Des Todes Liebste Beute
zu sein. Er hatte diese Mission begonnen, um Leah und all die zahllosen Opfer zu rächen, denen Gerechtigkeit verweigert worden war. Bei Ramey hatte er Befriedigung empfunden, und das war in Ordnung gewesen. Bei King war es mehr als Befriedigung gewesen, beinahe schon ein Hochgefühl. Er war in eine Art Rausch geraten, als er King das Gesicht zerschlagen hatte. Aber bei Skinner … hatte er echtes Vergnügen empfunden.
Der Blick in Skinners Augen, das Entsetzen darin. Wie er versucht hatte zu entkommen, sein Ächzen und Gurgeln, als es zu Ende gegangen war. Und er hatte Vergnügen empfunden, reines Vergnügen.
Was stimmte mit ihm nicht? Konnte Gott das gutheißen?
Doch, entschied er. Die Männer Gottes waren oft zum Töten ausgesandt und anschließend gefeiert worden. Sie waren das Vorbild, sozusagen der Präzedenzfall. Selbst Skinner hätte das zu schätzen gewusst.
Er stand auf, um zum Computer zu gehen, als das Flackern des Fernsehers seine Aufmerksamkeit weckte. Er hatte den ganzen Tag ferngesehen und zwischen den Sendern hin und her geschaltet. Seine Taten waren das Thema Nummer eins, und wenn man die Leute hörte, schien er zum Publikumsliebling avanciert zu sein. Er verharrte plötzlich, als Zoe Richardson auf dem Bildschirm erschien.
Er hasste diese Frau. Auch sie war bösartig, wie sie umherstolzierte und Kristen als inkompetent darstellte. Er war froh, dass Reagan ihr am Abend das Videoband abgenommen hatte. Wenn Reagan es nicht getan hätte, hätte er sich selbst darum gekümmert. Er setzte sich, nahm die Fernbedienung, stellte den Ton an. Richardson interviewte den Mörder Angelo Conti. »Und wie haben Sie reagiert, als Sie von dem ›ergebenen Diener‹ erfuhren?«, fragte Richardson.
Conti schwankte; anscheinend war er betrunken. »Ich war nicht besonders überrascht.«
Richardson legte ihren platinblonden Kopf schief. »Und warum waren Sie nicht überrascht, Angelo?«
»So, wie die hinter mir her war. Wie eine Furie. Ich war unschuldig.«
»Aber die Geschworenen kamen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Staatsanwältin könnte es wieder versuchen.«
Angelos Gesicht wurde rot vor Ärger. »Klar, und sie würde wieder verlieren. Sie hat’s nicht drauf, wissen Sie? Deswegen hat sie diesen Typen ja engagiert. Wenn sie nicht gewinnen kann, lässt sie die Drecksarbeit halt von einem anderen erledigen.«
Richardson machte ein Gesicht, das Entsetzen ausdrücken sollte. »Wollen Sie damit andeuten, dass Staatsanwältin Mayhew den Killer bezahlt, damit er die Angeklagten tötet, für die sie keine Verurteilung erwirken konnte? Einen Auftragskiller?«
Fassungslos starrte er auf den Bildschirm. »Nein«, flüsterte er, und seine Hand krampfte sich um das Medaillon um seinen Hals. »So ist es nicht.«
Angelo Conti zuckte die Achseln. »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich fände es nur fair, wenn jemand mal ihre Kontobewegungen überprüfen würde, so wie sie es mit meinen gemacht hat.«
»Eine interessante Perspektive.« Richardson wandte sich wieder der Kamera zu. »Ich bin Zoe Richardson aus Chicago.«
Zitternd schaltete er den Fernseher aus. Vorsichtig nahm er den Zettel, den er aus dem Goldfischglas gezogen hatte. Diese Person musste warten. Zuerst hatte er ein anderes Ziel anzuvisieren.
Freitag, 20. Februar, 22.30 Uhr
»Wo ist Spinelli?«, grummelte Jack. »Ich will die Kiste endlich aufmachen.«
Abes Lächeln war schief. Jack klang wie ein Kind am Weihnachtsmorgen. »Er wird bald eintreffen. Du hast morgen den ganzen Tag Zeit, den Inhalt zu analysieren.«
Jack grunzte. »Und wo ist Mia? Ich hätte gedacht, dass sie bei so was immer in der ersten Reihe sitzen will.«
»Sie war verabredet. Ich habe sie angerufen, um ihr zu sagen, dass mit Kristen alles in Ordnung ist, aber als ich es eben noch mal versuchen wollte, hatte sie ihr Handy ausgemacht.«
Jack grinste. »Na ja, dann wird ja wenigstens einer von uns morgen früh selig lächeln.«
Kristen, die am Ende des Küchentisches saß, schaute auf. Sie hatte sich einen Jogginganzug angezogen, aber ihr Haar war noch immer zu der strengen Frisur hochgesteckt. Abe musste sich zusammennehmen, um die Nadeln nicht herauszuziehen, aber er befürchtete, dass sie endgültig zusammenbrechen würde, wenn er ihre Locken befreite.
»Warum sollte Mia morgen fröhlicher sein als wir?«, fragte sie naiv, doch dann ging ihr auf, was Jack gemeint hatte, und sie wurde rot. »Oh. Schon gut.«
Jack grinste. »Sorry.« Dann wurde er wieder ernst.
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