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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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kaiserlichen Truppen veränderten, war, dass sich zu den schwedischen Marodeuren nun auch Mörder, schänder, Diebe und Brandstifter aus den katholischen Reihen gesellten.
    So wurden soldaten des kaiserlichen Oberst Scharfenstein aus Unwissenheit darüber, dass dieselben zuvor erst die Stadt Landsberg geplündert hatten, im Dorfe wie Befreier gefeiert. Jedoch nur so lange, bis sie sich auch hier über Vieh, Frauen und Alkohol hermachten. Wütend auf diese sich als Halunken erweisenden Retter griff die noch lebende männliche Dorfbevölkerung zu Sensen, Äxten und Mistgabeln und bereitete vieren von den vollkommen betrunkenen Landsknechten einen äußerst blutigen Abschied vom Leben.
    Immer häufiger nutzten die Bauern diese Möglichkeit des Selbstschutzes, wobei das Lynchen von Soldaten, ob schwedisch oder kaiserlich, eher zu Akten blinder Rache als zu einem effektvollen schlag aktiver Landwehr wurde, denn meistens schlugen die Marodeure doppelt und dreifach zurück.
    Im August nisteten sich im Gramshuber-Hof gleich zwei Parteien ein: Erst kamen etwa acht schwedische Reiter; und nachdem diese endlich w0ieder fortgeritten waren, machten es sich neun kroatische Reiter gemütlich, ohne den Anschein zu erwecken, bald wieder gehen zu wollen.
    Einer dieser Kroaten, die laut Mergel die Schlimmsten in diesem Kriege waren, hatte es auf Anna abgesehen. Selbst die Anwendung des Brechmittels hielt ihn nicht davon ab, die Arme an sich zu drücken und zu küssen. Als er sie eines Abends nach einem Trinkgelage hinter sich herschleifte und sie mit sich in den leeren Stall zog, konnte Anna plötzlich, während er bereits auf ihr lag, nur noch sehen, wie sich das Weiße in seinen Augen unmenschlich vergrößerte. Die Augäpfel sprangen ihm quasi aus dem Kopfe, und plötzlich sackte er mit einem lauten stöhnen zusammen. Zunächst glaubte Anna, das Glück zu besitzen, dass dieser Mensch mit seinem Vorhaben bereits am Ende war, bevor es für sie wirklich schlimm wurde, doch dann merkte sie schnell, dass er tot war. Denn in seinem Rücken steckte eine Heugabel, und zwar so tief, dass ihre Zinken nicht nur durch seine Brust wieder herausragten, sondern sich sogar bis in Annas Mieder geschoben hatten, wo sie jedoch nur am stoff schaden angerichtet hatten.
    Anna ging an diesem Abend nicht wieder zurück ins Wohnhaus. Und als sie am nächsten Morgen den stall verließ und auf den Hof trat, da erblickte sie, dass alle weiteren Kroaten – immerhin acht an der Zahl – an dem riesigen Kastanienbaum aufgeknüpft waren.
    Mergel und Balthasar kamen erst kurze Zeit später auf den Hof zurück und standen ähnlich erschrocken wie Anna vor dem, was da an dem großen Baum hing. sie waren, noch bevor der Mann über Anna hergefallen war, von den mittlerweile toten Eindringlingen fortgeschickt worden, um weiteren schnaps und Wein aufzutreiben. Sie hatten sich nicht besonders beeilt zurückzukehren, zumal sie keinerlei Alkohol hatten finden können, was sicher nicht ungestraft geblieben wäre.
    Bestraft worden waren jedoch offensichtlich nun ihre Peiniger. Doch wer die Männer an den Baum gehängt hatte, das wussten sie nicht.
    »Ein Schatten hat sie geholt«, sagte plötzlich die Gramshuberin. Und mehr war aus ihr nicht herauszubekommen. Sie hatte die ganze Nacht auf ihrer Ofenbank gesessen und gebetet. Während die kroatischen Reiter gefeiert hatten, hatte sie gebetet, während sie volltrunken eingeschlafen waren, hatte sie gebetet, und während sie aus dem Zimmer gezogen worden waren, hatte sie auch gebetet. Ein Schatten war es also gewesen.
    Den ganzen Herbst über kam das Seenland nicht zur Ruhe, und zu den Überfällen der Schweden und Kaiserlichen gesellte sich dann auch noch die lästige Pflicht, Flüchtlinge zu beherbergen. Auch im Hause Gramshuber wurden gleich dreizehn Landsberger aufgenommen, die vor den wiederholten Heimsuchungen ihrer Stadt das Weite gesucht und sich auf dem Lande Schutz versprochen hatten.
    Leni Gramshuber hatte nichts dagegen, die Menschen zu beherbergen. Es war ihr schlichtwegs egal, und Anna nahm sie gerne auf, weil sie aus eigener Erfahrung wusste, wie beschwerlich es war, in einem regnerischen und kalten Herbst auf der Straße zu sitzen und vergeblich um ein Obdach zu betteln.
    Was sie nicht wusste, war, dass Flüchtlinge häufig nicht allein kamen, sondern mitunter Begleiterscheinungen mit sich brachten, die sie für viele noch unwillkommener machten, als sie ohnehin schon waren. Aus diesem Grund war auch der alte

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