Des Todes Liebste Beute
oben, und nicht zum ersten Mal stellte sie fest, wie schön sein Mund war, wie gut er zu seinem Gesicht passte. »Na ja, wenn Sie heute Nacht unbedingt duschen wollen, dann stehe ich draußen Wache. Ich gucke auch nicht hin, versprochen.«
Sie verharrte, spürte, wie sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte. Er hatte sie necken wollen, sie zum Lachen bringen wollen, aber sie konnte sehen, dass sein kleiner Scherz auch seine Fantasie in Gang gesetzt hatte. Sie sah, wie sich seine Brust hob und senkte und etwas in seinen Augen, die sie unverwandt ansahen, zu glimmen begonnen hatte. Die Atmosphäre schien plötzlich elektrisch geladen. Sie konnte beinahe die Funken spüren.
Funken.
Sparks.
Sie hob das Kinn, als ihr plötzlich etwas einfiel. »Sie waren an dem Sparks-Fall beteiligt, nicht wahr? Daher kenne ich Sie. Vor zwei Jahren im Sommer. Sie haben undercover gearbeitet und wurden mit all den anderen, die wegen Drogenbesitzes festgenommen wurden, verhaftet. Ich habe Sie im Wartebereich gesehen.« Sie hatte ihn gehört, bevor sie ihn gesehen hatte, wie sie sich nun wieder erinnerte. Es war unmöglich gewesen, ihn nicht zu hören.
Der schöne Mund verzog sich zu einem Lächeln, das beinahe selbstgefällig war. »Ich habe mich schon gefragt, wann es Ihnen wieder einfällt. Hat ganz schön lange gedauert.«
Sie humpelte einen Schritt näher. »Das ist nicht fair.« Sie grinste, als sie sich an die Szene erinnerte. »Sie waren jemand ganz anderes. Sie trugen einen Pferdeschwanz und einen Bart und hatten ein verdammt großes Maul.«
Er lächelte, und ihr stockte der Atem bei dem Anblick. »Ich musste an diesem Tag meine Rolle spielen. Sie hätten hören sollen, was ich über Sie gesagt habe, als Sie wieder weg waren.«
Sie war allein mit einem Mann, den sie erst seit drei Tagen kannte, der ihr das Gefühl von Geborgenheit gab und der, wenn sie sich nicht irrte, mit ihr flirtete. Es war nicht so, dass noch nie jemand mit ihr zu flirten versucht hatte, aber es hatte sie immer kalt gelassen. Jetzt fühlte sie sich alles andere als kalt. »Ich fürchte mich fast zu fragen.« Wie wahr.
Er zog eine dunkle Braue hoch, was ihn schelmisch und ein wenig teuflisch aussehen ließ, und zu ihrem größten Entsetzen merkte sie, dass ihr das Wasser im Mund zusammenlief. Die Wärme in ihrem Gesicht wanderte abwärts durch ihren Körper.
Hör auf, Kristen. Es wird nicht geschehen.
»Sagen wir einfach, meine Coverrolle war betont sexuell«, sagte er trocken, ohne dass sein Blick den ihren losließ.
Kristen schluckte und sah weg. Sie nahm das Sandpapier und begann, ein Stück Kaminummantelung abzuschmirgeln, an der sich die Farbreste von Jahrzehnten hartnäckig festhielten. »Ich wollte an diesem Tag ein paar Papiere zum Revier bringen«, sagte sie. »Zuerst habe ich Sie gehört, dann gesehen. Sie haben mich beobachtet.« Mit diesen durchdringenden blauen Augen, die sie tatsächlich nicht vergessen hatte. »Warum?«
Sie hörte, dass er herankam, und spürte seine Wärme in ihrem Rücken. Und fragte sich, wie ihr eben noch kalt gewesen sein konnte. »Ich weiß es nicht«, antwortete er ernsthaft. »Ich sah einfach auf, und da waren Sie mit Ihrem schwarzen Kostüm und den hochgesteckten Haaren. Ich war … wie vom Donner gerührt.«
Wie vom Donner gerührt.
Kristen zwang sich zu einem Lachen. »Oh, bitte, Reagan. Das klingt ein bisschen zu dramatisch, nicht wahr?«
»Sie wollten es wissen, und ich habe es Ihnen gesagt«, erwiderte er angespannt. »Ich war auch nicht gerade glücklich darüber.«
Seine Stimme war nun regelrecht grimmig, und es versetzte ihr einen heftigen Stich. Das hatte gesessen. Sie widmete sich wieder der Farbe am Kamin und schmirgelte, bis sie sicher war, dass ihre Stimme wieder normal klang. »Das ist gut. Ich denke, ich bin jetzt wieder so weit, dass ich über Rächer und Mörder reden kann.«
»Meine Frau war damals noch am Leben.« Die Worte kamen brüchig heraus und schienen zwischen ihnen in der Luft zu hängen.
Seine Frau.
Langsam drehte sie sich um. Er stand zu nah vor ihr, und sie drückte sich an den Kamin, um ein paar Zentimeter mehr Abstand zu ihm einzunehmen. Sie war ihm aufgefallen, als er noch verheiratet gewesen war. Sie hatte ihn nicht für einen solchen Typ Mann gehalten. Dass sie sich offenbar geirrt hatte, tat sogar noch mehr weh. »Ihre Frau?« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Er starrte sie an, der Blick eindringlich. Herausfordernd. »Ja. Debra, meine Frau.«
Debra.
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