachsene, distinguierte Erscheinung, war ein international bekannter Investmentbanker. Er genoß einen ausge-zeichneten Ruf, wurde weltweit respektiert und fungierte hauptsächlich als Mittelsmann zwischen international tätigen Multis, die auf der Suche nach globalen Partnerschaften waren. Gleichzeitig beriet er wie

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