Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
Vom Netzwerk:
Friedrich mit diesem liederlichen Weibe erwischt hatte, hatte sie eine solche Demütigung erfahren. Alle körperlichen Leiden und Entbehrungen der letzten Jahre waren nichts gegen diesen furchtbaren Kummer, den Moosberger in ihr schüchternes und ehedem erwartungsfrohes Herz pflanzte. Und das Schlimmste daran war, dass er es nicht einmal zu merken schien.
    Anna hasste sich selbst, hatte sie sich doch in ihren ständigen Tagträumen und nächtlichen Fantasien dazu hinreißen lassen, in diesem Mann, der niemals etwas von ihr hatte wissen wollen, den Inbegriff der Liebe zu sehen. Der romantischen Liebe einer einfachen Frau, deren Schicksal es eigentlich sein musste, einem von den Eltern und der Vernunft auserkorenen Ehegemahl ein Leben lang treu zu dienen und ihm einen Haufen Kinder zu schenken. Sie aber hatte sich erdreistet, solch hochfahrenden Gefühlen zu erliegen. Die strafe war nun gefolgt, und zwar in Form eines Herzschmerzes, der ihr in diesem Ausmaß vollkommen fremd war.
    Sie hasste diese Person, die offen mit Moosberger herumturtelte. Die ihn vor Annas Augen sogar auf den Mund küsste und die des Nachts so laut schrie und kreischte, dass selbst der Hund zu bellen anfing. Es widerte sie an, dieses Miststück bedienen zu müssen, und einmal erlaubte sie sich sogar, ihr ein wenig von dem Brechmittel, welches sie noch immer für den Fall eines unsittlichen Übergriffes bereithielt, in den morgendlichen Brei zu mischen. Zwei Tage lang verschaffte das Elend dieser Hure Anna einen Hauch von Genugtuung, doch die rührende Art, wie sich Moosberger um die Kranke kümmerte, ließ Anna dann doch von dem Gedanken abkommen, es mit einer weiteren Portion des besonders gewürzten Breis zu probieren.
    Das Einzige, was dieser Besuch Gutes für sie brachte, war, dass Moosberger einen Wagen voller Proviant dabeigehabt hatte und sich auch nicht zu schade war, dem Gesinde reichlich davon abzugeben.
    Trotz des Kummers, der ihr bereitet wurde, war Anna sich nun endlich im Klaren darüber, dass sie als Frau gar nichts, aber auch rein gar nichts von diesem Mann zu erwarten hatte. Fortan stellte sie alle Gedanken ab, die Andreas Moosberger, ja, die die Liebe im Allgemeinen betrafen. Die Liebe gab es nicht mehr für Anna. Sie verstand sich nur noch als die kinderlose Witwe des im Kriege gefallenen Friedrich Pippel.
    Mergel hatte aus dem Aufenthalt des jungen Herrn mehr Profit geschlagen. Und das im Namen aller drei Flüchtlinge. Nachdem Moosberger sämtliche Formalitäten reibungslos – so gut das in Kriegszeiten möglich war – bewältigt hatte, war er zum Erben der verstorbenen Gramshuber-Bäuerin erklärt worden. Mergel konnte daraufhin eine schriftliche Bestätigung von ihm erwirken, dass die drei Gesindekräfte den Hof in Abwesenheit des Herrn unter Einsatz ihrer ganzen Arbeitskraft verwalten durften. Sie konnten also bleiben.
    Entsprechend gut gelaunt verabschiedete sich der Alte von Moosberger und dessen hübscher Begleitung. Auch Balthasar konnte nichts Ungutes an den beiden finden. Hatte doch er dem Jungen das Rauchen beigebracht. Und sie hatte es mit ihrem offen zur Schau getragenen Liebreiz verstanden, erste wallende Leidenschaften in diesem zum Mann heranreifenden Jüngling zu wecken.
    Allein Anna war froh, als sie das glückliche Paar endlich von dannen ziehen sah.
    Kein Wort hatte er mit ihr geredet. Manchmal hatte er sie angeschaut und gelächelt, aber mehr auch nicht.
    Oder war es etwa Annas Schuld, dass es zu keinem Gespräch zwischen ihnen beiden gekommen war? Hatte es daran gelegen, dass sie seinen Blicken ausgewichen war? Kam es daher, dass sie jede Situation vermieden hatte, in der sie mit ihm allein gewesen wäre? Hätte er vielleicht doch etwas zu sagen gehabt?
    Seinen Blicken zufolge hätte man das vermuten können. Doch Anna machte sich nichts vor. Was war sie schon im Vergleich zu diesem hübschen Frauenzimmer, das er dabeigehabt hatte?
    Als er endlich fort war, nahm sie seinen Brief aus der Schürzentasche, zerriss ihn und warf die Papierfetzen auf den Mist.

XXVI

    Wie sich doch alles im Leben zu wiederholen schien. Der Krieg und die damit einhergehenden Ereignisse hatten Anna Pippel aus ihrem schlichten und dumpfen Alltag auf äußerst unsanfte Weise herausgerissen, hatten ihr gezeigt, dass es neben dem Dasein als Tagelöhnerin und treue Ehegattin auch ein anderes Leben geben konnte. Ein Leben, in dem einem zwar mehr genommen als geschenkt wurde, in dem es nur wenig Halt und Schutz gab, in welchem es

Weitere Kostenlose Bücher