Des widerspanstigen Zaehmung
Hände vors Gesicht. „Frag bitte nicht. Ich kann es dir nicht sagen. Es ist eine solch unglaubliche Bescherung, und ich bin auch noch ganz allein daran schuld."
„Dann kannst du kaum Hilfe von mir erwarten", sagte er bestürzt.
„Du könntest ohnehin nichts für mich tun", murmelte sie. „Bist du dir ganz sicher? Jane, du erwartest doch nicht etwa ein Kind?"
„Oh, Simon!"
„Dann ist es ja nicht ganz so schlimm, oder?", fragte er hoffnungsvoll.
„Ich habe mir mein eigenes Grab geschaufelt. Es ist schlimmer als schlimm!"
„Sedgecroft ist ein einflussreicher Mann, vielleicht weiß er eine Lösung."
„Begreifst du denn überhaupt nichts? Sedgecroft ist mein Problem. Er will mich zu seiner Geliebten machen. Ja, Simon, er hat es mir heute gesagt!"
Ein wütender Ausdruck zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Ich vermute, das ist alles Nigels Schuld", erklärte er unbeholfen. „Ich könnte diesen Narren dafür umbringen. Was sollen wir denn machen?"
Jane hätte sich am liebsten unter der Bettdecke verkrochen und so getan, als habe sie dieses Debakel nie herbeigeführt. „Du bist mein Bruder", sagte sie verzweifelt. „Du weißt, was Papa jetzt machen würde. Sorg dafür, dass er geht."
Für einen Moment wirkte er so erschrocken über den Gedanken, auf Konfrontationskurs mit einem Mann wie Sedgecroft zu gehen, dass Jane am liebsten laut gelacht hätte -wäre sie nicht viel lieber tot gewesen.
Als Simon ihrem Blick auswich, wusste sie, dass sie auf ihn als Verteidiger nicht mehr zählen konnte. „Das ist das Problem", erwiderte er schließlich, nachdem er geschluckt hatte. „So gern ich dem Marquess gegenübertreten würde, muss ich mich an Papas ausdrückliche Anweisungen halten, mich nicht in Sedgecrofts Werben einzumischen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kommt mir das eigentlich recht seltsam vor."
„Werben?", rief Jane. „Das ist kein Werben. Das ist Wellington, wie er Toulouse einnimmt, das ist der Sturm auf die Bastille, das ... " Sie wurde kreidebleich. „Soll das heißen, Papa hat nichts dagegen, dass ich Sedgecrofts Geliebte werde?"
„Ah", hörte sie auf einmal eine tiefe Stimme an der Tür. „Unsere Patientin fühlt sich gesund genug zum Streiten. Dann besteht ja noch Hoffnung für sie."
Jane wich unter ihre Bettdecke zurück, auch wenn der samtene Bariton sie bis in die Knochen berührte. „Grayson, das ist äußerst unschicklich. Was machst du in meinem Zimmer?"
Er kam zu ihr ans Bett, sein Gesicht wirkte wie eine Maske maßlos übertriebener Sorge. „Simon war so lange Zeit verschwunden, dass ich befürchten musste, dein Zustand könnte sich verschlechtert haben. Jetzt hingegen muss ich sagen, du siehst besser aus als erwartet, Jane."
„Das dachte ich auch", stimmte Simon ihm zu und steuerte damit eine Schaufel Erde für ihr Grab bei. „Ich hätte gar nicht glauben wollen, dass mit ihr etwas nicht stimmt... " Auf einmal bemerkte er Janes Blick. „Außer natürlich das Fieber", ergänzte er hastig.
„Lass mich fühlen." Grayson beugte sich vor und legte eine kühle Hand auf ihre Stirn, während sein Blick sie zu durchbohren schien. „O weh."
Seine Berührung löste bei ihr sofort eine verräterische Lust aus. „Was heißt ,O weh'?", fragte sie argwöhnisch.
„Du fühlst dich recht warm an." Er kam noch ein Stück näher dann flüsterte er ihr zu: „Ist das wirklich ein Fieber, oder denkst du gerade daran, was wir letzte Nacht gemacht haben?"
„Hör auf", wisperte sie. „Mein Bruder beobachtet uns."
„Soll ich ihn bitten, uns allein zu lassen?"
„Du bist derjenige, der uns allein lassen sollte", brachte sie heraus. „Simon?"
„Was hat Ihr Arzt über ihren Zustand gesagt, Sedgecroft?"
„Ohne eine gründliche Untersuchung kann er nur zwei Dinge empfehlen: einen Aderlass oder Urlaub an der See."
„Ich werde mich keinem Aderlass unterziehen", erklärte sie voller Abscheu.
Grayson richtete sich auf, ohne den Blick von der zusammengekauerten Jane zu nehmen. „Das sagte ich ihm auch. Darum habe ich alles für einen Aufenthalt in meiner Villa in Brighton vorbereiten lassen. Wir reisen morgen in aller Frühe ab."
„Na bitte", meinte Simon, der nicht den entsetzten Ausdruck im Gesicht seiner Schwester bemerkte. „Nichts ist besser für die Seele als ein wenig Seeluft."
„Vergiss nicht, dass wir die Familie auf Belshire Hall besuchen wollen", rief Jane hastig dazwischen. „Ein spontaner Urlaub ist zwar verlockend, aber nicht zu
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