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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Weißt du noch, was er sagte, dass das Schlimmste sei?« (»
Darüber reden. Was soll ich denn sagen? Fühlen sich die Leute besser, wenn ich zugebe, dass ich Angst hatte?
«)
    Meine Mutter zögerte kurz, dann wiederholte sie: »Nasikia vema.«
Ich verstehe vollkommen.
»Sie hätten gern ein privates Gespräch – in einem Hotel vielleicht … bila wasimulizi na maswala (
ohne Reporter und Fragen
). Ist das richtig? Habe ich das richtig verstanden?«
    »Ja.«
    »Mein Mann wird also auf Ihren Anruf warten. Sie können sich darauf verlassen, dass er Ihnen in jeder Weise behilflich sein wird. Unsere Tochter braucht alle Unterstützung, die sie bekommen kann.«
    Wieder holte ich tief Atem, um gegen das Zittern anzukommen. »Es geht mir wirklich gut, Mam – fangt also jetzt nicht an, Gespenster zu sehen –, mir ist nichts weiter passiert, als dass man mir drei Tage lang die Augen verbunden hat. Gib Dad einen Kuss von mir. Wir sehen uns morgen.«
    »Tutaonana baadaye, mtoto wangu. Nakupenda.«
Wir sehen uns bald, mein Kind. Ich hab dich lieb.
    Es ist ziemlich niederschmetternd, wenn man im Alter von sechsunddreißig Jahren merkt, dass man zu seiner Mutter ein innigeres Verhältnis hat als zu dem Mann, mit dem man seit fünfzehn Jahren sogenannte intime Beziehungen pflegt. Ich fragte mich, wie es gewesen wäre, wenn nicht meine Mutter, sondern Dan am anderen Ende der Leitung gewesen wäre. Wäre er feinfühlig und verständnisvoll gewesen wie meine Mutter? Oder der gleiche unsensible Trampel wie in diesem Augenblick?
    »Ich weiß, dir wird das nicht gefallen, Con, aber ein paar Tränchen wären nicht fehl am Platz. Du hast in den letzten drei Tagen eine Menge Mitgefühl bekommen, nur, wenn sich das nicht ruckzuck in Luft auflösen soll, musst du den Kameras schon ein bisschen entgegenkommen. Kein Mensch wird dir glauben, dass du die letzten drei Tage geknebelt und mit verbundenen Augen zugebracht hast, wenn du nicht wenigstens eine Spur Schwäche zeigst.«
    Ich sagte das Nächstbeste: »Keine Angst. Das mach ich schon, wenn es so weit ist. Ich bin eine gute Schauspielerin.«
    Er runzelte die Stirn. »Müsste ich wissen, was das heißen soll?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Na, ich gebe doch als Geliebte eine prima Vorstellung, Dan. Keine Forderungen. Keine Erwartungen. Keine Belastung fürs Portemonnaie. Keine Beeinträchtigung deines anderweitigen Liebeslebens. Niemals Anlass zu Besorgnis.« Ich lächelte ihn an. »Du kannst dich darauf verlassen, dass ich eine gute Schau abziehen werde. Ich habe verdammt mehr Opfer gesehen als du.«
    Er machte einen plumpen Versuch, mich in die Arme zu nehmen, aber ich wich ihm aus.
    »Würdest du mir vielleicht sagen, was eigentlich los ist?«, fragte er ärgerlich. »Ich habe alles getan, was du wolltest – und dafür behandelst du mich wie den letzten Dreck. Was ist? Gibt es etwas, was du mir nicht gesagt hast?«
    »Nein.«
    »Wo liegt dann das Problem?«
    »Es gibt keins«, versetzte ich lässig. »Ich bin eine Geisel, die sich erst mal erholen muss.«
    Er seufzte. »Dann sprich mit mir darüber. Du weißt, ich höre dir zu.«
    Das hatten wir alles schon in der Wohnung abgehandelt. Da hatte er sich wie eine Glucke auf mich gestürzt, hatte mir zugeredet, über meine Ängste zu sprechen, mir erklärt, er werde London bitten, mich zum Psychotherapeuten zu schicken, und mir erzählt, was für Schuldgefühle er gehabt hatte, nachdem sein Freund vor seinen Augen umgekommen war. Selbst wenn ich versucht gewesen wäre, ihm die Wahrheit zu sagen – was nicht der Fall war –, hätte sein übergriffiges Drängen mich davon abgehalten. Was wäre mir denn noch geblieben, hätte erst er – oder irgendein anderer – mir jedes einzelne Geheimnis entrissen?
    »Es gibt nichts zu erzählen. Ich hatte große Angst, aber ich hatte mehr Glück als Adelina.« Ich rang mir noch ein Lächeln ab. »Und deshalb werde ich es vielleicht nicht schaffen, für die Kameras Krokodilstränen zu produzieren, Dan. Ich bin am Leben – ich bin unversehrt – und mir ist nicht viel passiert. Es wäre doch infam, etwas anderes vorzugeben, meinst du nicht?«
    »Doch, ja«, stimmte er widerstrebend zu. »Wahrscheinlich.«
    Und das war's. Fünfzehn Jahre sporadischer Intimität blieben tot auf dem Boden eines vom Krieg halb zerstörten Flughafens zurück. Dan absolvierte seine Pressekonferenz in Bagdad, ich drückte mich vor meiner, indem ich mich inmitten einer Gruppe Touristen von einem anderen Flug an Harry

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